40 Jahre wanderten die Israeliten in der Wüste von Ägypten nach Kanaan. 40 Jahre, das ist die ganze Geschichte der Bundesrepublik Deutschland von der Staatsgründung bis zum Fall der Mauer und zur Wiedervereinigung. 40 Jahre, das ist das ganze Berufsleben eines Menschen nach seiner Ausbildung bis zur Rente.(Quelle: Erwin Teufel in einem Vortrag zum 40. Jahrestag der Synode, wiedergegeben auf der Webseite von Kloster Reute)
Im November 1975 hat die letzte Vollversammlung der Würzburger Synode mit großer Mehrheit den Beschluss "Kirche und Arbeiterschaft" angenommen. Wir haben auf diesen Beschluss in unserem Blog immer wieder hingewiesen und brauchen uns nicht zu wiederholen.
Auch die Kirche hat sich anlässlich des Jubiläums wieder einmal auf den Synodenbeschluss besonnen. So fand am Samstag, 7. November 2015 ein Studientag im Kardinal-Döpfner-Haus Freising statt. Bistum und Universität Münster widmeten der Synode ebenfalls einen Studientag:
"Die Würzburger Synode, ein vergessenes Ereignis?"Auch in einer Tagung "40 Jahre Synodenbeschluss Kirche und Arbeiterschaft" im Bistum Aachen wurden die vergangenen vier (mehr oder weniger erfolglosen Jahrzehnte durchleuchtet und eine "Relectüre des Synodenbeschlusses" vorgenommen.
Nach einem Bericht der KAB (Impuls Nr. 6/2014, S. 13) gipfelte diese Tagung mit der Erkenntnis:
Für das Mitglied der bischöflichen Kommission komme es vor allem darauf an, "aufzustehen und noch mehr Bewegung zu werden von Kirche mit den Arbeitern, Arbeitern mit der Kirche - Kirche wird Bewegung, Kirche wird Arbeitnehmerbewegung."weitere Quellen:
Kirche im Bistum Aachen - Kommission Kirche und Arbeiterschaft - http://www.dialog-soziale-gerechtigkeit.de/
Bereits vor 10 Jahren forderte Prälat Hohmann: „Wir brauchen im Moment keine Synode, wir müssen die alten Beschlüsse erst wirklich auf diözesaner Ebene umsetzen.“
Wir meinen:
Das gilt heute leider immer noch.
Die halbherzige Formulierung in der Neufassung der Grundordnung wird nach nunmehr 40 Jahren dem Geist der Würzburger Synode in keiner Weise gerecht.
...Diese Vorstellung eines deutschen Sonderweges ist mit dem universellen Kirchenrecht nicht vereinbar und entbehrt - weil das Kirchenrecht auf theologischer Grundlage aufbaut - jeder theologischen Begründung. Im universellen Kirchenrecht ist eindeutig und unmissverständlich normiert:
Artikel 6 Koalitionsfreiheit
(1) Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des kirchlichen Dienstes können sich in Ausübung ihrer Koalitionsfreiheit als kirchliche Arbeitnehmer zur Beeinflussung der Gestaltung ihrer Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen in Vereinigungen (Koalitionen) zusammenschließen, diesen beitreten und sich in ihnen betätigen.
(2) Die Koalitionen sind berechtigt, im Rahmen der verfassungsrechtlichen Grenzen innerhalb der kirchlichen Einrichtung für den Beitritt zu diesen Koalitionen zu werben, über deren Aufgabe zu informieren sowie Koalitionsmitglieder zu betreuen.
(3) 1Die Mitwirkung von tariffähigen Arbeitnehmerkoalitionen (Gewerkschaften) in den arbeitsrechtlichen Kommissionen des Dritten Weges ist gewährleistet. 2Das Nähere regeln die einschlägigen Ordnungen.
(4) Die Koalitionsfreiheit entbindet die Vertreter der Koalition nicht von der Pflicht, das verfassungsmäßige Selbstbestimmungsrecht der Kirche zur Gestaltung der sozialen Ordnung ihres Dienstes zu achten und die Eigenart des kirchlichen Dienstes zu respektieren.´
Artikel 7 Beteiligung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Gestaltung ihrer Arbeitsbedingungen
...
(2) 1Wegen der Einheit des kirchlichen Dienstes und der Dienstgemeinschaft als Strukturprinzip des kirchlichen Arbeitsrechts schließen kirchliche Dienstgeber keine Tarifverträge mit Gewerkschaften ab.
...
...Diese "von der Kirche überlieferten Grundsätze" sind die Vorgaben der katholischen Soziallehre, insbesondere aus den päpstlichen Sozialenzykliken. Und wie heißt es nochmal in der von uns immer wieder zitierten Sozialenzyklika "Mater et Magistra"?
Can. 1286 — Die Vermögensverwalter haben:
1° bei der Beschäftigung von Arbeitskräften auch das weltliche Arbeits- und Sozialrecht genauestens gemäß den von der Kirche überlieferten Grundsätzen zu beachten.
... die Arbeiterorganisationen in unserer Zeit ... treiben die Arbeiter nicht mehr in den Klassenkampf, sondern leiten sie zur sozialen Partnerschaft an. Dazu dienen vor allem die Gesamtarbeitsverträge zwischen den Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbänden. Wir möchten darauf hinweisen, wie notwendig oder mindestens höchst angemessen es ist, daß die Arbeiterschaft Gelegenheit hat, ihre Meinung und ihr Gewicht auch über die Grenzen des Unternehmens hinaus geltend zu machen, und zwar in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens.Quelle: Papst Johannes XXIII, 15 Mai 1961 in Mater et magistra, Nr. 97
Solange die Kirche nicht selbst das verwirklicht, was sie von anderen fordert - und die Kooperation und Zusammenarbeit mit Gewerkschaften verweigert - solange hat sie ein massives Problem der Glaubwürdigkeit. Und solange wird die Trennung zwischen Kirche und Arbeiterschaft nicht überwunden werden können.
Es wäre uns lieber gewesen, eine andere Würdigung der Würzburger Synode vorzunehmen. Das morgige Hochfest der von "Gewerkschaftspapst" Johannes Paul II. verehrten Gottesmutter Maria könnte Anlass zur Hoffnung sei. Die Kirche hat sich immer wieder auf ihre eigenen Werte besonnen. Mit der Fürsprache des von Papst Franziskus verehrten Heiligen Josef sollte es möglich sein, auch in Deutschland die Brücke zu den Gewerkschaften zu schlagen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Ihr könnt Eure Kommentare vollständig anonym abgeben. Wählt dazu bei "Kommentar schreiben als..." die Option "anonym". Wenn Ihr unter einem Pseudonym schreiben wollt, wählt die Option "Name/URL". Die Eingabe einer URL (Internet-Adresse) ist dabei nicht nötig.
Wir freuen uns, wenn Ihr statt "Anonym" die Möglichkeit des Kommentierens unter Pseudonym wählt. Das Kommentieren und Diskutieren unter Pseudonym erleichtert das Austauschen der Argumente unter den einzelnen Benutzern.