Montag, 9. Dezember 2024

§ Neues Urteil des BAG: Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten bei Überstundenzuschlägen

Mit seinem aktuellen Urteil setzt sich das Bundesarbeitsgericht - nach Vorlage beim EuGH - mit der tarifvertraglichen Regelung des zwischen dem Beklagten und der Gewerkschaft ver.di geschlossene Manteltarifvertrag (MTV) auseinander.
Nach § 10 Ziff. 7 Satz 2 MTV sind mit einem Zuschlag von 30 vH zuschlagspflichtig Überstunden, die über die monatliche Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers hinaus geleistet werden und im jeweiligen Kalendermonat nicht durch Freizeitgewährung ausgeglichen werden können. Alternativ zu einer Auszahlung des Zuschlags ist eine entsprechende Zeitgutschrift im Arbeitszeitkonto vorgesehen.
...
Auf der Grundlage der Vorgaben des EuGH hatte der Senat davon auszugehen, dass § 10 Ziff. 7 Satz 2 MTV insoweit wegen Verstoßes gegen das Verbot der Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten unwirksam ist, als er bei Teilzeitbeschäftigung keine der Teilzeitquote entsprechende anteilige Absenkung der Grenze für die Gewährung eines Überstundenzuschlags vorsieht. Einen sachlichen Grund für diese Ungleichbehandlung konnte der Senat nicht erkennen. Die sich aus dem Verstoß gegen § 4 Abs. 1 TzBfG ergebende Unwirksamkeit der tarifvertraglichen Überstundenzuschlagsregelung führt zu einem Anspruch der Klägerin auf die eingeklagte weitere Zeitgutschrift. Daneben war ihr eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zuzuerkennen. Durch die Anwendung der tarifvertraglichen Regelung hat die Klägerin auch eine mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts erfahren. In der Gruppe der beim Beklagten in Teilzeit Beschäftigten, die dem persönlichen Anwendungsbereich des MTV unterfallen, sind zu mehr als 90 vH Frauen vertreten. ....
Quelle: Pressemitteilung 34/24 des BAG vom 05.12.2024

Was für Tarifverträge gilt, muss wohl bei "Allgemeinen Geschäftsbedingungen" wie den kirchlichen Regelungen des "Dritten Weges" erst recht gelten.

Montag, 2. Dezember 2024

§ Interessantes Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht: Zur Refinanzierung kirchlicher KiTAs

Advent ist die Zeit der Vorbereitung. Da liegt es nahe, einen Blick auf mögliche Entwicklungen zu werfen, die kirchliche Einrichtungen betreffen. Wir fangen mit einem Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht an.

1 BvR 2127/24
Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Februar 2024 - BVerwG 5 C 7.22 - sowie mittelbar gegen § 20 Absatz 1 Sätze 2 und 3 des Gesetzes zur frühen Bildung und Förderung von Kindern (Kinderbildungsgesetz - KiBiz) vom 30. Oktober 2007 (GV NRW S. 462) in der Fassung des Gesetzes vom 8. Juli 2016 (GV NRW S. 622).

Betr.: Recht der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit; die Verfassungsbeschwerde betrifft die staatliche Finanzierung von Kindertageseinrichtungen in kirchlicher Trägerschaft

Art. 3 Abs. 1, 3 Satz 1; 4; 140 GG

Berichterstatter: BVR Dr. Christ

Das angefochtene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts findet sich hier:
Begehren eines kirchlichen Trägers auf Neubescheidung des Antrags auf staatliche Finanzierung einer Kindertageseinrichtung nach dem nordrhein-westfälischen Kinderbildungsgesetz 2016

Leitsätze:

1. Die Zuschussregelung des § 20 Abs. 1 Satz 2 KiBiz in der Fassung vom 8. Juli 2016, nach der kirchliche Träger für die von ihnen betriebenen Kindertagesstätten im Vergleich zu anderen anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe einen um drei Prozentpunkte niedrigeren Zuschuss von (nur) 88 Prozent der Kindpauschalen nach § 19 KiBiz 2016 erhalten, ist mit höherrangigem Recht vereinbar und verstößt insbesondere nicht gegen die Gleichheitssätze des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG und des Art. 3 Abs. 1 GG (i. V. m. § 4 Abs. 2 SGB VIII).

2. Der in § 4 Abs. 2 SGB VIII normierte Funktionsschutz der freien Jugendhilfe gehört zu den Strukturprinzipien des bundesrechtlichen Jugendhilferechts, die vermittelt über Art. 3 Abs. 1 GG Maßstabsqualität für die Ausgestaltung eines landesrechtlichen Förderungssystems erlangen (Ergänzung der Rechtsprechung des BVerwG, Urteile vom 21. Januar 2010 - 5 CN 1.09 - und vom 26. Oktober 2023 - 5 C 6.22 -).

3. Der Funktionsschutz der freien Jugendhilfe nach § 4 Abs. 2 SGB VIII verpflichtet den Landesgesetzgeber im Sinne eines Schutzes vor Verdrängung, die Finanzierung von Kindertagesstätten so zu regeln, dass die anerkannten Träger der freien Jugendhilfe durch die öffentliche Förderung in die Lage versetzt werden, ihre Aufgabe sachgerecht zu erfüllen und ein nach Art und Umfang von einem Träger der öffentlichen Jugendhilfe sicherzustellendes Betreuungsangebot anzubieten.

Sonntag, 1. Dezember 2024

Sonntagsnotizen zu Beginn des Kirchenjahres - Abschlussdokument der katholischen Weltsynode ist vom Papst als "rechtsverbindlich" bezeichnet worden

das berichten zu Beginn des neuen Kirchenjahres u.a. das Domradio oder auch VaticanNews *). Da ist es dann schon interessant zu schauen, was denn nun genau "rechtsverbindlich" geworden ist.
Die vier Bischöfe aus Eichstätt, Köln, Passau und Regensburg haben in einer gemeinsamen Presseerklärung bereits am 4. November klar gestellt, dass von den Themen des "Synodalen Weges" in Deutschland lediglich das Thema "Macht" von der Weltsynode aufgegriffen wurde:
...
Die von der Frankfurter Versammlung vorgenommene, ausschließliche Identifikation von vier Hauptthemen als diejenigen, die Missbrauch strukturell begünstigen würden, hält nach heutigen Erkenntnissen kaum Stand. Zwei der vier Themen (Zölibat und Sexualmoral) sind im Abschlussdokument der Weltbischofssynode zudem nicht aufgegriffen worden. In der Frage nach der möglichen Teilhabe von Frauen am sakramentalen Weiheamt gibt es nach der Weltbischofssynode keinen neuen Sachstand. Und die Frage nach der Macht, die in ihrer negativen Auswirkung von Papst Franziskus massiv unter dem Stichwort "Klerikalismus" angeprangert wird, wird im Schlussdokument mit einem umfassenden Entwurf eines gemeinsamen, geistlichen Weges der Kirche beantwortet. Die Ziele des deutschen Synodalen Weges und der weltkirchliche Prozess der Synode gehen damit aus der Sicht der vier Bischöfe inhaltlich nicht Hand in Hand. Auf den in der römischen Synode angestoßenen Weg sind auch die vier Bischöfe gerne bereit, sich mit ihren Mitbrüdern im Bischofsamt und mit möglichst vielen anderen Beteiligten aus möglichst allen kirchlichen Gruppierungen neu einzulassen. Leitend ist ihnen dabei die Frage, welche Formen und Strukturen dem gläubigen Volk Gottes in Deutschland dabei helfen, "ein Volk von Jüngern und Missionaren zu sein, die gemeinsam unterwegs sind" (XVI. Ordentliche Bischofssynode, Abschlussdokument, Nr. 155).
Auch wir haben das Thema "Macht" und "Klerikalismus" mehrfach in unserem Blog aufgegriffen. Wir möchten daher nachlesen, wass denn die Weltsynode dazu gesagt hat.
Bisher liegt die offizielle Fassung des finalen Dokuments auf Italienisch, Französisch, Portugiesisch, Spanisch und Englisch (Stand 26.10.2024) vor. Das Abschlussdokument der katholischen Weltsynode ist bisher wohl nur in deutscher Arbeitsübersetzung verfügbar.
Wir sind dann schon neugierig, wann dieses Dokument dann auch offiziell auf deutsch veröffentlicht wird.


Anmerkungen:
vergleich auch
katholisch.de - Jeppesen-Spuhler (Synodenteilnehmerin): Papst hat Weltsynoden-Dokument verbindlicher gemacht
katholisch.de - Was die offizielle Approbation des Papstes bedeutet: Maßschnur für Bischöfe – das Synodendokument als ordentliches Lehramt
Diesem Lehramt ist zwar keine "Glaubenszustimmung", wohl aber "religiöser Verstandes- und Willensgehorsam" entgegenzubringen, wie es in der Sprache des Kirchenrechts heißt (c. 752 CIC). Das bedeutet: Glauben muss zwar niemand, was im Abschlussdokument steht, wie das etwa bei Dogmen der Fall wäre.
Wohl aber muss es "ehrfürchtig anerkannt" werden und den Positionen "aufrichtige Anhänglichkeit gezollt" werden, wie es das Zweite Vatikanische Konzil in seiner Kirchenkonstitution "Lumen Gentium" (Nr. 25) formuliert. Damit sollen nicht Verstand und Willen ausgeschaltet werden, kommentiert der "Münsterische Kommentar zum CIC", und ein eigenständiges "Nachdenken und Forschen" werde erwartet. Letzten Endes werde in dieser Verbindlichkeitsstufe aber erwartet, dass die von der höchsten Autorität der Kirche vorgetragene Lehre akzeptiert wird. So wichtig war dem kirchlichen Gesetzgeber dieser Gehorsam, dass auf die "hartnäckige Ablehnung" derart vorgetragener Lehren kirchliche Strafen ausgesetzt sind – insbesondere der Amtsverlust. Auf diese Konsequenzen verweist Papst Franziskus nicht ausdrücklich. Er lässt sie angesichts konservativer Kritik an der Weltsynode und ihren Beschlüssen aber zumindest anklingen.
na ja, was wir von der "ehrfürchtigen Anerkennung" und der "hartnäckigen Ablehnung" halten können, sehen wir ja bei den Irrungen des deutschen kirchlichen Arbeitsrechts - da ist vom Gewerkschaftsprinzip der päpstlichen Sozialenzykliken und Tarifverträgen (Mater et magistra) nur das Gegenteil übrig geblieben.
Wie war das doch gleich wieder mit dem Thema "Glaubwürdigkeit und Kirche" ?
Sollte man wirklich noch daran glauben, dass im neuen Kirchenjahr (beginnend mit dem 1. Adventssonntag) der Umgang mit dem päpstlichen Lehramt auch in Deutschland relevant würde?
Zweifel bleiben - aber die gehören wohl zur Theologie (Joh 20,19-31)

Montag, 25. November 2024

Länderspiegel vom 23.11.2024 - Drittes Hamburger Pflegeheim schließt – Fachkräfte dringend gesucht: Anmerkungen zu einem selbst verursachte Desaster

Im Länderspiegel vom 23.11.2024 (Video verfügbar bis 23.11.2026) hat das ZDF ein nicht nur für Hamburg drängendes Problem angesprochen: den Personalmangel in der Pflege.

Wir meinen: das Desaster um fehlende Fachkräfte war schon seit Jahren absehbar *) und ist bisher nur duch zugewanderte Fachkräfte halbwegs lösbar. Fachkraftmangel beseitigt man in der Regel durch erhöhte Ausbildung. Das setzt ein attraktives Berufsbild mit entsprechenden Arbeitsbedingungen und Gehältern voraus. Müssen wir an unsere Beiträge und die unrühmliche Rolle erinnern, die dazu seites der Caritas vor drei Jahren eingenommen wurde? Die Caritas hätte immer noch die Möglichkeit, ihre ideologische Verblendung und die Fixierung auf dritte Wege zu beseitigen und - nach den Vorgaben der eigenen, katholischen Soziallehre - mit der zuständigen DGB Gewerkschaft ver.di gemeinsam die Problemlösung voranzutreiben.


Weitere Berichte zum Thema:
2019 - | Panorama 3 | NDR: Personalmangel: Hamburger Altenheim muss schließen (Video bei Youtube)
04.07.2024 - Hamburger Abendblatt: Pflegekräfte fehlen - Zwei Hamburger Altenheime (Anm.: der Diakonie) schließen
01.10.2024 - NDR: Fehlendes Personal: Weiteres Hamburger Pflegeheim muss schließen (hier noch auf Facebook)
01.10.2024 - Hamburger Abendblatt: Nächstes Pflegeheim schließt – Bewohner suchen Bleibe
02.10.2024 - DBfK: Pflegepersonalmangel in Hamburger Heimen: echtes Problem, falsche Lösung

*)
Anmerkungen:
Die Bevölkerung in Deutschland wird immer älter. Das bedeutet, dass immer weniger jüngere Menschen immer mehr ältere Menschen pflegen und versorgen müssen. Das ist seit Jahrzehnten bekannt. Die personellen Anforderungen lassen sich daher nur durch eine gezielte Einwanderungspolitik lösen.

Wie die Realität ausschaut, machen diese Berichte - auch (aber nicht nur) aus Norddeutschland - deutlich:
20.06.2018 - Rheinische Post: Rolanda (aus Albanien) will Altenpflegerin werden – jetzt droht ihr die Abschiebung
13.12.2023 - SWR: Beispiele aus den Kreisen Ludwigsburg und Esslingen - Warum Asylbewerber trotz Ausbildung abgeschoben werden
21.04.2024 - t-online: Nürnberg: Altenheim kämpft gegen Abschiebung von Kollegen Karrar Al Hasani
15.11.2024 - NDR: Zukunft der kolumbianischen Pflegehelfer ...
... Nach Auskunft der Heimbetreiber besitzen alle Kolumbianer eine Aufenthaltserlaubnis bis Juni kommenden Jahres und hätten zudem eine Arbeitserlaubnis bis 2027, einige sogar bis 2028.

Offener Brief: Asylanträge der Pflegekräfte wurden abgelehnt
Die kolumbianischen Pflegerinnen und Pfleger haben nach Angaben der Heimleitung Asylanträge gestellt und diese ausreichend begründet. Eine Pflegerin sei beispielsweise vor Schutzgeldforderungen an ihre Familie geflohen. Ein anderer Pfleger sei vor der Befreiungsarmee geflohen, die bereits einen Familienangehörigen getötet hatte. Zudem lebten die Beschäftigten in Mietwohnungen, engagierten sich beruflich und in Vereinen und ihre Kinder gingen zur Schule, teilte das Pflegeheim weiter mit. Allerdings wurden die Asylanträge laut offenem Brief abgelehnt mit der Begründung, dass Kolumbien als sicheres Herkunftsland gilt. ...
20.11.2024 - Ärzte Zeitung:
Drohende Abschiebung von Pflegekräften: Heim lädt Ministerpräsident Weil ein
Rund 50.000 Menschen haben eine Online-Petition gegen die Abschiebung von Beschäftigten eines Pflegeheims im Landkreis Rotenburg unterschrieben.
24.11.2024 - SPIEGEL: Heimleiter kämpft gegen die Abschiebung von einem Viertel seiner Pflegekräfte
Ein Altenheim in Wilstedt schlägt Alarm. Zehn Mitarbeitern droht die Abschiebung, dem Heim die Schließung ...

Der Anteil der über 65-jährigen an der Bevölkerung ist vor allem in den neuen Bundesländern besonders hoch. Dort ist sowohl der Anteil der Ausländer am Niedrigsten, wie zugleich das Wahlergebnis der AfD am höchsten
In den neuen Bundesländern, wo die AfD stark ist, gibt es nicht nur wenig Ausländer – es gibt fast gar keine. Der durchschnittliche Ausländeranteil in den fünf ostdeutschen Bundesländern ohne Berlin liegt bei 3,79 Prozent.
(Quelle FAZ).

Aktionstag Altenpflege Bayern!

Der Altenpflege ein Gesicht geben: Erste Bilder trudeln ein. Es muss Schluss sein mit der permanenten Flickschusterei in der Pflege. Gerade in Bayern fahren wir die Pflege sehenden Auges an die Wand. Trotz demographischer Lage und eines wachsenden Bedarfs an Pflegekräften ist schon die Sicherung des Personalbestandes eine Herausforderung. Die Pflegeversicherung muss grundlegend reformiert und zukunftstauglich gemacht werden. Wir brauchen eine Solidarische Pflegegarantie, eine Pflegevollversicherung. Das muss ein zentrales Thema der Bundestagswahl werden.
Unsere Pressemitteilung und erste Bilder findet ihr hier: Ver.di
p.s.: Gute Pflege braucht gute Rahmen- und Arbeitsbedingungen - dauerhaft und nicht nur am Buß- und Bettag. Man kann die Aktion auch noch nach dem 20. November unterstützen, z.B. mit einem Foto für ver.di

Sonntag, 24. November 2024

Christkönig - war das was?

dem heute gefeierten "Christkönigssonntag" - dem letzten Sonntag im Jahreskreis und damit durchaus an prominenter Stelle - haben wir bereits zwei Beiträge gewidmet. Gibt es einen Grund, das Thema wieder aufzugreifen?
Nun, was wir damals geschrieben haben, ist immer noch aktuell. Und wir möchten daher zum Abschluss des Tages die Fürbitten wiedergeben, die ein prominenter Münchner Priester auf Facebook veröffentlicht hat - und dabei insbesondere den katholischen Christen die ersten Fürbitten ganz besonders ans Herz leigen:

Donnerstag, 21. November 2024

Beteiligung! - Grunderkenntnisse aus der Kasseler Fachtagung zum kirchlichen Arbeitsrecht

Kirchlich Beschäftigte wollen über ihre Löhne und Arbeitsbedingungen mitbestimmen. Auch im Betrieb gilt es, Betroffene stärker einzubeziehen.
20.11.2024

Es war das wohl meistgebrauchte Wort der diesjährigen Fachtagung zum kirchlichen Arbeitsrecht am 18. und 19. November 2024 in Kassel: Beteiligung! Es ist zum einen die Forderung an kirchliche Arbeitgeber, ihren Beschäftigten endlich Beteiligung an der Gestaltung ihrer Arbeitsbedingungen zu ermöglichen, indem sie auf Augenhöhe mit der Gewerkschaft Tarifverhandlungen führen. Zum anderen ist Beteiligung auch der Anspruch, den die rund 250 Mitarbeitervertreter*innen bei der von der Zeitschrift Arbeitsrecht und Kirche gemeinsam mit ver.di, der Bundeskonferenz der Arbeitsgemeinschaften und Gesamtausschüsse der Mitarbeitervertretungen in der Diakonie (buko agmav + ga) sowie der Diakonischen ArbeitnehmerInnen Initiative (dia e.V.) organisierten Tagung an sich selbst formulieren: Es gelte, weniger als Stellvertreter*innen tätig zu sein und die Beschäftigten stärker einzubeziehen.
Fachtagung zum kirchlichen Arbeitsrecht

Ein Betrieb, in dem die Beteiligung gut gelingt und über den in Kassel viel diskutiert wurde, ist das Sophien- und Hufeland-Klinikum Weimar. Dort haben sich die Beschäftigten mit ver.di auf den Weg gemacht, Tarifverträge einzufordern. Der stellvertretende Vorsitzende der Mitarbeitervertretung (MAV), Mathias Korn, nannte zwei zentrale Gründe dafür: Erstens erlebten die Beschäftigten der kirchlichen Klinik, dass mehrere Krankenhäuser in unmittelbarer Umgebung deutlich mehr bezahlen und bessere, per Tarifvertrag geregelte Arbeitsbedingungen bieten. Zweitens gehe es um Demokratie: »Die Menschen wollen sich beteiligen, doch der Dritte Weg ist ein undemokratisches System, das kaum Beteiligungsmöglichkeiten bietet.« Das wollten die Kolleg*innen in Weimar nicht länger hinnehmen.

Dass die dortige Bewegung für Tarifverträge keineswegs vom Himmel gefallen ist, machte der Thüringer ver.di-Sekretär Hannes Gottschalk deutlich. Zu Beginn hätten sich lediglich fünf Aktive zusammengetan. Die ersten Versuche, die Beschäftigten zu aktivieren, schlugen fehl. Doch plötzlich entstand eine Dynamik. »Wir haben nur transparent gemacht, wie die Situation ist, zum Beispiel, wie viel weniger die Beschäftigten im Vergleich zum öffentlichen Dienst verdienen. Sie haben selbst ihre Schlussfolgerungen gezogen«, berichtete der Gewerkschafter. Die Zahl der ver.di-Mitglieder vervielfachte sich in kurzer Zeit von 25 auf 370. Die Teams bestimmten Delegierte, mehrfach beteiligten sich hunderte an Aktiven Mittagspausen und anderen Aktionen.

Im Dritten Weg: Beschäftigte strukturell unterlegen

Doch statt auf ihre Beschäftigten einzugehen und Tarifverhandlungen aufzunehmen, versuchen Klinikleitung, Diakonie und Kirche, die Bewegung in Weimar durch juristische Winkelzüge zu stoppen. Zwei Mal strengten sie erfolgreich eine einstweilige Verfügung gegen Warnstreiks an. Daniel Wenk, der bei ver.di für Kirchen, Diakonie und Caritas zuständig ist, verwies auf die langjährigen Erfahrungen mit dem »Dritten Weg« in Thüringen, auf dem die Arbeitgeber die Regeln immer wieder einseitig so anpassten, wie es ihren Bedürfnissen entspreche. »Die diakonischen Arbeitgeber haben sogar ihre Verhandlungspartner selbst geschaffen«, berichtete der Gewerkschafter. »Der Verband Kirchlicher Mitarbeiter in Mitteldeutschland wurde mit 105.000 Euro bezuschusst, damit man jemanden hat, mit dem man im Hinterzimmer die Arbeitsbedingungen festlegen kann – geht´s noch?« Seine Schlussfolgerung: »Auf dem sogenannten Dritten Weg ist die Arbeitnehmerseite strukturell abhängig und unterlegen – nicht nur in Mitteldeutschland, sondern überall.«

Die beste Antwort darauf sei, wenn sich kirchlich Beschäftigte nicht nur in Thüringen, sondern bundesweit auf den Weg machen, ihre Arbeitsbedingungen über Tarifverträge selbst zu gestalten. Genau das haben sich die Teilnehmenden der Kasseler Tagung vorgenommen. In einer mit wenigen Enthaltungen einstimmig beschlossenen Resolution erklärten sie: »Mit großer Entschlossenheit und ermutigt durch das Vorbild der Kolleg*innen in Weimar wollen wir unsere Anstrengungen verstärken, in allen Bereichen gleiche Rechte für kirchlich Beschäftigte zu erreichen.« Denn: »Gerade in diesen Zeiten brauchen wir mehr Demokratie – auch in kirchlichen Betrieben.«

Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Mitarbeitervertretungen in den Diakonischen Werken Niedersachsens (agmav), Tobias Warjes, bekräftigte, auf dem kircheninternen »Dritten Weg« könnten Beschäftigte keine Macht entwickeln, um ihre Interessen durchzusetzen. »Die Regeln werden von den Arbeitgebern gemacht, ohne wirksame Beteiligung der Menschen, um die es geht. Und das ist gewollt!« Dies zeige sich aktuell auch an der drohenden Auseinandersetzung um die betriebliche Altersversorgung. Der Verband diakonischer Dienstgeber in Deutschland (VdDD) wolle bei der Zusatzversorgung weg von der Leistungs- auf eine Beitragszusage umstellen. Dies würde bedeuten, dass sich die Beschäftigten nicht mehr auf eine bestimmte Zusatzrente verlassen könnten, das wirtschaftliche Risiko würde von den Arbeitgebern auf sie verlagert. Zudem wolle die Unternehmensdiakonie höhere Eigenbeiträge der Arbeitnehmer*innen und die Möglichkeit festschreiben, die Arbeitgeberbeiträge zu deckeln. Vor diesem Hintergrund betonte Tobias Warjes: »Alle Rahmenbedingungen müssen in Tarifverträgen festgelegt werden, denn nur so können eine wirksame Beteiligung der Beschäftigten und eine gute Zusatzversorgung gesichert werden.«

Potenzial der Beteiligung

Viele Debatten auf der Kasseler Fachtagung drehten sich darum, wie konkret die Beteiligung von Beschäftigten ausgebaut werden kann – ob auf betrieblicher, politischer oder tarifvertraglicher Ebene. Dass es oft die kleinen Schritte sind, die Beschäftigte in Aktivität bringen, zeigte Ulrich Wohland von der Kampagnen-Beratung ORKA an verschiedenen Beispielen auf. Manchmal könnten schon die systematische Verbreitung von ver.di-Tassen im Betrieb oder eine beteiligungsorientiert gestaltete Mitarbeiterversammlung wichtige Schritte sein, die einen großen Effekt haben.

Torsten Rathje von der ver.di-Tarifkommission der Diakonie Niedersachsen betonte das Potenzial, das die Interessenvertretungen durch die Einbeziehung und Aktivierung von Beschäftigten mobilisieren können. »Wir identifizieren gezielt Multiplikatoren, die sich in den Teams für ihre Kolleginnen und Kollegen einsetzen«, berichtete er. »Wir versorgen sie mit Informationen und binden sie ein, das macht uns stärker.« Die Tarifbewegungen in der niedersächsischen Diakonie seien grundsätzlich beteiligungsorientiert aufgebaut, mit Befragungen, Videokonferenzen, Tarifbotschafter*innen und vielem mehr.

Auch die Mitarbeitervertretungen könnten die Beteiligung der Beschäftigten zu befördern, indem sie ihre Mitbestimmungsrechte nutzen, erklärte die MAV-Vorsitzende am Agaplesion Elisabethenstift Darmstadt, Nicole Hartmann. Sie hätten zum Beispiel in Zusammenhang mit psychischen Gefährdungsanalysen oder Gefährdungsbeurteilungen die Möglichkeit, Workshops durchführen, bei denen die Betroffenen über Belastungen und Gegenmaßnahmen diskutieren. In Abteilungen, in denen es Probleme gibt, könnten sie die Kolleg*innen auf Teilbereichsversammlungen zusammenbringen und so fördern, dass sie kollektiv für die eigenen Belange einstehen.

Neue Kultur der Interessenvertretung

Diese und viele weitere, von den Mitarbeitervertreter*innen genannten Beispiele seien Teil einer »neuen Kultur der Interessenvertretung – weg von der Stellvertreterpolitik, hin zur Beteiligungsorientierung«, erklärte Grit Genster, die bei ver.di den Bereich Gesundheitspolitik/Gesundheitswesen leitet. Auch in der Tarifpolitik setze ver.di auf neue Formen der Beteiligung. Beispielsweise bei den Tarifkämpfen für Entlastung im Krankenhaus spielten Teamdelegierte nicht nur in der Mobilisierung, sondern auch in den Diskussions- und Entscheidungsprozessen eine tragende Rolle.

Auch auf politischer Ebene gehe es nicht ohne das Engagement der Beschäftigten, betonte Grit Genster. »Wir sind in Berlin nur so stark wie der Druck, der aus den Betrieben kommt.« Das gelte auch für den anstehenden Bundestagswahlkampf, in dem die Beschäftigten ihre Interessen deutlich machen müssten. Das auch mit Blick auf die Forderung, den rund 1,8 Millionen Beschäftigten von Kirchen, Diakonie und Caritas die gleichen Rechte zuzugestehen, wie ihren Kolleg*innen in weltlichen Betrieben. SPD, Grüne und FDP hatten sich in ihren Koalitionsvertrag geschrieben, das kirchliche Sonderrecht überprüfen zu wollen. ver.di-Aktive hatten 53.000 Unterschriften dafür gesammelt, dass es nicht bei einer Prüfung bleibt, sondern die kirchlichen Sonderregeln tatsächlich abgeschafft werden. Die nun zerbrochene Regierungskoalition hatte das nicht aufgegriffen. »Es gab viele Gesprächsrunden, aber am Ende verändert sich nichts«, bilanzierte Grit Genster. »Das zeigt: Um grundlegende Veränderungen zu bewirken, brauchen wir Macht, Geduld und Ausdauer – und Beteiligung!«
Quelle und mehr zu den insgesamt 8 Arbeitsgruppen: von neuen Medien bis zum Rechtsruck im Betrieb bei ver.di:
Die rund 250 Teilnehmenden der Fachtagung zum kirchlichen Arbeitsrecht haben sich in parallel laufenden Arbeits- und Vertiefungsgruppen mit unterschiedlichen Aspekten der MAV-Arbeit auseinandergesetzt. Die Moderator*innen der Arbeitsgruppen zeigen einige zentrale Erkenntnisse auf.

Donnerstag, 14. November 2024

Selbstverwaltung auf bayerische Art!

Versuch der Fremdsteuerung der Vereinigung der Pflegenden in Bayern (VdPB)

 

„Mit einer gegen den Willen der Vereinigung der Pflegenden in Bayern (VdPB) vorgenommenen Einrichtung einer Kommission macht die Staatsregierung überdeutlich, dass sie die VdPB als verlängerten Arm des Gesundheitsministeriums wertet, nicht als eigenständiges Organ der Selbstverwaltung von Pflegekräften“, empört sich Dr. Robert Hinke, Fachbereichsleiter für Gesundheit & Bildung in ver.di Bayern: „Die Zusammensetzung und Kompetenzen der Kommission stehen der Idee der Selbstverwaltung entgegen. Wir werden die weitere Entwicklung sehr genau beobachten.“ Die geplante Einführung einer Registrierungspflicht von Pflegekräften muss mit einem für diese erkennbaren Benefit verknüpft werden.

 

Mit der Mitte des Jahres erfolgten Novellierung des Bayerischen Pflegendengesetzes (BayPfleG) wurde entgegen den Stellungnahmen von VdPB und ver.di die Einrichtung einer Kommission zur Reform, Weiterentwicklung und Evaluierung der VdPB betrieben und beschlossen. Zur Befriedung der Gemüter heißt es im Gesetzestext, dass das Staatsministerium eine Kommission einberufen „kann“, aber eben nicht muss. Das höchste Organ der VdPB, deren Delegiertenversammlung, hat sich erst am 27. Juni „mit aller Entschiedenheit“ gegen die „vorliegende Konstruktion und Zusammensetzung der Kommission“ ausgesprochen: „Die VdPB positioniert sich gegen die geplante Einrichtung, mindestens aber gegen die geplante Besetzung der Kommission (Pflegendenvereinigungsgesetz).“ „All dies hält das Gesundheitsministerium aber nicht davon ab“, so Carolin Hack, Vorstandsmitglied der VdPB und bei ver.di-Bayern verantwortlich für den Bereich Ausbildung im Gesundheitswesen, „von der Kann-Regelung Gebrauch zu machen.“

 

Zur Reform und Weiterentwicklung der VdPB wird dieser ein federführendes Gremium beigestellt, welches sich mehrheitlich aus erklärten Gegnern des bayerischen Weges einer Alternative zur Kammer zusammensetzt: Von den 13 Kommissionsmitgliedern werden nur fünf von der VdPB und acht vom sogenannten Bayerischen Pflegerat und der Dekanenkonferenz Pflegewissenschaft bestellt. „Die demokratische Legitimation für ein derart weitreichendes pflegepolitisches Mandat darf als fragwürdig gelten“, bemerkt Heinz Neff, Fachsekretär für den Krankenhausbereich in ver.di Bayern: „Im Pflegerat sind neben Berufsverbänden der Pflegenden auch eher arbeitgebernahe Vereine wie der Verband der Pflegedienstleitungen Psychiatrischer Kliniken Bayern e.V. oder der Verband der PflegedirektorInnen der Universitätsklinika e.V. Mitglied. Die Konferenz der Dekan*innen vertritt wiederum pflegewissenschaftliche Fachbereiche bzw. Institute. Auch hier können wir kein Mandat im Sinne der Selbstverwaltung der Pflegenden erkennen.“ Offenkundig bedenklich wird die Zusammensetzung, nachdem die Bundes-Dekanekonferenz Pflegewissenschaft gem. e.V. jüngst dem Deutschen Pflegerat e.V. beigetreten ist. Allein ver.di Bayern repräsentiert mehr Pflegekräfte als sämtliche Berufsfachverbände der Pflege bundesweit. „ver.di ist gerade im Pflegebereich eine wachsende Organisation, die ausschließlich Beschäftigteninteressen vertritt“, betont Hinke: „Dass die gewerkschaftliche Arbeitnehmervertretung nicht eigens berücksichtigt wird, ist sicher kein Zufall.“

 

Die Stimmengewichtung von 5 zu 8 würde selbst durch einen vom Ministerium bestellten Vorsitzenden der Vereinigung der Pflegenden kein Patt in der Kommission ermöglichen. Genauso wenig verträgt es sich, dass ausgearbeitete Empfehlungen sich nicht an die VdPB, deren Vorstand und Mitglieder richten, sondern dem Staatsministerium vorgelegt werden. „Ein erkennbarer Versuch der Fremdsteuerung einer Selbstverwaltung“, vermerkt Hinke kritisch: „Jede demokratische Organisation hat Anspruch darauf, ihre inneren Angelegenheiten über ihre gewählten Organe selbst zu bestimmen.“

 

Wie inzwischen offenkundig wurde, soll sich die geplante Kommission aber nicht nur mit allgemeinen Fragen der Weiterentwicklung der VdPB befassen, sondern auch ganz konkret mit der ministeriell anvisierten Registrierungspflicht von Pflegekräften in Bayern. Damit wird gleichsam in die operative Arbeit und die Autonomie des Vorstandes der VdPB hineinregiert.

 

Die Einführung einer fortlaufenden Registrierungspflicht beruflicher Veränderungen und Fortbildungen wird von den meisten Pflegekräften als Gängelung wahrgenommen. „Wir wissen, dass die umstrittene Registrierungspflicht kommt und dass wir das nicht mehr grundlegend problematisieren können. Jetzt gilt es, die Registrierungspflicht konstruktiv auszugestalten, sie also beispielsweise mit einem Freistellungsanspruch für Maßnahmen der Fort- und Weiterbildung zu verknüpfen“, so Hack. In diesem Sinne hat sich die Gewerkschaft ver.di auch gegenüber dem Staatsministerium eingebracht. „Die Registrierungspflicht wird unter anderem mit Mängeln der statistischen Datenlage begründet“, kritisiert Hinke „als hätten wir hinsichtlich des Personalmangels, der demographischen Entwicklung oder der Belastungssituation in der Pflege ein Erkenntnisdefizit. Nicht die Datenlage ist das Problem, es fehlt am politischen Willen die Verhältnisse im Sinne der Versorgung und Pflegenden umzukrempeln.“

 

Die Gewerkschaft ver.di hat an der Entstehung der Vereinigung der Pflegenden in Bayern (VdPB) als einer „bayerischen Alternative“ zum Kammermodell maßgeblich mitgewirkt. In ihren Aufgaben und Rechten ist die VdPB den Kammern weitgehend gleichgestellt, beschreitet aber in ihrer Mitgliederstruktur einen eigenen Weg. So wurde auf eine Pflichtmitgliedschaft und Pflichtbeiträge verzichtet – bewusst auch auf eine Pflichtregistrierung. Pflegehelfer*innen können Mitglied werden, womit eine berufspolitische Spaltung der Pflege, wie es das in den meisten Ländern von den Pflegekräften abgelehnte Kammermodell vorsieht, verhindert wurde. Als ein zentrales Plus sahen wir zudem die Einbeziehung von Berufsfachverbänden und Gewerkschaften. Letzteres wurde mit der jüngsten Novellierung abgeschafft. „Ein schleichendes Zurechtstutzen des Erfolgsmodells VdPB werden wir nicht tatenlos hinnehmen“, bekräftigt Hinke.

 Quelle: Pressemeldung ver.di Bayern  

Dienstag, 12. November 2024

Tarif- und Besoldungsrunde öffentlicher Dienst Bund und Kommunen 2025

Unsere ver.di erreichen im Moment viele Fragen: Ampel-Aus - Was bedeutet das für die Tarifauseinandersetzung für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen?
Die Antwort ist klar: Wir halten Kurs! Die Tarifverträge sind fristgerecht gekündigt, unsere Forderungen stehen: Jetzt sind Bund und kommunale Arbeitgeber am Zug, ihrer Verantwortung Euch gegenüber gerecht zu werden. Unabhängig davon, wann die Bundestagswahlen statt finden: Es wird zu jedem Zeitpunkt eine Bundesregierung geben, die diese Verantwortung zu tragen hat.
ver.di geht mit einer Forderung nach einem Volumen von acht Prozent mehr Geld, mindestens aber ein Plus von 350 Euro monatlich für Entgelterhöhungen und höhere Zuschläge für besonders belastende Tätigkeiten in die Verhandlungen.
Quelle und mehr: ver.di

Montag, 11. November 2024

Bistum Speyer: gemeinsame Trägergesellschaft für alle KiTAs

Das Bistum Speyer möchte seinem Kita-Personal Arbeit abnehmen. Dafür sollen katholische Kindertagesstätten in der Pfalz und der Saarpfalz ab Januar 2025 unter dem Dach einer gemeinsamen Trägergesellschaft zusammengefasst werden.
berichtet das Domradio. und fühhrt aus:
Mit der Reform sollen die Pfarreien und die dort tätigen Haupt- und Ehrenamtlichen von Verwaltungsarbeit entlastet werden, wie das Bistum Speyer am Samstag mitteilte. Für die organisatorische Neuaufstellung und die Eingliederung aller 230 katholischen Kitas auf Bistumsgebiet in die neue "Kita gGmbH Bistum Speyer" sind zwei Jahre vorgesehen.

Vorbilder Mainz und Trier
Die katholischen Kindergärten in der Pfalz und in den zum Bistum Speyer gehörenden Orten des Saarlandes mit ihren 3.500 Beschäftigten betreuen aktuell rund 16.000 Kinder. Ähnliche Trägerverbände wie den vom Bistum Speyer geplanten existieren bereits in den Bistümern Trier und Mainz.
als "primär bayrischer Blog" möchten wir darauf hinweisen, dass die Aufzählung des Domradio unvollständig ist. Eine entsprechende große Trägerstruktur gibt es auch im Bistum Eichstätt. Darüber hinaus sind auch in anderen (Erz-)Diözesen entsprechende Verbünde gebildet. So bestehen überpfarrliche Verbünde im Erzbistum München-Freising, soweit die Erzdiözese nicht sogar selbst den Betrieb (= Trägerschaft) von pfarrlichen KiTAs übernommen hat. Im Bistum Augsburg sind auf Dekanats-Ebene (in etwa den Landkreisen vergleichbare kirchliche Strukturen) solche Verbünde gebildet.
Hintergrund ist, dass bei zunehmenden Priester- und Pfarrermangel die örtlichen Seelsorger mit dem nicht unerheblichen Verwaltungsaufwand für pfarrliche Kindergärten überlastet sind. Und auch die Bereitschaft, ehrenamtlich tätiger Mitglieder der Kirchenverwaltungen diese Aufgaben zu übernehmen, mit immer mehr ab.

Der neue Kita-Träger im Bistum Speyer nimmt am 1. Januar die Arbeit auf, wie das Bistum auf seiner homepage berichtet.
„Wir schaffen damit Freiräume für die Pastorale Arbeit in unseren Kitas, indem wir unsere Seelsorgerinnen und Seelsorger vor Ort von Verwaltungsarbeit für die Kitas entlasten. Gleichzeitig werden auch die vielen ehrenamtlichen Mitglieder in den Verwaltungsräten Entlastung erfahren, da die Kirchengemeinden nicht mehr in der Trägerfunktion sind. Nicht zuletzt erwarten wir aber auch deutliche Synergieeffekte durch eine einheitliche zentrale Kita-Verwaltung in der künftigen Kita gGmbH. Bei allen Veränderungen ist es uns aber sehr wichtig, dass die Kitas auch unter der neuen Trägerschaft pastorale Orte, Segensorte, in unseren Pfarreien und Gemeinden bleiben.“
...
Wenn man die Verwaltung der (eigentlich kommunalen Pflichtaufgabe) Kindertagesstätten nicht den säkulären Kommunen anbieten möchte - möglicherweise noch in Verbindung mit einer finanziellen Zusage durch die Kommune, ein Defizit zu übernehmen - liegt die Bildung entsprechender Verbünde mit professioneller Verwaltung nahe. Ob damit aber die im Subsidiaritätsgrundsatz artikulierte Pluralität von Kindertagesstätten erreicht wird, ist eine andere Frage. Was unterscheidet eine "Kita gGmbH" mit nur noch nomineller kirchlicher Trägerschaft von einem gewerblichen KiTA-Konzern "Mc Kita"?. Ist das nur die Umsetzung traditionell kirchlich geprägter Festlichkeiten wie Martinsumzug, Nikolausbesuch oder eine Weihnachtskrippe in einer Ecke des Eingangs?

Wir vermissen bei beiden Meldungen über Allgemeinplätze hinausgehende konkrete Aussagen, wie eine christliche, katholische Erziehungsethik in solchen Verbünden umgesetzt werden soll. Aber vielleicht gibt es - insbesondere angesichts der vielen Mißbrauchsskandale - eine solche speziell christlich geprägte Erziehungsethik gar nicht. Auch das Bistum Speyer bleibt in seiner o.g. Pressemeldung nur bei rationalen Zahlenangaben konkret:
Die Gesellschaft wird am 1. Januar 2025 gegründet; Die ersten Kindertageseinrichtungen werden dann zum 1. Januar 2026 in die neue Gesellschaft übergehen. Bis zum 1. Januar 2027 soll dieser Prozess des Übergangs für alle Einrichtungen abgeschlossen sein. Im Bistum Speyer gibt es rund 230 Kitas, in denen rund 16.000 Kinder betreut werden. In den Kitas sind insgesamt 3.500 Personen beschäftigt, davon 2.700 pädagogische Fachkräfte und 800 Kräfte im Bereich Hauswirtschaft und Reinigung.

Als Blog zum kirchlichen Arbeitsrecht möchten wir noch eine Anmkerung machen und daraus folgend Fragen stellen:
Es wird spannend, wie die kirchlichen Mitarbeitervertretungen in dem Übergangsprozess eingebunden und die sich ergebenden Rechtsfragen geregelt werden. Beispielsweise:
Was passiert mit einer bestehenden Mitarbeitervertretung (MAV), wenn deren Mitglieder durch den Trägerwechsel zur gGmbH - mit oder ohne einer dort gebildeten MAV - gehören?
Was passiert mit den in den Pfarreien verbleibenden Beschäftigten, wenn durch die Ausgliederung der KiTA nicht mehr genügend Mitarbeitende zu Bildung bzw. Erhaltung einer eigenen Mitarbeitervertretung verbleiben?

Wetten, dass sich die Akteure im bischöflichen Entscheidungsgremium, das die Bildung der "Kita gGmbH Bistum Speyer" beschlossen hat, darüber am Wenigsten Gedanken gemacht haben? Wenn denn die bestehenden MAVen oder zumindest eine Diözesane Arbeitsgemeinschaft überhaupt eingebunden wurden ...

Samstag, 2. November 2024

Wenn die Blätter fallen ....

... bleibt die Erinnerung an liebe und liebende Angehörige und Freunde
während sich die Sommerblumen für den Winterschlaf rüsten
welche davon wohl im nächsten Jahr mit neuer Blüte wieder kommt?

Donnerstag, 24. Oktober 2024

Dilexit nos: Neue Enzyklika von Papst Franziskus

heute Mittag wird das Dokument des Papstes über die Verehrung des Herzens Jesu veröffentlicht. Der Papst hatte die Enzyklika mit dem Titel „Dilexit nos“ (Er hat uns geliebt) bei einer Generalaudienz im vergangenen Juni angekündigt. Der Text wird die Überlegungen früherer lehramtlicher Texte zusammenfassen. Der Untertitel lautet: „Enzyklika über die menschliche und göttliche Liebe des Herzens Jesu“.

VaticanNews kündigt diese vierte Enzyklika im Pontifikat von Jorge Mario Bergoglio im Internet an.
Franziskus selbst hatte die Veröffentlichung im Herbst bei der Generalaudienz auf dem Petersplatz am 5. Juni (dem Monat, der traditionell dem Heiligsten Herzen Jesu gewidmet ist) angekündigt und den Wunsch geäußert, dass der Text die Menschen dazu anregen möge, über die Aspekte „der Liebe des Herrn nachzudenken, die den Weg der kirchlichen Erneuerung erhellen können; aber auch, dass er einer Welt, die ihr Herz verloren zu haben scheint, etwas Wichtiges sagen möge“. Der Papst erklärte bei dieser Gelegenheit auch, dass das Dokument „die wertvollen Überlegungen früherer lehramtlicher Texte und eine lange Geschichte, die auf die Heilige Schrift zurückgeht, zusammenfassen wird, um heute der ganzen Kirche diesen Kult, der von geistiger Schönheit erfüllt ist, neu vorzuschlagen“.
Auch "Kirche und Leben" weist auf die Erscheinung und die Bedeutung von Enzykliken als päpstliche Lehrschreiben hin.
Eine Enzyklika ist ein päpstliches Lehrschreiben. Es ist an die katholische Weltkirche, gelegentlich zudem an „alle Menschen guten Willens“, also auch an Nichtkatholiken, gerichtet. Enzykliken beanspruchen ein hohes Maß an Verbindlichkeit. Sie werden in der katholischen Kirche als Ausdruck der obersten Lehrgewalt des Papstes verstanden, sind aber keine unfehlbaren Lehrentscheidungen im dogmatischen Sinn.

Auch wir werden dieses neue lehramtliche Schreiben sicher studieren, wollen uns aber nicht an Spekulationen darüber beteiligen, ob die Enzyklika auch dem Umgang (insbesondere kirchlicher) Arbeitgeber mit ihren Mitarbeitenden und deren gewerkschaftlichen Rechten anspricht. Es gäbe da ja auch im Vatikan den einen oder anderen Anlass.
Weil wir die Enzyklika erst besprechen können, wenn wir sie gelesen haben, und am 28.10. die bayerischen Herbstferien beginnen, werden wir mit diesem Beitrag wohl wieder unsere Blogpause antreten. Sie wird voraussichtlich bis Anfang November andauern.