Montag, 1. März 2021

Nochmal Presseecho (2): Caritas erledigt Drecksarbeit

schreibt nd unter Bezug auf Prof. Stefann Sell:
Trotz des Pflegenotstands ist der Versuch gescheitert, die Mindestlöhne in der Branche zu erhöhen. Was bedeutet das für Beschäftigte?

Wenn Arbeitskräfte knapp sind, können sie höhere Gehälter durchsetzen, heißt es oft. Pflegekräfte sind knapp. Ihre Arbeit ist wichtig und in der Pandemie schwieriger geworden. Dennoch ist am Donnerstag der Versuch gescheitert, einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag für die Altenpflege umzusetzen, der wenigstens die Mindestlöhne erhöht hätte. Gestoppt haben das Vorhaben die Arbeitgebervertreter der Caritas. Sie haben die »Drecksarbeit« für andere gemacht, sagt der Sozialforscher Stefan Sell.
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(Foto: Facebook - Solidarität aus Hamburg)

aber zurück zur Presse in alphabetischen Reihenfolge:
Der AWO Bundesverband meint in einer Pressemitteilung:
"Ein trauriger Tag für die Pflege"
... Der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt kritisiert die Entscheidung scharf.
Dazu erklärt Jens M. Schubert, Vorstandsvorsitzender des AWO Bundesverbandes:

„Diese Entscheidung lässt mich schlicht fassungslos zurück. Es ist ganz einfach: Altenpflegekräfte sollen und müssen endlich besser bezahlt, ein fairer Wettbewerb, der nicht über die Löhne geführt wird, muss etabliert werden. Ein für alle geltender Branchentarifvertrag hätte das erreichen können. Die Situation der Pflegefachkräfte in der Altenpflege ist seit Jahren mehr als angespannt. Der erstreckte Tarifvertrag wäre dagegen ein Meilenstein auf dem Weg zu einer anständigen Bezahlung und damit zu besseren Arbeitsbedingungen, einer Entlastung der Pflegekräfte und einem Ende des Fachkräftemangels gewesen. Dass die Arbeitsrechtliche Kommission der Caritas sich zum Nachteil einer ganzen Berufsgruppe querstellt, zeigt leider, welche Wertschätzung sie dieser entgegenbringt. Ein trauriger Tag für die Pflege."

Der Deutschlandfunk vermeldet:
Bundesweiter Tarifvertrag gescheitert
Mindestlohn in der Altenpflege wird nicht erhöht

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Die Arbeitgeberseite des katholischen Wohlfahrtsverbands erklärte, man habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. Allerdings würde der vorliegende Tarifvertrag in die Strukturen des Tarifgefüges der Caritas eingreifen. Zudem gebe es Befürchtungen, dass bestimmte Kosten künftig nicht mehr übernommen würden. Das würde der Caritas mit ihren höheren Tarifen schaden, hieß es.

„Verweigerungshaltung“ und „mangelnde Solidarität
Der Sprecher der Mitarbeiterseite, Rühl, warf der Caritas eine Verweigerungshaltung vor und beschuldigte die Dienstgeber mangelnder Solidarität. „Ein allgemein verbindlicher Tarif Altenpflege hätte für Tausende zumeist bei privaten Anbietern beschäftigte Menschen ein Ende von Dumpinglöhnen bedeutet“, erklärte Rühl. Dabei werbe die Caritas derzeit mit einer Kampagne für eine Aufwertung sozialer Berufe und Gesundheitsberufe. Ruf und Glaubwürdigkeit der Caritas seien massiv beschädigt.
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Die FAZ berichtet:
ABLEHNUNG DER CARITAS:
Bundesweiter Tarifvertrag in der Altenpflege vorerst gescheitert

Arbeitsminister Hubertus Heil kann einen ausgehandelten Tarifvertrag in der Altenpflege nicht auf die gesamte Branche ausdehnen. Die Caritas stimmt dem Vorhaben nicht zu.

Die Frankfurter Rundschau meint:
„Nach dem Klatschen kommt die Klatsche“: Caritas verhindert Tarifvertrag in der Altenpflege
Durch das Veto der Caritas scheitert ein flächendeckender Tarifvertrag in der Altenpflege. Gewerkschaften sind entrüstet, Arbeitgeber atmen auf.


Die Gewerkschaft „Verdi“ einigt sich mit der „Bundesvereinigung Arbeitgeber in der Pflegebranche“ (BVAP) auf einen Tarifvetrag.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) möchte diesen bundesweit auf die gesamte Branche ausweiten.
Der katholische Wohlfahrtsverband „Caritas“ verweigert seine Zustimmung und lässt das Vorhaben scheitern.
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Der NDR schreibt:
Branchentarifvertrag in der Pflege gescheitert
Dass Altenpflegekräfte anständig bezahlt werden sollten, ist gesellschaftlicher Konsens. Doch nun, da es mit der Bezahlung ins Detail geht, blockieren ausgerechnet die Wohlfahrtsverbände der Kirchen.
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Das Redaktionsnetzwerk Deutschland meldet
Katholische Kirche bringt Flächentarifvertrag für die Altenpflege zum Scheitern
Seit Jahren wird darum gerungen, in der Altenpflege einen Flächentarifvertrag einzuführen.
Geplant war nun, das über eine Ausweitung eines Tarifvertrags auf die gesamte Branche zu erreichen.
Doch die katholische Kirche hat das Vorhaben zum Scheitern gebracht.

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und zitiert den Sozialverband VdK:
Gescheiterter Altenpflege-Tarif: Sozialverband warnt vor Folgen
Der Plan für einen Branchentarifvertrag in der Altenpflege ist gescheitert.
Auch für die Pflegebedürftigen hat das Folgen, warnt der Sozialverband VdK Deutschland.
Eine gute Versorgung sei nur möglich, wenn bald etwas für die Pflegekräfte getan werde.

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RTL meldet sich mit:
Tarifvertrag für Altenpflege: Kritik an Caritas-Ablehnung
Die Ablehnung eines bundesweiten Tarifvertrages für die Altenpflege durch den kirchlichen Anbieter Caritas ist bei der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi auf massive Kritik gestoßen. "Das ist das komplett falsche Signal und steht in krassem Gegensatz zur aktuellen Debatte in der Pflegepolitik", erklärte Steffen Kühhirt von Verdi Nord am Freitag. Nach seinen Worten würde ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag für Tausende Altenpfleger und Altenpflegerinnen im Norden deutliche Einkommensverbesserungen bedeuten....

Die Süddeutsche Zeitung kommentiert
Egoistisch
Der Widerstand der Caritas gegen einen bundesweiten Tarifvertrag ist unverantwortlich.

Diese Entscheidung ist in höchstem Maße egoistisch. ...

SWR bringt ein Interview mit dem bereits zitierten Prof. Dr. Sell:
Ein allgemeinverbindlich erklärter Tarifvertrag für die Altenpflege scheitert. An der Caritas

Interview zum Thema „Caritas verhindert einen flächendeckenden Tarifvertrag für die Altenpflege“ in der Sendung „Arbeitsplatz“ (SWR 1) am 27.02.2021

Der VdDD meint in einer PRESSEMITTEILUNG:
... | Schade um die verlorene Zeit!
Die Arbeitsrechtliche Kommission der Diakonie befasste sich nicht mehr mit dem Tarifvertrag Altenpflege.
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„Wir bekräftigen unsere Empfehlung die bewährte Pflegemindestlohnkommission zu ergänzen, durch die Bindung der Pflegefinanzierung an eine Tarifanwendung. Es ist bedauerlich, daß ausgerechnet in dieser Legislaturperiode, in der viel hätte bewegt werden können, so viel Zeit mit einem Weg vertan wurde, der nun in die Sackkasse geführt hat“, .... Alle Anstrengungen sollten nun darauf gerichtet werden, den hierdurch erlittenen Rückschlag durch eine Ergänzung des § 72 SGB XI in der verbleibenden Zeit bis zur Bundestagswahl noch wett zu machen. ....

Und die eher konservative WELT stellt sich nach der Meldung die Frage:
Seit Monaten stellt die Politik Altenpflegern als Licht ans Ende des Corona-Tunnels vor allem eins: die Aussicht auf eine wirksame Regelung für bessere Löhnen. Doch daraus wird nichts.
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Damit kann - anders als seit mehr als einem Jahr geplant - ein Tarifvertrag, den die Gewerkschaft Verdi mit einem Pflegeverband geschlossen hat, nicht durch Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) für allgemeinverbindlich erklärt werden. Völlig unklar ist, wie die zerklüftete Lohnlandschaft bei den Altenpflegerinnen und -pflegern in Deutschland nun einheitlicher werden soll.
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Die SPD-Zeitschrift "vorwärts" blickt in die Zukunft und zitiert Minister Heil:
Caritas verhindert Tarifvertrag in der Altenpflege – wie es jetzt weitergeht

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„Ich will und ich werde mich nicht mit unzureichenden Lohn- und Arbeitsbedingungen in der Altenpflege abfinden. Der Kampf ist nicht vorbei.“
Von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn erwarte er nun, dass er das tue, was er angekündigt hat: nämlich einen Gesetzentwurf vorlegen, der die Finanzierung aus der Pflegeversicherung verbindlich an Tarifverträge binde, betonte Heil. „Im Interesse der Fachkräftebindung und fairer Bezahlung ist jetzt auch mein Kollege Spahn gefordert.“ Dies soll nach Heils Vorstellung noch in dieser Legislaturperiode geschehen. „Das sind wir den Beschäftigten in der Pflege schuldig und es ist eine Frage der Vernunft.“

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