Liebe Kolleginnen und Kollegen,Quelle: Facebook vom 11.11.2022
mit Befremden haben wir die Stellungnahme des Erzbistums bzw. die persönliche Einlassung seines Sprechers vom 09.11.2022 (pek221109-jkl) zur Kenntnis genommen.
Darin werden neben der Bestätigung des Sachverhaltes, dass aufgrund von Hinweisen einer ehemaligen Mitarbeiterin im Haus die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen eines Anfangsverdachts gegen unseren Erzbischof aufgenommen hat, Vorwürfe und Unterstellungen gegenüber dieser Kollegin erhoben, die schließlich in der Ankündigung gipfeln, arbeitsrechtliche Konsequenzen zu prüfen, die sich letztlich auch an uns alle richtet. Die öffentliche Ankündigung solcher Maßnahmen empfinden viele unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als einschüchternd und bedrängend.
Die MAV-EGV tritt entschieden für das Recht der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein, Missstände bzw. Missbräuche offen und frei zu benennen, zumal wenn dies nicht in geeigneter Form intern möglich ist. Die vorliegende Stellungnahme führt bei vielen Mitarbeitenden zu Angst, Unsicherheit und Empörung, sodass in der Folge kein angstfreier Umgang und keine offene Kommunikation möglich erscheint.
Sie beweist vielmehr die Dringlichkeit der Einführung eines Hinweisgebersystems, wie es die EU in ihrer Richtlinie 2019/1937 („Whistleblower-Richtlinie") fordert. Dazu ist die Kirche nicht nur verpflichtet, sie wäre auch gut beraten, hier zügig voranzugehen – im Dienste eines vertrauensvollen und freien Umgangs miteinander und in der Hoffnung, verlorengegangene Glaubwürdigkeit wiederzugewinnen.
Ihre MAV EGV
Anmerkung:
Wir veröffentlichen diese Stellungnahme, weil sie anlässlich eines konkreten Vorfalls auf die arbeitsrechtlichen Konsequenzen von "Whistleblowing" eingeht, die unter dem Stichwort "Loyalitätspflichten" betrachtet werden könnten. Die Rechtslage ist nicht so eindeutig, wie sich das eigene Gewissen das wünschen mag. Daher kann man allen Betroffenen, die sich mit entsprechenden "unsauberen Vorgängen" quälen, nur raten, sich als Mitglied des gewerkschaftlichen Rechtsschutzes zu versichern.
Die von der MAV genannte Richtlinie ist hier https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX%3A32019L1937 online verfügbar (Erläuterung vgl. auch *klick*). Daraus ist ersichtlich, dass lediglich der Hinweis auf die Verletzung enumerativ aufgelisteter Normen unter den Geltungsbereich des "Hinweisgeber-Richtlinie" fallen soll. Inwieweit das "kirchliche Handeln" - etwa bei der Auftragsvergabe zu öffentlich geförderten Bauvorhaben - ebenfalls unter den Geltungsbereich der Richtlinie fällt, wäre zu überprüfen. Fraglich ist dann auch, ob ein nationales Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie die Kirchen und ihre Einrichtungen nicht wieder ausdrücklich ausnimmt.
Bezüglich der nationalen Umsetzung hat sich die KPMG u.a. wie folgt geäussert:
Am 27. Juli 2022 wurde durch die Bundesregierung der Entwurf des „Gesetzes für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen sowie zur Umsetzung der Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden (Hinweisgeberschutzgesetz – HinSchG)“ veröffentlicht. Hierdurch soll die Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden (ABl. L 305 vom 26.11.2019, S. 17), die durch die Verordnung (EU) 2020/1503 (ABl. L 347 vom 20.10.2020, S. 1) geändert worden ist, in nationales Recht umgesetzt werden. Dies hätte bereits zum 17. Dezember 2021 erfolgen müssen, steht aber nach wie vor aus. Der Gesetzesentwurf soll diese Lücke nun mit dem Ziel schließen, den Hinweisgeberschutz in Deutschland nachhaltig und effektiv zu verbessern.e.s. 12.11.2022
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