Da haben sich der Bundesjustizminister, die Bischofskonferenz, der neugewählte Präsident des ZdK, die Caritas und die Diakonie redlich bemüht...
Ein paar Anmerkungen machen dann wenigstens wir.
Bundesjustizminister Heiko Maas hatte sich in einem Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung am vorvergangenen Samstag verschiedenen staatskirchenrechtlichen Fragen zugewandt. Thema war unter anderem die Rechtsstellung der Muslime und einige interessante Überlegungen, bei denen man den Eindruck gewinnen konnte, dass der katholische Justizminister, Heiko Maas, die Gelegenheit nutzt, zum 50jährigen Jubiläum des Abschlusses des 2. Vatikanums dessen explizite Betonung der Religionsfreiheit, auch entsprechende Konsequenzen für die muslimische Religion und das Verhältnis des Staates zu ihr, anzumahnen.
Im Zuge dieser Überlegungen kam er auch auf das Sonderrecht der Kirchen zu sprechen und kritisierte die "Praxis der katholischen Kirche, Wiederverheirateten und Homosexuellen zu kündigen". Er distanziert sich dabei ausdrücklich vom "Laizismus nach französischem Vorbild, in dem die die Trennung von Staat und Kirche so weit reicht, dass in staatlichen Schulen selbst Schüler keine religiöse Kleidung oder Symbole tragen dürfen" und plädierte vielmehr für das "tolerante Miteinander der Religionen" und dagegen, "dass man Religionen komplett aus dem öffentlichen Raum verbannt".
Das Interview hat offensichtlich zu Diskussionen geführt, die wir jetzt nicht kennen, deren Ergebnisse aber auf domradio zu lesen waren:
"Bischöfe und ZdK kritisieren Maas-Appell zum Arbeitsrecht. Zufriedenheit auf dem Reformweg" lautet dort die Überschrift.
Dass die Bischöfe mit ihrem Reformweg zufrieden sind, überrascht nicht wirklich. Und die katholischen Beschäftigten, die auch mit dem Grundrecht auf Religionsfreiheit ausgestattet sind, muss man ja nicht fragen. Für die geäußerte Vermutung, Heiko Maas hätte sich an seiner Pflicht als Mitglied der Bundesregierung vergriffen, "die grundgesetzlich verbürgte Freiheit der Religionsgemeinschaften nicht infrage zu stellen" finden wir im Interview allerdings keine Grundlage, eher im Gegenteil.
Der neu gewählte Präsident des Zentralkomitees der Katholiken, Prof. Thomas Sternberg hält die Grundordnungsänderungen "vorerst"(!) für ausreichend. Es habe sich bereits viel geändert. Weiter heißt es wörtlich: "Die von Maas angesprochene Praxis der katholischen Kirche, wonach wiederverheirateten Geschiedenen und Homosexuellen gekündigt werde, bezeichnete er als 'Gerüchte'". Die Feststellung ist erstaunlich, zumindest für denjenigen, der einen Blick in die neu gefasste Grundordnung geworfen hat. Dort ist die Kündigung "als letzte Maßnahme" ausdrücklich deklariert. Dass es im Vergleich zu vorher keinen Automatismus mehr gäbe, ist jetzt auch nichts Neues: dieser Automatismus hat auch in der Vergangenheit nicht gegriffen, vielmehr waren es in aller Regel undurchsichtige Umstände des Einzelfalls, welche die Folgen eintreten ließen oder dies nicht taten.
Interessant auch die Feststellung des ZdK-Präsidenten, die "Mitarbeitervertretungen seien durchschlagskräftiger als manche große Gewerkschaft". Der Justizminister hatte die kirchliche Betriebsverfassung und das kirchliche Tarifrecht gar nicht thematisiert, hat aber beim Präsidenten des ZdK ein Bekenntnis zur völligen Unkenntnis der rechtlichen Gegebenheiten erfolgreich provoziert: Mitarbeitervertretungen und Gewerkschaften kann man hinsichtlich ihrer Durchschlagskraft überhaupt nicht miteinander vergleichen, weil sie völlig unterschiedliche Aufgaben haben. (Bekanntlich sind Frauen etwa auch erfolgreicher beim Gebären von Kindern als Männer...)
Gesetzentwurf zur Neuregelung der Leiharbeit und Werkverträge
Zum aktuellen Gesetzentwurf zur Neuregelung der Leiharbeit und Werkverträge haben sich Akteure, die uns besonders am Herzen liegen, fast ausnahmslos geäußert:Diakonie:
Wie andere weltliche Arbeitgeber auch, hat sich der diakonische VdDD kritisch zum Gesetzentwurf geäußert, er sei "zu restriktiv und nicht zielgerichtet" er schaffe "neue Hürden, wo eigentlich Flexibilität gefragt" sei und gefährde die Arbeitsteilung.
Caritas:
Auch die Caritasdienstgeber fürchten, dass die Mißbrauchsbekämpfung mit Überregulierung einhergehen könne. Werk- und Dienstverträge seien "zeitgemäße Formen der Arbeitsgestaltung, die gerade im sozialen Bereich überlebenswichtig für Einrichtungen sind". Immerhin enthält der Caritasvorstoß aber eine sehr erfreuliche Forderung: „Missbrauch könnte besser verhindert werden, wenn das Prinzip des 'Equal Pay' ab dem ersten Tag der Überlassung gelten würde“.
Diese Forderung entspricht auch dem Fernziel unserer Gewerkschaft
ver.di
bezeichnet in einer Pressemitteilung die Kritik von Wirtschaftsvertretern am Gesetzentwurf zur Neuregelung der Leiharbeit und Werkverträge als "völlig überzogen" und plädiert für Nachbesserungen:
"Wirtschaftsvertreter und Verbände versuchten derzeit, jeglichen Ansatz zur Eindämmung des Missbrauchs als 'Großangriff' auf selbstständige Unternehmen und 'überflüssige Regulierung' zu diskreditieren. 'Die einzigen Großangriffe, die – gedeckt von der geltenden Rechtslage zu Leiharbeit und Werkverträgen – seit Jahren stattfinden, richten sich gegen die Beschäftigten: nämlich gegen die Sicherheit unbefristeter Arbeitsplätze und gegen eine angemessene Entlohnung', sagte der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirke."
Kollegen der diakonischen AGMAV Baden-Württemberg haben ihre aktuellen Mitteilung "Wir sind Diakonie" dem Thema gewidmet. In einer Pressemitteilung vom 8. Dezember zu einer Mitarbeiterversammlung bei der BruderhausDiakonie::
Uli Maier, Vorsitzender der AGMAV, zeigte bei der Versammlung den Verlauf des Konfliktes auf und ermutigte erneut, gemeinsam gegen diese Politik vorzugehen. Bei denWerkverträgen handle es sich zumindest in mehreren Fällen um Scheinwerkverträge und damit um verdeckte Leiharbeit. Uli Maier begrüßte in der Versammlung den Gesetzentwurf der Bundesregierung als Schritt in die richtige Richtung. Vielleicht bringe ja die Gesetzesvorlage den Vorstand der BruderhausDiakonie zum Umdenken, so Maier in seiner Rede vor den Mitarbeitervertretungen. Im Antrag der Bundesregierung heißt es unter anderem: „Das Instrument Werkvertrag wird dort systematisch mit dem alleinigen Ziel der Profitmaximierung nur noch zum Schein, das heißt zur Umgehung oder Vermeidung arbeitsrechtlicher Standards genutzt.“ Grünen Bundestagsabgeordnete Beate Müller-Gemmeke sowie der stellvertretende ver.di Landesvorsitzende Martin Gross versicherten den betroffenen Mitarbeitervertretungen auf der Versammlung ihre Unterstützung und Solidarität.Über Positionierungen von Mitarbeiterorganisationen aus dem Caritas- bzw. katholischen Bereich informieren wir, sobald wir davon erfahren.
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