Montag, 21. November 2022

Vollversammlung des Verbands der Diözesen Deutschlands (VDD) berät über kirchliches Arbeitsrecht

Wie wir bereits vor einigen Tagen angekündigt haben, berät die Vollversammlung des Verbands der Diözesen Deutschlands (VDD) heute und morgen über die Entwicklung der Grundordnung als Basis eines eigenen, vom staatlichen Recht abweichenden "Kirchlichen Arbeitsrechts". Dass die katholische Kirche in Deutschland - entgegen can. 1286 CIC - Regelungsbefugnisse für ein eigenes Arbeitsrecht beansprucht, haben wir immer wieder beklagt. Und wir beklagen weiter, dass diese Normen entgegen den Vorgaben der eigenen Soziallehre - etwa zum Gewerkschaftsprinzip - stehen. Sie sind also "durch und durch unkatholisch".
Dennoch ist der Anspruch der Kirche erst durch die weltlichen Arbeitsgerichte "gestutzt" worden. Denn viele der Bestimmungen sind mit dem "für alle geltenden Gesetz" - etwa dem Diskriminierungsverbot des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes - unvereinbar. Das zeigt aber auch: erst durch Druck scheint sich die Kirche zu bewegen, von sich aus ist diese Kirche zu einer eigenständigen Reform wohl nicht in der Lage. Das schreibt nun so auch katholisch.de
... bislang verknüpft die Kirche das Angestelltenverhältnis mit bestimmten Pflichten, die weit über das hinausgehen, was ein normaler Arbeitgeber von seinen Arbeitnehmern verlangen kann.

So durften kirchliche Angestellte, gleich ob es sich um eine Ärztin oder um einen Kirchenmusiker handelt, noch bis vor wenigen Jahren nach einer Scheidung nicht wieder zivil heiraten. Das offene Zusammenleben mit gleichgeschlechtlichen Partnern war ebenfalls nicht gestattet – sofern das, wie es im derzeit noch gültigen kirchlichen Arbeitsrecht heißt, Anlass zu einem "erheblichen Ärgernis im beruflichen Wirkungskreis" gab. Denn dabei handelt es sich aus Sicht der Kirche um "schwerwiegende persönliche sittliche Verfehlungen".

In Doppelmoral eingerichtet

Diese Auflagen führten dazu, dass sich viele kirchliche Angestellte in einer Doppelmoral einrichteten: Hier wurde eine homosexuelle Partnerschaft heimlich gelebt, da eine zweite Ehe nicht vor dem Standesamt beglaubigt. Und wenn es dann doch "herauskam", reagierte der kirchliche Arbeitgeber oft mit einer Kündigung. Etliche solcher Fälle landeten vor dem Arbeitsgericht, meist von kritischen Medienberichten begleitet. Und vor Gericht bekam die Kirche immer seltener Recht – insbesondere dann, wenn die Fälle bis vor europäische Instanzen gingen.
...
Die Reformbereitschaft "unter Druck" endet dann freilich auch, wenn der Druck nicht mehr als drückend empfunden wird. Die Kirche reformiert nur so weit, wie sie sich getrieben und gezwungen sieht. Und der Druck besteht derzeit beim persönlichen Intimleben der kirchlichen Mitarbeiter*Innen. Das ist auch die Erkenntnis von katholisch.de
Zwar stehen die Bischöfe unterschiedlich zur geplanten Lockerung, die einen begrüßen sie, andere finden sie problematisch. Aber einen "Flickenteppich" im kirchlichen Arbeitsrecht wollen offenbar die meisten vermeiden. Denn der würde dazu führen, dass etwa ein in zweiter Zivilehe lebender Arzt seinen Klinikjob im "sittenstrengen" Bistum A kündigt und ins "liberale" Bistum B wechselt.

Deshalb erwarten Beobachter, dass sich die Bischöfe bei ihrem Ständigen Rat am 21. und 22. November trotz aller Meinungsunterschiede zum Thema Sexualmoral doch auf eine einheitliche Grundordnung einigen, in der künftig das Liebesleben der kirchlichen Angestellten außen vor bleibt.
Die Bischöfe werden dann also auch nur die minimalen Reformen vorsehen, die von allen Bischöfen mit getragen werden können. Das kennen wir ja auch aus den Verhandlungen im "Dritten Weg". Verbesserungen bei den arbeitsvertraglichen Regelungen werden nur soweit akzeptiert, wie alle Vertreter der Arbeitgeberseite bereit sind, diese mit zu tragen und umzusetzen. Das viel beschworende "Mehrheitsprinzip" bei der Beschlussfassung gibt es erfahrungsgemäß nicht - weil sich alle Vertreter der Arbeitgeberseite regelmäßig zu einer gemeinsamen "Bankabstimmung" abstimmen. Dass da einmal ein Vertreter ausschert, kommt vor - ist aber eine Ausnahme, für die sich die jeweiligen Vertreter dann oft auch noch entschuldigen, nach dem Motto "mein Bischof hat mich leider ausdrücklich beauftragt" ... .

Weitere Meldungen:
Ver.di:
Chance nutzen

Domradio:
Liebesleben soll privat bleiben
Euphorie mit Einschränkungen
Radikale Reform oder kleine Korrektur?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen




Ihr könnt Eure Kommentare vollständig anonym abgeben. Wählt dazu bei "Kommentar schreiben als..." die Option "anonym". Wenn Ihr unter einem Pseudonym schreiben wollt, wählt die Option "Name/URL". Die Eingabe einer URL (Internet-Adresse) ist dabei nicht nötig.

Wir freuen uns, wenn Ihr statt "Anonym" die Möglichkeit des Kommentierens unter Pseudonym wählt. Das Kommentieren und Diskutieren unter Pseudonym erleichtert das Austauschen der Argumente unter den einzelnen Benutzern.