Freitag, 25. Februar 2022

Reduzierung bzw. Unterbrechung Blog

Angesichts der Angriffe auf die Ukraine, die nunmehr auch den Beschuss von Kiew einschließen, wollen wir unsere Berichterstattung über die Entwicklung des Arbeitsrechts im Bereich der katholischen Kirche stark reduzieren. Wir werden uns voraussichtlich erst im Vorfeld der ab 7. März terminierten Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), also am 5. und 6. März wieder zu Wort melden.

Ausweitung Minijobs stoppen!

Das Gesetzesvorhaben zur begrüßenswerte Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns umfasst auch eine problematische Regelung, nämlich  die Grenzen, bis zu denen die so genannten Minijobs frei von Sozialabgaben sind, an die Dynamisierung des Mindestlohns zu koppeln. Im Klartext heißt das: Steigt der Mindestlohn, wird automatisch auch die Grenze, bis zu der eine Arbeit von Sozialabgaben befreit ist, ausgeweitet. So sehr wir die Anhebung des Mindestlohns zu begrüßen ist, die Ausweitung der Minijobs ist falsch und unbedingt abzulehnen. 

Ver.di ruft daher zum Protest gegen dieses Vorhaben der Bundesregierung auf und hat einen entsprechenden Aufruf auf ihren Internetseiten platziert. Besonders schädlich ist die Konstruktion von Minijobs vor allem für Frauen.

Ver.di hat hierzu einen Aufruf veröffentlicht: 

hier der Link für die Veröffentlichung des Minijob-Aufrufs mit den Erstunterzeichnenden.   

Minijob – ver.di (verdi.de)   oder hier: https://frauen.verdi.de

Veröffentlicht ist der Aufruf außerdem auf den Websites

auf Facebook www.facebook.com/frauen.verdi.de ,

auf Instagram www.instagram.com/frauen.verdi.de

 

Übrigens:

Die DGB-Frauen haben dazu ebenfalls eine tolle Aktion gestartet, die in die gleiche Richtung zielt, an der Sie sich / Ihr euch ebenfalls beteiligen könnt:

Gleichstellungs-Check jetzt! | Frauen im Deutschen Gewerkschaftsbund (dgb.de)



Donnerstag, 24. Februar 2022

Tarifrunde Sozial- und Erziehungsdienste

Tarifrunde Sozial- und Erziehungsdienste

Hoffnung auf konstruktive Verhandlungen

Am Freitag, 25. Februar 2022 werden in Potsdam die Verhandlungen für die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst wieder aufgenommen. Die Verhandlungen werden fortgesetzt, nachdem sie wegen der Corona-Pandemie in 2020 ausgesetzt wurden.
„Die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst legen große Hoffnungen in die Verhandlungen, dass sie konstruktiv und mit ernstem Willen zu einem guten Ergebnis geführt werden“, erklärte Luise Klemens, Landesbezirksleiterin von ver.di Bayern.

ver.di als verhandlungsführende Gewerkschaft geht mit den Forderungen auf Verbesserung der Arbeitsbedingungen, nach Maßnahmen zur Behebung des Fachkräftemangels und auf finanzielle Anerkennung der Arbeit in diese Verhandlungsrunde. „Die Arbeitsfelder der Sozialen Arbeit stehen stark unter Druck. Der Ausgang der Tarifverhandlungen wird entscheidend beeinflussen, ob der Fachkräftemangel dramatisch zunehmen wird“, erklärte Brigitte Zach von ver.di Bayern.

Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen helfe, Beschäftigte in diesem Arbeitsfeld mit ihrer bestehenden Arbeitszeit zu halten. Ein Teil der ausgebildeten Beschäftigten verließen bereits einige Jahre nach ihrem Abschluss den Bereich der Sozialen Arbeit, obwohl sie dringend gebraucht würden, berichtete Zach. „Es müssen deshalb stärkere Anreize geschaffen werden, damit junge Menschen ihre Ausbildung in dem Arbeitsfeld beginnen wollen und gute Rahmenbedingungen vorfinden“, forderte Zach. Durch Entscheidungen der Politik, u.a. den Anspruch auf Kinderbetreuung und den bevorstehenden Anspruch auf Grundschulkindbetreuung, entstünden Bedarfe, die durch die aktuelle Entwicklung nicht gedeckt werden könnten.

Nach den letzten Tarifrunden entsprächen die geforderten Abschlüsse und die Herausforderungen der Arbeit im Vergleich zu anderen Berufsfeldern, wie in der Verwaltung und den technischen Berufen, nicht den Entgelten. „Die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst arbeiten täglich am Limit“, so Linda Sewald, stellvertretende Vorsitzende der Fachgruppe Erziehung, Bildung und Soziale Arbeit in ver.di Bayern: „Deshalb haben die Verhandlungspartner in dieser Tarifrunde eine große Verantwortung gegenüber der Politik, der Gesellschaft, den Bürgern und vor allem den Beschäftigten dieses Arbeitsfeldes“, betonte Sewald. Schließlich dürften nicht mehr Beschäftigte aufgrund der Belastung und der fehlenden Perspektive auf Verbesserung der Rahmenbedingungen das Arbeitsfeld aufgeben, erklärt Sewald: „Wir brauchen alle dringend!“
Quelle: Pressemeldung ver.di Bayern vom 24.02.2022

Heute und morgen werden in einigen Kommunen Aktionen stattfinden.
Für eine Teilnahme fragt bitte vor Ort nach!

Anhebung des Mindestlohnes beschlossen

hier"klick" haben wir bereits über die unterschiedlichen Lohnuntergrenzen bei der Pflege gesprochen:
Wie bekannt ist es wegen der Caritas nicht gelungen, den damals geplanten Tarifvertrag mit dem BVAB für allgemeingültig erklären zu lassen. In der Folge gibt es aktuell wohl drei Instrumente, mit denen nun politische auf die Vergütung in der Pflege Einfluß genommen wird:
1. den Pflegemindestlohn,
2. das „Pflegelöhneverbesserungsgesetz“ und
3. das Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz, das Verträge mit den Pflegekassen ab September 2022 davon abhängig macht, dass entweder ein seriöser Tarifvertrag Anwendung findet oder auf ihn Bezug direkt oder indirekt Bezug genommen wird.
Altenheime und Pflegedienste stehen vor einer verwirrenden Flut neuer Lohnregeln – die nicht immer gut zusammenpassen.
...
Gestern hat nun die Bundesregierung die Anhebung des generellen Mindestlohnes beschlossen:
Gesetzliche Lohnuntergrenze
Kabinett beschließt Mindestlohn von zwölf Euro
Die Pläne für eine gesetzliche Lohnuntergrenze von zwölf Euro ab 1. Oktober sind vom Bundeskabinett verabschiedet worden. Andere EU-Länder kommen auch ohne Mindestlohn auf ein überdurchschnittliches Gehaltsniveau. 23.02.2022, 12.24 Uhr
(Quelle: Spiegel-Online)
Diese Regelung soll für Beschäftigte gelten, die in anderen Bereichen (also nicht in der Pflege) tätig sind. Die Regelung stößt - wie zu erwarten war - nicht auf die uneingeschränkte Zustimmung. So haben einige Arbeitgeber bereits erklärt, gerichtlich gegen die neue Regelung vorgehen zu wollen. So schreibt z.B. die Süddeutsche Zeitung:
... Unternehmensvertreter kritisierten das Vorhaben scharf. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger erklärte, durch den Gesetzentwurf werde "die vertrauensvolle Zusammenarbeit der vergangenen Jahre in der Mindestlohnkommission schwer gestört". In der unabhängigen Kommission stimmen sich Vertreter von Arbeitgebern und Gewerkschaften über den Anstieg des Mindestlohns ab. Dulger sprach von einem "Systemwechsel" hin zu einer Staatslohnentwicklung. Bei Einführung des Mindestlohns habe die Politik zugesagt, dass die Mindestlohnkommission den Mindestlohn festlege. "Dieses Versprechen wird nun gebrochen und macht den Mindestlohn zum Spielball der Politik." ...
Andererseits reicht selbst der angehobene Mindestlohn nicht zur Beseitigung der Altersarmut. So schrieb der - sicher nicht gewerkschaftsnahe - FOCUS bereits am 12.05.2018:
12,63 Euro Mindestlohn bräuchte es für eine Rente oberhalb der Grundsicherung
Angesichts der aktuellen Preisentwicklung wäre dieser Satz heute mit Sicherheit nicht mehr ausreichend.
Wer sich also weigert, die nun beschlossenen Mindestlöhne zu zahlen, der wirtschaftet zu Lasten der Allgemeinheit und des Sozialstaates - denn letztendlich sind es dann die Arbeitnehmer, die Sozialversicherungs- und Steuerzahler, die im Alter die notwendige Zuzahlungen leisten müssen.

Mittwoch, 23. Februar 2022

Kirchliches Arbeitsrecht unter Druck – die Grundordnung wackelt

überschreibt "katholisch.de" einen aktuellen Artikel und führt dazu aus:
Plötzlich geht es ganz schnell: Bald könnten die Bischöfe beschließen, dass Wiederverheiratete und gleichgeschlechtliche Paare keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen mehr befürchten müssen. Das geschieht nicht ganz freiwillig: Druck von innen und außen lässt kaum eine andere Wahl.

...
Auch wenn die Bischöfe die Anforderungen an die persönliche Lebensführung ihrer Mitarbeiter zuletzt 2015 deutlich gesenkt haben: Immer noch stellt bei katholischen Mitarbeitern die erneute Heirat nach einer Scheidung oder eine gleichgeschlechtliche Ehe einen schwerwiegenden Verstoß dar, der eine Kündigung aus "kirchenspezifischen Gründen" ermöglicht – jedenfalls dann, wenn die kirchlich unerlaubte Zivilehe "nach den konkreten Umständen objektiv geeignet ist, ein erhebliches Ärgernis in der Dienstgemeinschaft oder im beruflichen Wirkungskreis zu erregen und die Glaubwürdigkeit der Kirche zu beeinträchtigen", heißt es im Artikel 5 der geltenden Grundordnung, deren Anerkennung teil jedes kirchlichen Arbeitsvertrags ist.

Bei Mitarbeitenden in der Pastoral oder solchen, die aufgrund einer "Missio Canonica" tätig sind, also etwa Religionslehrer im Kirchendienst, wird dieses "erhebliche Ärgernis" stets angenommen. Für die restlichen katholischen Mitarbeiter besteht die erhebliche Rechtsunsicherheit, dass sie kaum einschätzen können, ob die Wiederheirat eines Pfarrsekretärs oder die gleichgeschlechtliche Ehe einer Hausmeisterin im katholischen Krankenhaus "objektiv geeignet" sind, Ärgernis zu erregen.
...

Der Tübinger Jurist Hermann Reichold, der die Forschungsstelle für kirchliches Arbeitsrecht leitet, spricht von einer "Artikel-5-Kündigungsorgie": Der Katalog an Kündigungsgründen sei schon "aufgrund seiner sehr selten praktisch gewordenen Drohkulisse heute aus der Zeit gefallen", sagt der Inhaber des Lehrstuhls für Arbeitsrecht. Dazu tut auch die Situation am Arbeitsmarkt ihr übriges: Der vor allem im sozialen Bereich herrschende Fachkräftemangel, der Rückgang der Interessenten an pastoralen Berufen und das sinkende Ansehen der Kirche macht die Frage, wer überhaupt noch in kirchlichen Einrichtungen arbeiten will, viel drängender als die Frage, wie man unter den Beschäftigten eine der Lehre der Kirche entsprechende Lebensführung durchsetzen kann.

Dass die strengen Anforderungen, die kirchliche Arbeitgeber an die persönliche Lebensführung ihrer Mitarbeiter stellen, immer schwerer durchzusetzen sind, wird seit Jahren deutlich, vor allem in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. ....

Wir warnen hier ausdrücklich davor, bei der Bearbeitung lediglich den Artikel 5 der Grundordnung (Konsequenzen bei Loyalitätsverstößen) in den Blick zu nehmen. Auch "katholisch.de" führt hierzu aus:
Dazu kommt ein rauerer Wind, der dem kirchlichen Arbeitsrecht von Seiten der Politik entgegen weht: SPD, Grüne und FDP haben in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, gemeinsam mit den Kirchen zu überprüfen, "inwiefern das kirchliche Arbeitsrecht dem staatlichen Arbeitsrecht angeglichen werden kann". Laut dem arbeitspolitischen Sprecher der Grünen-Fraktion, dem ehemaligen ver.di-Chef Frank Bsirske, gebe es in der Koalition den klaren Willen, das kirchliche Arbeitsrecht einzuschränken – obwohl im Koalitionsvertrag nur ein Prüfauftrag formuliert ist.
(Anmerkung: katholisch.de bezieht sich hierbei auf den Gastbeitrag von Frank Bsirske in unserem Blog).

In einem Kommentar zur aktuellen Entwicklung führt Tilmann Kleinjung (Leiter der Redaktion Religion und Orientierung im Bayerischen Rundfunk - BR) bei "katholisch.de" weiter aus:
Kirchliches Arbeitsrecht: Abschied von der Zwei-Klassen-Gesellschaft?

Plötzlich ging es in manchen Bistümern schnell: Mitarbeiter müssen keine Konsequenzen wegen ihrer Partnerwahl fürchten. Tilmann Kleinjung hofft, dass das bald überall so ist – und blickt auch auf ein anderes Spezifikum des kirchlichen Arbeitsrechts.


...
Es droht eine Zwei-Klassen-Gesellschaft für kirchliche Mitarbeiter. Aber die deutschen Bischöfe haben ja die Chance das zu verhindern, etwa bei ihrer nächsten Konferenz, in zwei Wochen in Vierzehnheiligen im Erzbistum Bamberg.

Dann sollten sie sich noch ein anderes Spezifikum des kirchlichen Arbeitsrechts vornehmen: den sogenannten "dritten Weg". Bei Caritas und Diakonie gibt es keine Tarifverhandlungen, hier werden Löhne in einer paritätisch besetzten Kommission ausgehandelt. Streikrecht haben Mitarbeitende nicht. Das vertrage sich nicht mit dem Ideal einer christlichen "Dienstgemeinschaft", finden beide Kirchen. Doch nachdem die arbeitsrechtliche Kommission der Caritas vor gut einem Jahr einem allgemeinverbindlichen Branchentarif in der Pflege nicht zugestimmt hatte, gab es auch in der Kirche Kritik an dieser Entscheidung und darüber hinaus am "dritten Weg". Wie kann ein kirchliches Unternehmen einem Tarif-Vertrag nicht zustimmen, der die Arbeitsbedingungen aller Pflegekräfte spürbar verbessert hätte? Die Kirche macht sich unglaubwürdig, wenn sie sich als Arbeitgeberin nicht an die Prinzipien hält, die sie selbst propagiert.
(Hervorhebungen durch die Blog-Redaktion)

Dienstag, 22. Februar 2022

Ver.di Rechtsschutz und Loyalitätspflichten: zur Rechtsqualität des >Responsum ad dubium<, mit dem die Kongregation für die Glaubenslehre die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare kategorisch verboten hat.

Heute vor einem Jahr, am 22.02.2021, ist die von Papst Franziskus genehmigte Veröffentlichung des "Responsum ad dubium" erfolgt. Seither fragen sich viele Beteiligte an solchen Segnungsfeiern, ob diese Beteiligung arbeitsrechtliche Konsequenzen haben könnte.
Unabhängig von den Erklärungen einiger Generalvikare und Bischöfe zum Verzicht auf Sanktionen können wir hier auf die Ausführungen von Dr. jur.can. Wolfgang Rothe verweisen:
... Damit Entscheidungen kurialer Behörden und Einrichtungen Rechskraft erlangen, bedürfen sie der päpstlichen Approbation. Dementsprechend konnte man unter Dokumenen dieser Art bis dato immer lesen, der amtierende Papst habe es approbiert und seine Veröffentlichung angeordnet. Beim "Responsium" zur Segnung homosexueller Paare wurde die seit alters her übliche Formel erstmals verändert: Dort steht nicht, dass der Papst das Dokument approbiert hätte, sondern nur, dass er darüber informiert worden sei; auch habe er dessen Veröffentlichung nicht angeordnet, sondern lediglich gutgeheißen.
Über etwas informiert worden zu sein ist nicht dasselbe wie es gutgeheißen zu haben; und etwas gutzuheißen ist nicht dasselbe, wie es anzuordnen. In beiden Fällen ist es weniger. Die amtlichen italienischen und englischen Fassungen des Dokuments geben sogar noch weniger her: Ihnen zufolge habe der Papst die Veröffentlichung nicht gutgeheißen, sondern lediglich zugestimmt. Und damit kann man die Sache drehen und wenden, wie man will: Dem Dokument fehlt eine ausdrückliche Approbation durch den Papst, womit dessen Rechtskraft zumindest fraglich ist. Hat die Glaubenskongregation am Ende vielleicht versucht, den Papst über den tisch zu ziehen? Und hat der Papst das Spiel durchschaut und seinerseits der Glaubenskongregation ein Schnippchen geschlagen?
...
Quelle: Dr. Wolfgang F. Rothe "mißbrauchte Kirche" S. 51

Mit diesen Aussagen sollten arbeitsrechtliche Konsequenzen für die Beteiligten einer solchen Segensfeier nicht zu erwarten sein. Und nachdem die Kirche Waffen gesegnet hat - und Autos und Pferde segnet - sollte die Segnung von Menschen, die in einer kirchlichen Feier erklären, füreinander "da zu sein", auch im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Nr. 2 der Grundordnung kein "Ärgernis verursachen". Mit der kirchenrechtlich klaren Ansage müssen sich gewerkschaftliche Rechtsvertreter auch nicht auf die Ebene der "Moraltheologie" begeben, wenn es zu einem Streit kommen sollte.

Wir sind gespannt, wie die kirchentreuen Arbeitsrechtsjuristen bei der angekündigten Überarbeitung der Grundordnung mit dieser Frage umgehen.

Montag, 21. Februar 2022

Jetzt besteht eine realistische Chance, das kirchliche Arbeitsrecht abzuschaffen. Nutzen wir sie! - Gastbeitrag von Klaus Barthel, Bundesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) in der SPD

Jetzt besteht eine realistische Chance, das kirchliche Arbeitsrecht abzuschaffen. Nutzen wir sie!

Die Sonderrechte der beiden deutschen Kirchen haben jahrhundertelang alle Umwälzungen, Kriege und Katastrophen überdauert. Im Sozialstaat des 21. Jahrhunderts wächst, entsprechend dem gesellschaftlichen Bedarf, der Dienstleistungssektor gerade in der Pflege, Betreuung und Erziehung dynamisch. Leider findet dieses Wachstum in den letzten Jahrzehnten immer mehr unter kommerziellen und wettbewerblichen Rahmenbedingungen statt. Wir drehen uns immer schneller in einem Teufelskreis von Kräftemangel und sich verschlechternden Arbeitsbedingungen.
Das kirchliche Arbeitsrecht prägt diesen Sektor aus historisch längst überholten Gründen mental, materiell und juristisch immer noch. Interessanterweise hat die Rechtsprechung schon vor Jahrzehnten klargestellt, dass es in kircheneigenen Produktionsbetrieben wie Molkereien, Brauereien und Druckereien nichts zu suchen hat. Dort gibt es längst Tarifverträge und Betriebsräte. Die Dienstleistenden davon auszuschließen, erfüllt den Tatbestand einer unhaltbaren Diskriminierung.

Auf Antrag ihrer Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) hat der Bundesparteitag der SPD 2013 den Handlungsbedarf beim kirchlichen Arbeitsrecht klar benannt und begründet. 2021 fanden diese Forderungen endlich Eingang in das „Zukunftsprogramm“ für die Bundestagswahl, und schließlich auch in den Koalitionsvertrag. Letzteres war deshalb möglich, weil erstmals seit langem wieder eine Regierung ohne C-Parteien, die sich in weiten Teilen leider immer noch als Sachwalterinnen amtskirchlicher Auffassungen verstehen, zustande kam. Die Ampel stößt jetzt ein neues Zeitfenster auf. Das muss jetzt genutzt werden.

2021 haben die Kirchen und ihre Wohlfahrtsverbände dem Rest der Republik ihre Machtposition und ihre unveränderte Haltung zum „Dritten Weg“ unmissverständlich vorgeführt: Sie ließen einen unter Führung des Bundesarbeitsministeriums mühsam ausgehandelten Flächentarifvertrag für die Altenpflege platzen. Dieser konnte deshalb nicht für allgemeinverbindlich erklärt werden. Im Ergebnis führt das dazu, dass in diesem Bereich immer noch mit staatlich verordneten Mindestlöhnen operiert werden muss, damit dem Lohn- und Sozialdumping der privaten Betreiber von Einrichtungen und Diensten wenigstens eine absolute Untergrenze gesetzt werden kann. Mit ihrer ablehnenden Haltung zum Flächentarif haben die christlichen Verbände nicht zuletzt ihren eigenen wirtschaftlichen Interessen zugunsten der Ideologie des „Dritten Weges“ geschadet. Mit Recht weisen sie ja darauf hin, dass sie sich selbst oft an tariflichen Regelungen orientieren oder sogar bessere Bedingungen bieten. Sie können eigentlich kein Interesse an den tariffreien Zonen der privaten Konkurrenz haben. Es ging also ums Prinzip.

Diese Prinzipienreiterei schadet nicht „nur“ den Beschäftigten und ihren Arbeitsbedingungen bei den kirchlichen und privaten Anbietern. Immer mehr wird deutlich, dass hier eine der Hauptursachen für den Pflegenotstand und den Arbeitskräftemangel auch im Sozial- und Erziehungswesen liegt: die Rechte der betrieblichen Interessenvertretungen sind massiv eingeschränkt, und vor allem liegt der gewerkschaftliche Organisationsgrad sehr niedrig. Das ist aber nicht hauptsächlich als „Schwäche der Gewerkschaften“ zu verdrehen, sondern ergibt sich logisch daraus, dass Gewerkschaften ohne starke Betriebsräte sowie ohne Tarif- und Streikrecht für die Beschäftigten nur einen beschränkten Gebrauchswert besitzen. Rund 1,8 Millionen Pflegende, Erziehende, Hilfskräfte, Rettungsdienstleistende, Hausmeister, Verwaltungs- und Reinigungspersonal usw. bei kirchlichen Trägern, und damit mehr als ein Drittel der „systemrelevant“ Arbeitenden in den betreffenden Segmenten, sind ArbeitnehmerInnen der Sonderklasse, manche sagen „zweiter Klasse“. Dass dies nicht ohne Folgen für alle bleibt, liegt auf der Hand. Wer hier nicht Handeln will, sollte vom Pflege- und Erziehungsnotstand ganz schweigen.

Es liegt also im unmittelbaren Interesse der Allgemeinheit, außerhalb des unmittelbaren Bereichs der Verkündung das allgemeine Arbeitsrecht anzuwenden. Auch sind der Paragraph 118 Absatz 2 (der im übrigen nicht den allgemeinen Tendenzschutz betrifft) im Betriebsverfassungsgesetz sowie die entsprechenden Regelungen in den Personalvertretungsgesetzen ersatzlos zu streichen. Diese schließen bisher die rechtlich abgesicherte und einklagbare Anwendung der betrieblichen Mitbestimmung bei Religionsgemeinschaften explizit aus.

Bleiben die verfassungsrechtlichen Fragen und die Haltung der Kirchen. „Gemeinsam mit den Kirchen prüfen wir...“ heißt es im Koalitionsvertrag. Das Beste wäre es also, die Kirchen würden von sich aus diesen Weg mitgehen. Es gibt genug Kirchenmitglieder, auch Gruppen und relevante Teilbereiche, selbst Führungskräfte, die das nicht nur akzeptieren, sondern unterstützen. Die Zeiten, in denen ein paar Hände voll Bischöfe und Caritas-Direktoren „die Kirchen“ gegenüber einer demokratisch verfassten Gesellschaft und ihrem Staat vertreten, müssen vorbei sein. Auch die Mitarbeiter-Vertretungen und die tarifmächtigen Gewerkschaften, also auf jeden Fall verdi, müssen mit am Tisch sitzen.

Die Missbrauchsdebatte (die ja auch arbeitsrechtliche Aspekte aufweist), die massenhaften Austritte und Proteste zeigen die Vertrauenskrise drastisch auf. Die Kirchen sollten die Zeichen der Zeit erkennen und die Überdehnung ihres Machtbereichs begradigen. Dem echten Glauben würde das sicher nicht schaden. Anderenfalls wird der politische Druck für ein verfassungskonformes Handeln durch den Gesetzgeber wachsen. Hier sind die Spielräume längst nicht ausgeschöpft. Gemeinsam ginge es aber schneller und besser.

Samstag, 19. Februar 2022

Samstagsnotizen: Wie weiter mit unserer Kirche (7)

mit einer kleinen Pause blicken wir wieder auf ein Thema, das uns wohl noch einige Zeit beschäftigen wird. Unsere Kirche befinde sich wohl in der Zerreißprobe zwischen Beharrungskräften und Reformeifer.

Redakteur Jens Joest von "Kirche und Leben" bestätigt die Dringlichkeit einer Reform des kirchlichen Arbeitsrechts
"weil Nichtstun viele Menschen vorsätzlich verletzen würde"
(Quelle: Kirche und leben online).
Inzwischen haben auch Limburg (Quelle) und Trier (Quelle) offiziell erklärt, keine Konsequenzen wegen der persönlichen sexuellen Orientierung der MitarbeiterInnen vornehmem zu wollen.
Leider dreht sich die wesentliche innerkirchliche Diskussion (immer noch) "nur" um die bis in die intime persönliche Lebensführung reichenden Loyalitätspflichten, die ohnehin nicht mehr gerichtsfest sind. Seit wann ist das Schlafzimmer der MitarbeiterInnen von kirchlichen Einrichtungen auch eine kircheninterne "eigene" Angelegenheit, das der "Selbstordnung" (wo stehen die Betten) und "Selbstverwaltung" (welche Farbe hat das Laken) der Kirche unterliegt?
Bemerkenswert am Rande - die Loyalitätspflichten bewegen sich um die ganz persönliche intime Frage der Sexualität. Anscheinend ist dieses sehr persönliche Thema einen ganzen moralisierenden Wertekanon bis hin zur Kündigungsdrohung ("Wiederverheiratet", "Lebenspartnerschaft") Wert gewesen. Andere - z.T. sehr verwerfliche - Handlungen wie etwa die Zahlung ungerechter Löhne oder die Hinterziehung von Sozialabgaben und Steuern sowie überhöhte Ausgaben und Verschwendung (7. Gebot - Katechismus 2409, 2436) bis hin zu Totschlag und Mord (5. Gebot) sind dagegen ohne jede arbeitsrechtliche Sanktionsvorgaben. Ist das so, weil die Verstöße gegen das 7. Gebot besonders vom "Führungspersonal" begangen werden könnten?

Freitag, 18. Februar 2022

DGB-Entwurf Beschäftigtendatenschutzgesetz – auch für Kirchen !

Die Gewerkschaften fordern schon länger ein eigenes Beschäftigtendatenschutzgesetz. Das ist bisher am Desinteresse der alten Regierungskoalition gescheitert. Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat nun die Sache in die eigenen Hände genommen und einen
Entwurf für ein eigenständiges Beschäftigtendatenschutzgesetz
vorgelegt.
Der Gesetzentwurf wurde von dem Datenschutzexperten Prof. Dr. Peter Wedde gemeinsam mit dem DGB und seinen Mitgliedsgewerkschaften erarbeitet.
(Quelle: Mitteilung des DGB mit Link zum Gesetzesvorschlag
)

Schon der 21. DGB-Bundeskongress hatte im Mai 2018 beschlossen, dass eine "Kirchenklausel" (Ausnahme der Kirchen vom Beschäftigtendatenschutzgesetz) nicht mehr akzeptiert werden wird (wir berichteten aktuell).
Erklärtes Ziel des DGB ist es, auch die kirchlichen Beschäftigten zu erfassen.

Beim Datenschutz begeben sich die Kirchen genauso irrwitzig über den Rand des verfassungsrechtlich zulässigen wie beim kirchlichen Arbeitsrecht und den Loyalitätsverpflichtungen darin. Und Gewerkschaftsmitglieder haben im Konfliktfall einen Rechtsanspruch auf arbeitsgerichtlichen Rechtsschutz durch ihre Gewerkschaft. Daher kann uns diese Überschreitung der zugestandenen Kompetenz zur Selbstordnung und Selbstverwaltung der eigenen (kircheninternen) Angelegenheiten genauso wenig egal sein wie die Anforderungen an Loyalitätspflichten, die weit in den persönlichen Bereich der Betroffenen eingreifen.
Es gibt auch keinen nachvollziehbaren Grund, weshalb die Anwendung der Datenschutzvorschriften, die für AWO, DRK und andere Wohlfahrtsverbände gelten, für kirchliche Wohlfahrtsverbände eine besondere Belastung sein sollen. Und es gibt keinerlei verfassungsrechtliche Grundlage für ein eigenständiges kirchliches Datenschutzrecht. Denn es sind die Daten der Beschäftigten (die vielfach nicht einmal der betreffenden Kirche angehören), die von den kirchlichen Einrichtungen nur bearbeitet werden. Es handelt sich mithin keinesfalls um kircheneigene, interne Angelegenheiten wie etwa das kirchliche Sakramentenrecht.
Wir haben daher dem kirchlichen Datenschutz eine Reihe von Beiträgen gewidmet (Auswahl),

Donnerstag, 17. Februar 2022

Juristen basteln an neuem Arbeitsrecht für die Katholische Kirche

Gestern haben wir noch darauf hingewiesen:
da sitzen also ein paar "besonders katholische" Juristen zusammen, und haben dann nichts anderes zu tun, als zusammen (in einem Atemzug) mit dem Verbot der "perversen Sexualität" auch noch ein Kooperationsverbot mit Gewerkschaften in den Entwurf der Grundordnung zu schreiben - was schon damals völlig konträr zum päpstlichen Lehramt stand. Und die Bischöfe wissen nichts besseres, als das alles in einem Kirchengesetz für ganz Deutschland in Kraft zu setzen.
Heute geben wir nun bekannt (trara):
"In wesentlich veränderter Form"
Der Jurist Hermann Reichold geht davon aus, dass das Arbeitsrecht der katholischen Kirche bis zum Sommer überarbeitet wird. Die entscheidenden Passagen der sogenannten Grundordnung würden dann der Bischofskonferenz vorlegt.
(Quelle)
Und wir müssen befürchten, dass sich die ganze Änderung wieder nur auf das bezieht, was ohnehin niemand - und auch keinem Gericht - mehr verständlich zu machen ist: auf die persönliche Lebensführung der Beschäftigten und darauf, wen diese lieben und schätzen dürfen.
Darf man fragen, ob und wie da künftig auch die katholische Soziallehre berücksichtigt wird? Man kann schließlich den größten Unsinn juristisch einwandfrei formulieren ...

Entlarvt der neue Pflegemindestlohn die Caritas-Vergütungen ? Oder: Steigender Pflegemindestlohn löst Grundproblem in der Altenpflege nicht (3)

 Wir machen nun im Süden weiter:


Baden-Württemberg:
Ungelerne Pflegehelfer (Engeltgruppe P 4):
Amtliche Lohntabelle:
Grundvergütung von 16,93 Euro je Stunde. Zuzüglich Zuschläge von 19,78 Prozent für Nachtarbeit, 25,95 Prozent für Sonntagsarbeit und 60,28 Prozent für Feiertagsarbeit
Erzbistum Freiburg - Region Baden-Württemberg) - durchschnittlich 156 Arbeitsstunden **) monatlich:
Grundentgelt Stufe 1: 2.478,74 € entsprechend 15,99 Euro je Stunde zuzüglich 120,00 Euro mtl. Pflegezulage = 0,77 €/Std.;
Entwicklungsstufe 6: 2.674,91 € entsprechend 17,17 Euro je Stunde zuzüglich 120,00 Euro mtl. Pflegezulage = 0,77 €/Std.;
Zuschlag 15 % für Nachtarbeit, 25 v.H. für Sonntagsarbeit und 35 Prozent für Feiertagsarbeit (§ 6 Anl. 32 AVR Caritas)

Fachkräfte mit dreijähriger Ausbildung (Engeltgruppe P 7):
Amtliche Lohntabelle:
Grundvergütung 23,24 Euro je Stunde zuzüglich Zuschlage w.o.a.
Erzbistum Freiburg (Region Baden-Württemberg) - durchschnittlich 156 Arbeitsstunden **) monatlich:
Grundentgelt Stufe 2: 3.003,43 € entsprechend 19,25 Euro je Stunde zuzüglich 120,00 Euro mtl. Pflegezulage = 0,77 €/Std.;
Entwicklungsstufe 6: 3.725,19 € entsprechend 23,88 Euro je Stunde zuzüglich 120,00 Euro mtl. Pflegezulage = 0,77 €/Std.;
Zuschlag 15 % für Nachtarbeit, 25 v.H. für Sonntagsarbeit und 35 Prozent für Feiertagsarbeit (§ 6 Anl. 32 AVR Caritas)


*)
Üblicherweise meint, dass es auch Abweichungen gibt, die sowohl in die eine wie auch in die andere Richtung gehen können. 

**)
Die 4 Wochen/Monat stimmen nur bei einem Monat mit 28 Tagen. Tatsächlich sind die meisten Monate 30 oder 31 Tage lang, was dann auch mehr Wochenarbeitstage ergibt, weil der Monat eigentlich 4,348 Wochen hat und sich daher eigentlich 169 Stunden ergeben.
Mit unserer Berechnung runden wir zugunsten der Caritas.


Wir wollen hier die groben Orientierungs-Vergleiche beenden und auf die wesentlichen Ergebnisse bzw. Punkte unseres "Marathons" eingehen:

Mittwoch, 16. Februar 2022

Breaking news: ver.di-Klage gegen Allgemeinverfügung in der Pflege erfolgreich - Arbeitszeit darf nicht angegriffen werden

Bayreuth/München, den 16. Februar 2022

Das Verwaltungsreicht Bayreuth hat der Klage von ver.di Bayern gegen die Allgemeinverfügung der Bezirksregierung Oberfranken zu befristeten Änderungen der gesetzlichen Arbeitszeit für Beschäftigte der kritischen Infrastruktur stattgegeben. Nach dem Gerichtsbeschluss wurde „die aufschiebende Wirkung wiederhergestellt“; die Allgemeinverfügung darf damit ab sofort nicht mehr angewendet werden. „Das ist eine klare Bestätigung unserer Position und befreit die Beschäftigten von willkürlicher Veränderung ihrer Arbeits-, Pausen- und Ruhezeiten“, erklärte die Landesbezirksleiterin von ver.di Bayern, Luise Klemens: „Und die Staatsregierung sollte zukünftig von solchen Vorhaben zur Veränderung der Arbeitszeit grundsätzlich die Finger lassen“, forderte Klemens.

ver.di hatte sich mit der Klage dagegen gewehrt, nach fast zwei Jahren dauernder Belastung in der Pandemie den Beschäftigten eine Arbeitszeitverlängerung zu Lasten der Pausen und Ruhezeiten zuzumuten. „Längere tägliche Arbeitszeiten schaffen keine einzige dringend benötigte zusätzliche Pflegekraft, sondern im Gegenteil drohen in Kliniken und Pflegeheimen mehr Krankheitsausfälle durch die zusätzliche Belastung“, so Klemens.

ver.di Bayern fordert nun die anderen Regierungsbezirke, die auf Anregung und mit einer Blaupause der Staatsregierung gleichlautende Allgemeinverfügungen erlassen hatten, dazu auf, ihre Erlasse umgehend zurückzunehmen.
Quelle: Pressemeldung ver.di Bayern

Caritas kritisiert deutsches katholisches Arbeitsrecht: "Das widerspricht der katholischen Kirche"

Mit einem bemerkenswerten Interview hat sich Bruno Schrage (Referent für Caritaspastoral und Grundsatzfragen der Caritas Köln) im Domradio zu Wort gemeldet:
Ich glaube, wir müssen das einfach kurz einordnen. Wir bewegen uns hier ja wirklich auf einem absoluten deutschen Sonderweg. Das ist eine ganz junge Rechtsmaterie. 1983 gibt es die Erklärung der deutschen Bischöfe. Und das Bundesverfassungsgericht reagiert dann auf diese Erklärung der deutschen Bischöfe und sagt: Das müsst ihr schon ein bisschen konkreter machen. 1993 kommt die Grundordnung für den kirchlichen Dienst und da tauchen diese Loyalitätsobliegenheiten plötzlich erst auf. Das ist mal gerade 30 Jahre alt. Das ist jetzt nicht eine Grundfeste katholischer dogmatischer Lehre, sondern das ist sozusagen dem Zeitgeist geschuldet. Und man darf sich das in der Tat so vorstellen. Da sitzen also vornehmlich erst mal Juristen, die sich jetzt Gedanken darüber machen: Wie können wir das denn fassen? Und man hat einen zeitgeschichtlichen Kontext der sexuellen Befreiung der 68er, die sich jetzt so richtig durchsetzen.

Ich erinnere mich noch, damals war Christa Meves sozusagen die Beraterin in Ehefragen. Das gute Katholisch-sein macht sich dann natürlich zeitgeschichtlich an einer gewissen Sexualmoral fest. Heute wissen wir natürlich: Geht überhaupt nicht und ist, so sagt der EuGH, auch total diskriminierend, weil wir Menschen unterschiedlicher sexueller Orientierung ausschließen. Und das ist eigentlich zumindest aus der Sicht der Caritas vollkommen grundlos. Das sind tolle Kolleginnen und Kollegen, die wir erleben, die sich richtig reinhängen, die mit einer hohen fachlichen Professionalität die Nächstenliebe auf die Straße bringen, die richtig gebraucht werden und mit denen wir in einem auch wirklich guten Diskurs darüber sind, was Christlichkeit eigentlich ausmacht.
...
Quelle und mehr: Domradio (Köln)

da sitzen also ein paar "besonders katholische" Juristen zusammen, und haben dann nichts anderes zu tun, als zusammen (in einem Atemzug) mit dem Verbot der "perversen Sexualität" auch noch ein Kooperationsverbot mit Gewerkschaften in den Entwurf der Grundordnung zu schreiben - was schon damals völlig konträr zum päpstlichen Lehramt stand. Und die Bischöfe wissen nichts besseres, als das alles in einem Kirchengesetz für ganz Deutschland in Kraft zu setzen.

Edit:
Gott sei Dank gibt es auch noch normale Menschen in unserer Kirche, die die "frohe Botschaft" und Liebe von und zu Mitmenschen als ganz individuelles, persönliches Geschenk Gottes und nicht als Zwang begreifen.

Mit vielen lesenswerten Beiträgen - u.a. von Andreas Sturm, Generalvikar und Heinrich Timmerevers, Diözesanbischof ...

Heute Abend 20:15 Uhr im BR "jetzt red i" aus München - Umkehr oder Abkehr: Wer braucht noch die Kirche?

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Die katholische Kirche in Deutschland steckt in einer tiefen Krise, der Reform-Druck wächst. Kann die Institution Kirche das Ruder noch herumreißen? Wie wichtig ist sie überhaupt für unser Zusammenleben?

Quelle: "jetzt red i" aus München: Umkehr oder Abkehr: Wer braucht noch die Kirche? | jetzt red i | BR Fernsehen | Fernsehen | BR.de

Diskutieren Sie mit!

Gelingt der katholischen Kirche die Erneuerung? Wie kann Kirche der Zukunft aussehen? Wie wichtig ist sie für unser Zusammenleben? Umkehr oder Abkehr: Wer braucht noch die Kirche?

Über diese und andere Fragen diskutieren bei „jetzt red i“ Bürgerinnen und Bürger live u.a. mit Erzbischof Ludwig Schick, Erzbistum Bamberg. 

Sie können sich jederzeit online an der Diskussion beteiligen: Schreiben Sie uns Ihre Meinung als Kommentar hier auf unserer Homepage oder als E-Mail an jetztredi@br.de. Oder diskutieren Sie mit in den sozialen Medien. Immer her mit Ihren Kommentaren, Fragen, Wünschen und Beschwerden!

Entlarvt der neue Pflegemindestlohn die Caritas-Vergütungen ? Oder: Steigender Pflegemindestlohn löst Grundproblem in der Altenpflege nicht (2)

unserem gestrigen Blogbeitrag wollen wir heute einen weiteren Bericht nachsenden. 
Wir beziehen nun auch den Blogbeitrag vom 8. Februar 2022 von Stefan Sell mit ein. 
Unter der Überschrift:
Noch nicht einmal jede dritte Pflegeeinrichtung mit irgendeiner „Tarifbindung“. Erste Zahlen aus einer weitgehend tariflosen Zone – und harte Euro-Beträge einer „Lohnbindung durch die Hintertür“ ab dem Herbst 2022
(Quelle)
schreibt Sell:
Mit der bundesweiten Veröffentlichung von Daten zur tariflichen Bezahlung in der Langzeitpflege liefern die Landesverbände der Pflegekassen erstmals einen detaillierten Überblick über das Ausmaß der Tarifbindung von Pflegeeinrichtungen in Deutschland. Das berichtet der AOK-Bundesverband und verweist auf die Veröffentlichung der Tarifübersicht durch die Landesverbände der Pflegekassen.
...
in dieser Tarifübersicht sind nun auch Fragen geklärt, die wir aus dem gestern zitierten Bericht der FAZ noch offen lassen mussten, als da sind die Länderindividuellen Tarif-Informationen und die Frage, wie das regional übliche Entgeltniveau berechnet wird. Wir zitieren nun nochmals Prof. Sell:
„Gemeinsam mit den Tarifpartnern wollen wir dafür sorgen, dass Tarifverträge in der Altenpflege flächendeckend zur Anwendung kommen.“ So hieß es damals im Koalitionsvertrag, dafür wolle man die gesetzlichen Voraussetzungen schaffen.

Aufgrund der komplizierten Rahmenbedingungen, darunter vor allem der Stellenwert der kirchlich gebundenen Pflegeeinrichtungen und dem Beharren der Kirchen auf ihre Sonderrechte im Arbeitsrecht, war und ist das ein schwieriges Unterfangen. Der damalige (und heutige) Bundesarbeitsminister wollte dennoch den holprigen Weg hin zu einem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag in der Alten- bzw. Langzeitpflege gehen – und viele werden sich mit Blick auf das vergangene Jahr daran erinnern, dass dieses Vorhaben dann krachend gescheitert ist. Nicht am erwartbaren Widerstand der privatgewerblichen Träger von Pflegeheimen, die vehement Front gemacht haben gegen das Ansinnen einer flächendeckenden Tarifbindung der Branche, sondern am Veto der Caritas (dazu ausführlich der Beitrag "Was für ein unheiliges Desaster: Die katholische Caritas blockiert den Weg zu einem allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag für die Altenpflege, die Verbände der privatgewerblichen Arbeitgeber freuen sich und die Pflegekräfte ganz unten bleiben unten" vom 7. März 2021).
und
Bis zum 31. August 2022 sind alle Versorgungsverträge, die mit Pflegeeinrichtungen vor dem 1. September 2022 abgeschlossen wurden, an die oben beschriebenen gesetzlichen Vorgaben anzupassen. Daraus resultiert für alle Pflegeeinrichtungen, dass sie spätestens bis zum 28. Februar 2022 mitteilen müssen, an welchen Tarifvertrag oder an welche kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sie gebunden oder welcher Tarifvertrag oder welche kirchenarbeitsrechtliche Regelung für die Zahlung der Entlohnung für sie maßgebend sind.

Interessant und besonders relevant angesichts ihrer Größenordnung sind nun vor allem die nicht tarifgebundenen Pflegeeinrichtungen, die nach den neuen gesetzlichen Bestimmungen, wenn sie denn weiterhin irgendeine der zulässigen Tarifbindungen scheuen, diese Auflage bekommen: Alle Pflegeeinrichtungen, die noch nicht nach Tarif bezahlen, sind verpflichtet, ihren Beschäftigen ab 1. September 2022 ebenfalls Löhne auf Basis mindestens eines im jeweiligen Bundesland angewandten Tarifvertrages zu zahlen. Alternativ können sie sich bei der Bezahlung ihrer Beschäftigten an der in der Erhebung ermittelten durchschnittlichen Entlohnung für die jeweiligen Beschäftigtengruppen in ihrem Bundesland („regional übliches Entgeltniveau“) orientieren. Genau das haben die Landesverbände der Pflegekassen nun ermittelt.

Dienstag, 15. Februar 2022

Keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen für "queere" Beschäftigte aufgrund der persönlichen Lebensführung

 nach einigen anderen Bistümern (wir berichteten) haben das nun Generalvikare gefordert (Quelle) und sowohl die Bistümer Aachen (Quelle) und Osnarbrück (Quelle) wie wohl auch der Passauer Bischof Stefan Oster (Quelle) angekündigt.

Damit wird es in anderen Bistümern  immer unhaltbarer, vor den Arbeitsgerichten entsprechende Konsequenzen zu vertreten. 

Der umfassendste Teil der Grundordnung scheint damit ausgesetzt und obsolet zu sein. Wie die entsprechenden Regelungen nun tatsächlich neu gefasst werden kann vielleicht schon die im März vorgesehene Frühjahrskonferenz der deutschen Bischöfe zeigen.

Wir möchten hierzu unser "ceterum censeo" wiederholen, dass die katholische Kirche nicht nur eine deutsche Kirche ist - und daher die gesamte Grundordnung und weitere arbeitsrechtliche Normen im Hinblick auf die eigene Soziallehre wie auch auf die Akzeptanz europäischer Normen in anderen Ländern Europas geprüft werden müssen.


  

Entlarvt der neue Pflegemindestlohn die Caritas-Vergütungen ? Oder: Steigender Pflegemindestlohn löst Grundproblem in der Altenpflege nicht (1)

Wie bekannt ist es wegen der Caritas nicht gelungen, den damals geplanten Tarifvertrag mit dem BVAB für allgemeingültig erklären zu lassen. In der Folge gibt es aktuell wohl drei Instrumente, mit denen nun politische auf die Vergütung in der Pflege Einfluß genommen wird:
1. den Pflegemindestlohn,
2. das „Pflegelöhneverbesserungsgesetz“ und
3. das Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz, das Verträge mit den Pflegekassen ab September 2022 davon abhängig macht, dass entweder ein seriöser Tarifvertrag Anwendung findet oder auf ihn Bezug direkt oder indirekt Bezug genommen wird.
Altenheime und Pflegedienste stehen vor einer verwirrenden Flut neuer Lohnregeln – die nicht immer gut zusammenpassen.

 meint dazu die FAZ am 8. Februar d.Jahres

Steigender Pflegemindestlohn löst Grundproblem in der Altenpflege nicht - berichtet ver.di und führt unter anderem aus:
Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) sieht das Grundproblem in der Altenpflege auch durch die jetzt von der Pflegekommission empfohlenen beachtlichen Steigerungen des Pflegemindestlohnes nicht gelöst. “ver.di arbeitet in der Pflegemindestlohnkommission mit, um für die Beschäftigten so viel wie möglich raus zu holen. Die jetzt empfohlenen Steigerungen sind auch nicht gering, aber über einen Mindestlohn sind die Personalprobleme in der Altenpflege nicht zu lösen“, sagte Sylvia Bühler, Mitglied im ver.di-Bundesvorstand. Weder mache dieses Lohnniveau den Pflegeberuf attraktiv, noch werde dadurch das Abwandern von Pflegefachpersonen ins Krankenhaus gestoppt. „Der Mindestlohn sorgt ausschließlich dafür, eine jahrelang praktizierte Ausbeutung vieler Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern vor allem bei kommerziellen Pflegekonzernen zu verhindern.“

Im Einzelnen sieht die Empfehlung der Pflegekommission folgende Regelungen vor: Für Pflegefachkräfte erhöht sich der Pflegemindestlohn von derzeit 15,00 Euro auf 17,10 Euro ab 1. September dieses Jahres, ab 1. Mai 2023 steigt er auf 17,65 Euro und ab 1. Dezember 2023 auf 18,25 Euro; das bedeutet bei einer 40-Stunden-Woche ein Grundentgelt von 3.174 Euro monatlich. Für Pflegekräfte mit ein- bzw. zweijähriger Ausbildung steigt der Mindestlohn von derzeit 12,50 Euro auf 14,60 Euro ab 1. September 2022 sowie auf 14,90 Euro ab 1. Mai 2023 und auf 15,25 Euro ab 1. Dezember 2023; damit kommen dann Beschäftigte bei einer 40-Stunden-Woche auf ein Monatsgrundentgelt von 2.652 Euro. Für Pflegekräfte ohne Ausbildung wird der Mindestlohn von derzeit 12,00 Euro auf 13,70 Euro ab 1. September 2022 angehoben, ab 1. Mai 2023 auf 13,90 Euro und ab 1. Dezember 2023 auf 14,15 Euro; das entspricht bei einer 40-Stunden-Woche einem Monatsgrundentgelt von rund 2.461 Euro. Zudem erhöht sich der Urlaubsanspruch für Pflegekräfte von derzeit 26 Tagen pro Jahr auf 27 Tage im Jahr 2022 und 29 Tage ab 2023 bei einer Fünftagewoche.

Trotz der Verbesserungen bleibt die Pflegekommission hinter den Regelungen des zwischen ver.di und dem Arbeitgeberverband BVAP ausgehandelten Tarifvertrags Altenpflege zurück, dessen Erstreckung auf die gesamte Pflegebranche vor fast genau vor einem Jahr von den Arbeitsrechtlichen Kommissionen von Caritas und Diakonie abgelehnt wurde. Bühler: „Damals wurde auch behauptet, der Tarifvertrag sei zu schlecht. Aber was jetzt auf dem Tisch liegt, zeigt, dass der Weg über den Tarifvertrag der bessere ist.“
...
Quelle: Pressemitteilung vom 08.02.2022 während die Mitarbeiterseite der AK Caritas die neuen Regelungen in einem Tweet und auf der eigenen hp im Internet begrüßt.

Am gleichen Tag hatte die FAZ einen Artikel zum Mindestlohn für Pflegehelfer online gestellt. Dort wird u.a. ausgeführt:
Eine neue amtliche Lohntabelle hat es in sich: Vermeintlich misst sie nur die „regional üblichen“ Löhne - aber faktisch sind das von September an die neuen Mindestlöhne für Pflegekräfte.
Wer als Altenpflegekraft in Schleswig-Holstein arbeitet, zählt mit einiger Wahrscheinlichkeit zu den bundesweiten Spitzenverdienern der Branche: Selbst Pflegehelfer ohne Ausbildung erhalten dort üblicherweise *) schon eine Grundvergütung von 17,75 Euro je Stunde. Zuschläge von rund 20 Prozent für Nachtarbeit, 30 Prozent für Sonntagsarbeit und 64 Prozent für Feiertagsarbeit kommen hinzu. Und Pflegefachkräfte mit dreijähriger Ausbildung erreichen im nördlichsten Bundesland sogar 23,89 Euro plus Zuschläge.
So weist es eine am Montag veröffentlichte Übersicht der Pflegekassen aus – die aber weit mehr ist als eine Datensammlung: Die dort aufgelisteten regionalen Entgeltniveaus und Zuschläge für alle Bundesländer sollen von September an wie gesetzlich verankerte Mindestlöhne wirken. Basis dafür ist das kurz vor der Bundestagswahl beschlossene Pflegelohngesetz der schwarz-roten Koalition. Es schreibt sämtlichen Pflegediensten und -heimen vor, sich von September an entweder an amtlich anerkannte Tarifverträge zu binden – oder an die in der neuen Übersicht aufgeführten „regional üblichen Entgelte“.
...
Quelle: FAZ,
die dann in einem anderen Artikel ausführt:
Knifflig ist ... die Frage, wie der Pflegemindestlohn künftig mit den Vorgaben jener Lohntabelle der Pflegekassen zusammenpasst. Sie beziffert, auf Basis einer Erhebung unter tarifgebundenen Anbietern, für jedes Bundesland sogenannte regional übliche Vergütungen – zum Beispiel 17,75 Euro für Hilfskräfte ohne Ausbildung in Schleswig-Holstein (F.A.Z. vom 8. Februar). Diese müssen die Betriebe von September an zusätzlich als Mindestbedingungen beachten, sofern sie sich nicht direkt an einen anerkannten Tarifvertrag binden. So gibt es das „Pflegelöhneverbesserungsgesetz“ vor.
(so ebenfalls die FAZ vom 08.02.2022)


Interessant wäre nun, die Caritas-Löhne in Vergleich zu setzen.

Montag, 14. Februar 2022

Das kirchliche Arbeitsrecht muss abgeschafft werden - Gastbeitrag von MdB Frank Bsirske, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Es gibt überhaupt keinen Grund, von der Passage zum Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung enttäuscht zu sein. Zwar gibt es derzeit nur einen Prüfauftrag zur Angleichung des kirchlichen an das weltliche Arbeitsrecht. Dieser Prüfauftrag ist jedoch nur ein erster Schritt, der in den kommenden Monaten von uns mit Leben gefüllt wird.

Der Auftrag aus dem Koalitionsvertrag unterstreicht, dass es in der Ampel-Koalition den klaren Willen gibt, Veränderungen herbeizuführen und das kirchliche Arbeitsrecht einzuschränken. Mir wäre es am liebsten, wenn wir es zu einem Relikt der Vergangenheit machen und komplett abschaffen würden. Dass das kirchliche Arbeitsrecht so lange Bestand hatte, hängt damit zusammen, dass den Glaubensgemeinschaften verfassungsrechtlich zugestanden wurde, ihre Angelegenheiten selbst zu ordnen. Dabei wurde der Begriff der eigenen Angelegenheiten ziemlich überdehnt. Für mich enden die eigenen Angelegenheiten dort, wo die Angelegenheiten anderer beginnen bzw. sich überschneiden. Von daher sind es nicht mehr die eigenen Angelegenheiten kirchlicher Wohlfahrtsorganisationen, sondern die gemeinsamen Angelegenheiten von kirchlichen Arbeitgebern und den dort Beschäftigten. Ich finde, außerhalb des verkündungsnahen Bereichs muss daher das allgemeine Arbeitsrecht uneingeschränkt gelten.

Es wird Zeit, dass die über eine Millionen Menschen, die bei Caritas und Diakonie beschäftigt sind, nicht mehr als Arbeitnehmer*innen zweiter Klasse behandelt werden. Auch sie müssen das Recht haben, Betriebsräte zu gründen, Tarifverträge in einem ordentlichen Verfahren abzuschließen und für ihre Belange streiken zu dürfen.

Am dringlichsten ist es, die derzeit geltenden Diskriminierungen im individuellen Arbeitsrecht zu beseitigen. Diese Einschränkungen betreffen in erster Linie die Caritas, die sich noch immer damit schwer tut, Wiederverheiratete und nicht-heterosexuelle Menschen zu beschäftigen. Das ist absolut hinterwäldlerisch und hängt mit der verstaubten katholischen Sexualmoral aus dem vorletzten Jahrhundert zusammen.

Mir wäre es lieber, wenn die katholische Kirche von sich aus Veränderungen umsetzen würde. Dazu gehören die uneingeschränkte Gültigkeit des kollektiven und des individuellen Arbeitsrechts. Wiederverheiratete und queere Menschen müssen endlich auch bei der Caritas diskriminierungsfrei arbeiten könnten. Wenn die katholische Wohlfahrtsorganisation nicht von sich aus handelt, muss der Staat tätig werden.
der ehemalige ver.di Vorsitzende ist zum arbeits- und sozialpolitischen Sprecher seiner Fraktion gewählt worden und hat den Koalitionsvertrag zum Thema Arbeit mitverhandelt

Samstag, 12. Februar 2022

Samstagsnotizen: Wie weiter mit unserer Kirche (7) Synodaler Weg - zum Ende der letzten Vollversammlung

Der "Synodale Weg" hat angesichts des Mißbrauch-Skandals der Kirche und des "Outings" kirchlicher Mitarbeiter viel Aufmerksamkeit gefunden und auch wieder das "kirchliche Arbeitsrecht" in den Blck gerückt. So wird inzwischen Prof.em. Renate Oxenknecht-Witzsch mehrfach mit der Aussage zitiert:
Um die Diskriminierung von Homosexuellen in der katholischen Kirche zu beenden, müssten die Bischöfe "jetzt den Kampf mit Rom aufnehmen", fordert die Juristin Renate Oxenknecht-Witzsch.
Quelle 1: Domradio
Quelle 2: katholisch.de

Leider wird auch dort wieder argumentiert:
"Die katholische und evangelische Kirche haben eine verfassungsrechtliche Sonderstellung, die ihre Grundlage in der Religionsfreiheit hat. Auch wenn die Artikel im Grundgesetz geändert würden, bleibt ein Selbstbestimmungsrecht der Kirche, auch in Bezug auf die arbeitsrechtlichen Fragen. Entscheidend wäre dann die Frage, wie weit dieser Bereich geht, ob Kindertagesstätten der Pfarrgemeinden oder Sozialdienste der Caritas auch dazu gehören. Derzeit gehen wir davon aus, dass sie dazugehören."
Die Frage, wie weit das von der Kirche beanspruchte Sonderarbeitsrecht reicht, ist diskussionswürdig. So wurde ja schon von Parteien der "Ampelkoalition" überlegt, ob denn für die liturgischen und seelsorgerlichen Dienste ein kirchliches Sonderrecht erforderlich sei.
Nun - dass das Verhältnis der Diakone und Priester zu ihrem Bischof, der Ordensmitglieder zu ihren Oberen auch kirchenrechtlich etwas besonderes ist, wird wohl niemand ernsthaft bestreiten. Dass hier ein besonderes Treueverhältnis vorliegt, das viel mehr dem Beamtenrecht entspricht als dem normalen Arbeitsvertragsrecht, ist sicher auch unstrittig.
Gilt dieses besondere Verhältnis aber auch in den Bereichen, in denen sich die Kirchen des normalen Arbeitsvertrages bedienen, um normale Arbeitsvertragsverhältniss zu begründen?
Die Verfassungsgarantie des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts gewährleistet den Kirchen, darüber zu befinden, welche Dienste es in ihren Einrichtungen geben soll und in welchen Rechtsformen sie wahrzunehmen sind. Die Kirchen können sich dabei auch der Privatautonomie bedienen, um ein Arbeitsverhältnis zu begründen und zu regeln. Auf dieses findet das staatliche Arbeitsrecht Anwendung; hierbei bleibt das kirchliche Selbstbestimmungsrecht wesentlich.
... hat das Bundesverfassungsgericht 1985 entschieden (Beschluß des Zweiten Senats vom 4. Juni 1985, -- 2 BvR 1703, 1718/83 und 856/84 --)
Hier ist also der ominöse Begriff der "Selbstbestimmung" verankert. Aber der steht so weder in der Verfassung noch in den maßgeblichen Konkordatsverträgen. Und eine rechtskonforme Gesetzesinterpretation nimmt nun - sowohl nach den weltlichen wie auch nach den kirchenrechtlichen Interpretationsvorschriten - immer den Wortlaut des Gesetzes zum Ausgangspunkt der "Gesetzesauslegung". Ein Blick in's Gesetz erleichtert also die Rechtsfindung. Und dort ist eindeutig geregelt:
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Art 140

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.
Art. 137 WRV
....
(3) Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde. ....
sowie (beispielhaft):
ARTIKEL 1 Reichskonkordat

Das Deutsche Reich ...

... anerkennt das Recht der katholischen Kirche, innerhalb der Grenzen des für alle geltenden Gesetzes, ihre Angelegenheiten selbständig zu ordnen und zu verwalten und im Rahmen ihrer Zuständigkeit für ihre Mitglieder bindende Gesetze und Anordnungen zu erlassen.

Freitag, 11. Februar 2022

Breaking news - Einrichtungsbezogene Impfpflicht: Erfolgloser Eilantrag

Einrichtungsbezogene Impfpflicht: Erfolgloser Eilantrag

Das Bundesverfassungsgericht hat heute folgende Senatsentscheidung ohne mündliche Verhandlung veröffentlicht:

Pressemitteilung Nr. 12/2022 vom 11. Februar 2022

Beschluss vom 10. Februar 2022 1 BvR 2649/21

Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, mit dem die Beschwerdeführenden begehrten, den Vollzug von § 20a und § 73 Abs. 1a Nr. 7e bis 7h Infektionsschutzgesetz (IfSG) („einrichtungs- und unternehmensbezogene Nachweispflicht“) vorläufig auszusetzen


weitere Quellen:
Tagesschau - Bundesverfassungsgericht: Eilantrag gegen Pflege-Impfpflicht scheitert | tagesschau.de

Über die Gerichtsbarkeit in der katholischen Kirche

 

"Die Gerichte in der Kirche funktionieren seit dem Mittelalter." 
wird Erzbischof Vincenzo Paglia im Domradio zitiert. Der Erzbischof ist Präsident der Päpstlichen Akademie für das Leben und spricht sich in seinem Beitrag gegen eine unabhängige Kommission zur Untersuchung von Missbrauch in Italiens Kirche aus.
Die Tagesschau hatte der eigenen kirchlichen Gerichtsbarkeit einige Tage vorher eine Erklärung gewidmet:
Neben dem "weltlichen" Strafrecht hat die katholische Kirche ihr eigenes Strafrecht im "Codex iuris canonici". Dort ist auch der sexuelle Missbrauch geregelt. Allerdings kann die Kirche ihr eigenes Strafrecht nur ergänzend zur Bestrafung heranziehen. Martin Rehak, Professor für Kirchenrecht an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, weist darauf hin, "dass die kirchlichen Gerichte nicht zu einer 'Paralleljustiz' führen, durch die etwa Priester oder kirchlich Beschäftigte der Strafverfolgung durch die staatliche Gerichtsbarkeit entzogen werden. Die kirchlichen Gerichte dienen allein der innerkirchlichen Durchsetzung der eigenen Rechtsordnung."

Wir möchten hier auf einige Aspekte der innerkirchlichen Gerichtsbarkeit eingehen, die uns für das Verständnis wichtig erscheinen:

Donnerstag, 10. Februar 2022

Sozial- und Erziehungsberufe - Werde Tarifbotschafter*in

 Am 25.Februar 2022 starten die Verhandlungen für den Sozial - und Erziehungsdienst

Sei als Tarifbotschafter*in (wir verwenden auch den Begriff Teamdelegiert*r) dabei !

Werde Tarifbotschafter*in

Du bist in einer Kita, im Ganztag, der Sozialarbeit oder in der Behindertenhilfe beschäftigt? Du willst bessere Arbeitsbedingungen, weil du unter den jetzigen Bedingungen leidest? Du bist bereit, dafür einzustehen und aktiv zu werden in der Tarifrunde Sozial- und Erziehungsdienst 2022? Du willst gemeinsam mit Deinen Kolleg*innen und ver.di weitere Kolleg*innen gewinnen, um zusammen eure Interessen durchzusetzen? Dann bist Du hier richtig: Werde Tarifbotschafter*in!

Was sind und was machen Tarifbotschafter*innen?
Tarifbotschafter*innen können sowohl erfahrene Gewerkschafter*innen sein, als auch Kolleg*innen, die bereit sind, mehr Verantwortung für ihre künftigen Arbeitsbedingungen und die ihrer Kolleg*innen zu übernehmen. Sie sind in der Tarifrunde Ansprechpartner*innen für die Kolleg*innen in ihrem Betrieb und sie sind Botschafter*innen zwischen den Kolleg*innen im Betrieb und ver.di. Sie informieren ihre Kolleg*innen über aktuelle Entwicklungen in der Tarifrunde. Sie haben den direkten Draht in die Betriebe und können die Verhandlungen mit Berichten über die Stimmung vor Ort unterstützen.


Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir schließen uns dem Aufruf an - denn auch die kirchlichen KiTAs profitieren vom Ergebnis der Tarifauseinandersetzung im öffentlichen Dienst. Zumindest in den Pfarr-KiTAs der katholischen Kirche in Bayern (ABD-Anwender) ist sogar eine Vergütungsautomatik zugesagt.

Daher besteht ein unmittelbares Interesse der MitarbeiterInnen der katholischen Kindertagesstätten am guten Ergebnis der Verhandlungen im öffentlichen Dienst.

Mittwoch, 9. Februar 2022

Personalnot und Pandemie - Kitas vor dem Kollaps?

berichtet die Tagesschau und meldet dazu:
Bis zu 230.000 Erzieherinnen und Erzieher könnten laut Städtetag in den nächsten Jahren in Deutschlands Kitas fehlen. Der Mangel ist jetzt schon akut. Die Corona-Krise verschärft die Situation.

Die kleinen Stühle stehen umgekehrt auf den Tischen, das Spielzeug liegt in den Kisten, die Kuscheltiere blicken aufgereiht im Regal auf das leere Zimmer. Im evangelischen Kindergarten St. Markus in Regensburg herrscht Ordnung statt Chaos. Pfarrer Moritz Drucker ist von dem Bild aber wenig begeistert. "Es ist schon traurig. Da, wo Kinder toben würden, ist jetzt nichts."
...

Laut Deutschem Städtetag werden in den kommenden Jahren rund 230.000 Erzieherinnen und Erzieher in Krippen, Kindergärten und Horten fehlen. Gerade in den Städten und ihrem Umland sei die Lage sehr angespannt, sagt Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy. "Schon jetzt suchen Städte händeringend nach Erzieherinnen und Sozialpädagogen."
...
Stand: 08.02.2022 14:28 Uhr

Aufwerten und Entlasten auch bei der Caritas und Kirche

Aufwerten und Entlasten - Auch bei der Caritas

Die Bewegung für die Aufwertung des Sozial- und Erziehungsdienstes geht in eine neue Runde. Die ver.di-Bundestarifkommission für den öffentlichen Dienst hat die Regelungen zum Gesundheitsschutz und die Tätigkeitsmerkmale für Beschäftigte in Kitas, in der Behindertenhilfe und anderen Bereichen der Sozialen Arbeit zum Jahresende 2021 gekündigt. Am 25. Februar beginnen die Verhandlungen mit der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA). Warum das auch für euch als Beschäftigte der Caritas wichtig ist? Weil alle zusammen mehr erreichen und es nicht fair wäre, die Kolleg*innen der kommunalen Einrichtungen alleine zu lassen. Denn am Ende wird das im öffentlichen Dienst erzielte Ergebnis auch zum Maßstab bei der Caritas. Alle brauchen Aufwertung und Entlastung. Bei allen Trägern. Auch bei der Caritas.


Infos und Materialien auch für den Caritas-Bereich gibt es hier:

https://gesundheit-soziales.verdi.de/mein-arbeitsplatz


Auch wenn bei kirchlichen oder freigemeinnützigen Trägern derzeit keine Streiks vorgesehen sind, gibt es viele Alternativen, sich zu beteiligen und gemeinsam mit den Beschäftigten im öffentlichen Dienst unseren Forderungen nach Aufwertung der Sozialen Berufe Nachdruck zu verleihen. Klar ist: Geschenkt bekommen wir gar nichts. Handeln ist gefragt!

Dienstag, 8. Februar 2022

Breaking News: Benedikt XVI. weist Vorwurf der Lüge zum Münchner Gutachten zurück

Der emeritierte Papst Benedikt XVI. weist den Vorwurf der Lüge aufgrund einer falschen Aussage in seiner Stellungnahme zum Münchner Missbrauchsgutachten zurück. In einem persönlich gehaltenen Schreiben, das am Dienstag veröffentlicht wurde, bezeichnete er die Angabe, bei einer entscheidenden Sitzung der Münchner Ordinariatssitzung im Januar 1980 nicht anwesend gewesen zu sein, als "Fehler, der bedauerlicherweise geschehen ist". Der Fehler sei "nicht beabsichtigt und ist, so hoffe ich, auch entschuldbar".
Quelle: katholisch.de

Schreiben von em. Papst Benedikt XVI.:
Radio Vatikan: Wortlaut: Schreiben des emeritierten Papstes Benedikt XVI.
Domradio: Brief von Benedikt XVI. zum Münchner Missbrauchsgutachten
Katholisch.de: Schreiben und Dokumentation "Faktencheck" der Mitarbeiter von Benedikt XVI.

Weitere Quellen (Auszug):
Domradio: Benedikt XVI. erbittet Verzeihung und dementiert Vorwürfe
SPIEGEL online: Benedikt XVI. bittet Missbrauchsopfer um Entschuldigung (wonach die drei Kirchenrechtler Stefan Mückl, Stefan Korta und Helmuth Pree sowie der Kölner Rechtsanwalt Carsten Brennecke angeben, sie hätten Benedikt bei der Beantwortung des umfangreichen Fragenkatalogs für das Gutachten unterstützt – auch, weil es kirchenrechtliche Bezüge gegeben habe - und dabei auch die Verantwortung für den Übertragungsfehler übernehmen)
ZEIT online: Papst Benedikt XVI. bittet Missbrauchsopfer um Entschuldigung

Wir haben mehrfach (zuletzt hier) berichtet und hoffen, mit dieser Information unserer Chronistenpflicht zum Thema abschließend nachgekommen zu sein.

Neuer Vorstand der Mitarbeiterseite in der AK Caritas

 Hier hatten wir bereits im letzten Jahr über das Ergebnis der Mitarbeiterentsendung in die AK Caritas (Bundes- und Regionalkommissionen) berichtet. 

Inzwischen liegt auch das Ergebnis zur Wahl des neuen Vorstandes der Mitarbeiterseite vor:

Die Mitarbeiterseite der Arbeitsrechtlichen Kommission der Caritas hat einen neuen Vorstand gewählt. Die Wahl fand vergangene Woche in der ersten Mitgliederversammlung der Caritas Mitarbeiterseite zu Beginn der neuen vierjährigen Amtszeit der Arbeitsrechtlichen Kommission statt.

Aus dem bisherigen Vorstand der Mitarbeiterseite wurden die Mitglieder Andrea Grass, Oliver Hölters, Carsten Offers, Werner Schöndorfer, Stephan Kliem und Thomas Rühl wiedergewählt. Als siebentes Mitglied wurde Georg Schmitt neu in das Gremium gewählt.

Quelle: AK-MAS Internet 

Wir gratulieren und wünschen viel Erfolg 

Der Klerikalismus ist die Perversion der Kirche

unterstrich der Pontifex. Er führe zu Starrheit und einem Festfahren in der Kirche, "und unter jeder Art von Starrheit gedeiht Fäule", sagte der Papst.

Quelle: Papst Franziskus gibt einem italienischen TV-Sender ein Interview.

... aber was interessiert das nördlich der Alpen? Rom ist weit, und der direkte Blick verfängt sich an den Gipfeln.  

Montag, 7. Februar 2022

Einheit der Kirche wahren ....

dazu hat Papst-Botschafter Nicola Eterovic an die deutschen Katholiken appelliert
(weitere Quelle: Radio Vatikan).
Bezüglich des "deutschen Sonderarbeitsrechts", des III. Weges und der historisch schwer belasteten "Dienstgemeinschaft" tun wir das schon lange.
"Es muss aufhören, andere rechthaberisch zu belehren, wo man doch selbst an der Komplexität des Lebens scheitert. Es muss aufhören, unbarmherzig zu verurteilen, wo man doch selber so oft fehlt. Und es muss aufhören, dünkelhafte Ansprüche aufzustellen, die nicht einmal durch den eigenen Schein gerechtfertigt sind."
meinte der frühere Münchner Generalvikar Peter Beer jetzt am Sonntag in seiner Predigt im Münchner Dom.

Samstag, 5. Februar 2022

Samstagsnotizen: Wie weiter mit unserer Kirche (6)

"Keine deutsche, sondern eine internationale Kirche"
Der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer hat sich im Reformprozess seiner Kirche gegen einen deutschen Alleingang ausgesprochen. Gleichzeitig forderte er eine Erneuerung der Strukturen, um Machtmissbrauch zu verhindern.
berichtete das Domradio - und wir fragen uns: warum dann nicht mit der Auflösung von Sonderwegen anfangen, die es so nur in Deutschland gibt?
Ja richtig, wir meinen den III.Weg mit der historisch schwer belasteten "Dienstgemeinschaft (Art. 7 Abs. 2 Grundordnung), die völlig konträr zu can. 1286 CIC und den katholischen Sozialenzykliken steht (Stichwort: Entweltlichung).

Wir können zugleich auf einen Beitrag aus dem Gewerkschaftsforum verweisen (das durchaus auch gewerkschaftskritische Beiträge enthält):
ver.di: Erstmals Tarifvertrag für diakonische Altenhilfeeinrichtungen in Hessen vereinbart:
„Kirchen und Tarifverträge – das geht“


Freitag, 4. Februar 2022

Visitation eines kirchenrechtlichen Vereins vor dem Interdiözesane Datenschutzgericht (IDSG)

Das Interdiözesane Datenschutzgericht hat einen weiteren Beschluss veröffentlicht (IDSG 03/2020 vom 9. Dezember 2021). Bekannt war bisher ein nicht-amtlicher Leitsatz, demzufolge es um die Einstufung der Tatsache eines Vorsitzes in einem öffentlichen kirchlichen Verein unter die besonderen Kategorien personenbezogener Daten und um die Weitergabe eines Visitationsberichts an Dritte geht. Hier wurde schon angemerkt, dass die erste Frage große praktische Folgen für kirchliche Vereine haben könnte.
berichtet Artikel 91 Blog.
Der Blog befasst sich insbesondere auch mit den Verweisen des IDSG auf das universelle Kirchenrecht, wie der kirchenrechtlichen Bewertung der Vorstandstätigkeit eines öffentlichen katholischen Vereins (cc. 312 ff CIC), der Anwendung von can. 220 CIC und dem Visitationsrecht des Bischofs. Der Bericht im Artikel 91 Blog ist ausführlich und sachlich gut ausformuliert, so dass wir uns eine Bewertung der Entscheidung ersparen können.

Fraglich ist für uns allerdings nach wie vor, wieso es ein eigenes kirchliches Datenschutzrechts und eines kirchlichen Datenschutzgerichtes bedarf.
Can. 221 CIC garantiert allen Gläubigen einen umfassenden Rechtsschutz gegen einen Eingriff in und eine Beschränkung ihrer Rechte, zu denen auch der Schutz des guten Rufes (can. 220 CIC) gehört.
Der innerkirchliche Rechtsschutz ist umfassend ausgebaut (Buch VI. cc. 1311-1399 und Buch VII cc. 1400 - 1752 des CIC) - bis hin zur Wiedergutmachung von Schäden (cc. 57 § 3; 128; 982; 1062 § 2; 1347 § 2, 1357 § 2 CIC) und benötigt keine speziellen "Sondergerichte".
Die Kirchen in den Staaten der EU kommen auch sehr gut mit dem staatlichen Recht zurecht. Daher bedarf es keiner eigener spezieller Kirchengerichte - wie etwa beim Datenschutz der Blick in die europäischen Nachbarstaaten (z.B. Italien) zeigt.

Donnerstag, 3. Februar 2022

Heute Abend, 20:15 Uhr im BR-TV:

"Wir waren Papst!" - Bayern und die Kirche am Scheideweg?

Seit das Missbrauchsgutachten der Erzdiözese München und Freising veröffentlich ist, scheint es für die Institution Kirche in Bayern endgültig kein „Weiter so“ mehr geben zu können. Sexuelle Gewalt, Vertuschung, Täterschutz, so lauten die Vorwürfe. Auch der emeritierte Papst Benedikt wird in dem Gutachten scharf kritisiert. Zahlreiche Bayern treten jetzt aus der Kirche aus. Auch Pfarrer lehnen sich auf, im Gottesdienst lassen sie Opfer zu Wort kommen. Einige Kommunen erwägen, dem ehemaligen Papst die Ehrenbürgerwürde abzuerkennen. Ist mit dem Missbrauchsskandal die besondere Verbindung von Bayern und Kirche am Ende? Zu Gast bei quer: Christian Stückl, Intendant und Festspielleiter aus Oberammergau
Quelle: Bayerischer Rundfunk, Abendprogramm

BAG - Urteil: Entgeltumwandlung zur betrieblichen Altersvorsorge schützt vor Pfändung

Am 14. Oktober 2021 stellte das Bundesarbeitsgericht (BAG) klar: Wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Entgeltumwandlung vereinbaren, ist der monatlich umgewandelte Betrag vor einer Pfändung geschützt. (Aktenzeichen: 8 AZR 96/20).

Wer also mit seinem Arbeitgeber vereinbart, bis zu vier Prozent seines Bruttogehalts in eine betriebliche Altersvorsorge zu stecken, sichert damit den entsprechenden Teil des Einkommens vor Gläubigern – auch vor einem Ehepartner, der einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erwirkt hat.

Neu an der Rechtsprechung ist insbesondere, dass dies auch gilt, wenn die Entgeltumwandlung erst nach einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vereinbart wurde. Dies sahen die Arbeitsgerichte bislang anders.
Quelle: Ihre Vorsorge.de

Mittwoch, 2. Februar 2022

LAG Köln (Urteil vom 02.11.2021 – 4 Sa 290/21) - fristlose Kündigung wegen Verstoßes gegen das BDSG - auch bei der Evangelischen Kirche

Zum Sachverhalt:
Eine Pfarrangestellten hatte Daten über einen Chatverlauf einer Dritten Person mit dem Pfarrer aus einer E-Mail mehrmals unerlaubt weitergegeben - und wurde darauf hin fristlos gekündigt.
Mit Urteil vom 22.04.2021 hatte das Arbeitsgericht Aachen zunächst der Kündigungsschutzklage stattgegeben. Die hiergegen eingelegte Berufung beim LAG Köln hatte Erfolg:
LAG Köln, Pressemitteilung vom 03.01.2021 zum Urteil 4 Sa 290/21 vom 02.11.2021

Liest eine Arbeitnehmerin, die im Rahmen ihrer Buchhaltungsaufgaben Zugriff auf den PC und das E-Mail-Konto ihres Arbeitgebers hat, unbefugt eine an ihren Vorgesetzten gerichtete E-Mail und fertigt von dem Anhang einer offensichtlich privaten E-Mail eine Kopie an, die sie an eine dritte Person weitergibt, so rechtfertigt dies eine fristlose Kündigung. Dies hat das Landesarbeitsgericht Köln am 02.11.2021 entschieden und das anderslautende Urteil des ArbG Aachen vom 22.04.2021 – 8 Ca 3432/20 – aufgehoben.

Die Klägerin ist bei der Arbeitgeberin, einer evangelischen Kirchengemeinde, seit 23 Jahren als Verwaltungsmitarbeiterin beschäftigt. Soweit für ihre Buchhaltungsaufgaben erforderlich hatte sie Zugriff auf den Dienstcomputer des Pastors. In diesem Dienstcomputer nahm die Klägerin eine E-Mail zur Kenntnis, die den Pastor auf ein gegen ihn gerichtetes Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts sexueller Übergriffe auf eine im Kirchenasyl der Gemeinde lebende Frau hinwies. Im E-Mail-Konto fand sie als Anhang einer privaten E-Mail einen Chatverlauf zwischen dem Pastor und der betroffenen Frau, den sie auf einem USB-Stick speicherte und eine Woche später anonym an eine ehrenamtliche Mitarbeiterin der Gemeinde weiterleitete. Die Klägerin gab an, sie habe die im Kirchenasyl lebende Frau schützen und Beweise sichern wollen. Nach Bekanntwerden der Vorkommnisse kündigte die Kirchengemeinde das Arbeitsverhältnis fristlos.

Erstinstanzlich hatte die Klägerin mit ihrer Kündigungsschutzklage vor dem ArbG Aachen Erfolg. Das Gericht erkannte in ihrem Verhalten zwar einen an sich wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung, hielt diese jedoch aufgrund des langen und bisher unbelastet verlaufenen Arbeitsverhältnisses und mangels Wiederholungsgefahr für unverhältnismäßig.

Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung der Kirchengemeinde hatte Erfolg. Das Landesarbeitsgericht Köln sah das für die Aufgaben der Klägerin notwendige Vertrauensverhältnis als unwiederbringlich zerstört an. In der unbefugten Kenntnisnahme und Weitergabe fremder Daten lag für das Gericht auch wegen der damit einhergehenden Verletzung von Persönlichkeitsrechten ein schwerwiegender Verstoß gegen die arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht. Dieser sei auch nicht durch die von der Klägerin vorgetragenen Beweggründe, die im Kirchenasyl lebende Frau schützen und Beweise sichern zu wollen, gerechtfertigt gewesen. Denn mit ihrer Vorgehensweise habe die Klägerin keines der angegebenen Ziele erreichen können. Angesichts der Schwere der Pflichtverletzung überwiege das Lösungsinteresse der Gemeinde das Beschäftigungsinteresse der Klägerin deutlich. Selbst die erstmalige Hinnahme dieser Pflichtverletzung sei der Gemeinde nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich – auch für die Klägerin erkennbar – ausgeschlossen.

Das Landesarbeitsgericht hat die Revision nicht zugelassen.

Aus der Entscheidung des LAG:

Dienstag, 1. Februar 2022

Einladung zur Fachtagung Weiterbildung für ArbeitnehmerInnen, Betriebsräte, Personalräte, Mitarbeitervertretungen der Weiterbildungsträger, Wohlfahrtsverbände, Agentur für Arbeit etc.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

zum 1. Januar diesen Jahres hat ver.di aus 13 Fachbereiche fünf Fachbereiche gemacht, um noch stärker zu werden.

Die Beschäftigten aus den Gesundheitsberufen und der Bildung machen jetzt gemeinsame Sache!

Unser ehemaliger Fachbereich 3 Gesundheit, Soziale Dienste, Wohlfahrt und Kirchen hat mit dem ehemaligen Fachbereich 5 Bildung, Wissenschaft und Forschung fusioniert.

Ein wichtiger Bereich im ehemaligen Fachbereich 5 ist die Weiterbildung. Wir freuen uns, dass wir gleich zu Beginn des neuen Fachbereiches C Gesundheit, Soziale Dienste, Bildung und Wissenschaft eine gemeinsame Fachtagung für die Weiterbildung anbieten können (am 11.03.2022 im Gewerkschaftshaus Nürnberg, Kornmarkt - Anmeldung an fb-c.bayern@verdi.de).

Nachdem es auch Weiterbildungseinrichtungen im Bereich Kirchen, AWO und BRK gibt, verschicken wir die Einladung über unsere entsprechende Mailinglisten. Es würde uns freuen, wenn auch von diesen Trägern an der Fachtagung Kolleginnen und Kollegen teilnehmen würden.

Wenn ihr zur Fachtagung Nachfragen habt, dann schickt doch bitte unserer Kollegin und Organisatorin der Fachtagung Christiane Glas-Kinateder (christiane.glas-kinateder@verdi.de) eine Mail.

Und sprecht Kolleginnen und Kollegen aus euren Weiterbildungseinrichtungen auf die Fachtagung an.