Ein Jahr Mindestlohnund die Akteure bringen sich für die - erst 2017 anstehende - Debatte über die Anhebung der Lohngrenze bereits in Stellung:
Was hat er gebracht? Wie geht es weiter? Die Ansichten gehen weit auseinander.
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Erst Anfang 2017 soll der Mindestlohn angepasst werden. Verdi-Chef Frank Bsirske hatte bereits 10 Euro gefordert - BDA-Präsident Kramer hält bereits 9 Euro für illusorisch.
Bereits am 21. Dezember 2015, hat die Süddeutsche Zeitung auf eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung verwiesen:
Wie stark Geringverdiener vom Mindestlohn profitierenwir freuen uns, dass die sinn-freien gegenteiligen Prognosen und Horrorszenarien widerlegt sind, und auch die deutliche Gegnerschaft aus anscheinend interessierten Kreisen von Arbeitgebern, denen sich auch Caritas-Vertreter angeschlossen hatten, nicht zum Untergang der Caritas geführt haben. Vor dem Hintergrund der WSI-Untersuchung sollte der Widerstand gegen eine weitere Anhebung des Mindestlohnes gar nicht erst artikuliert werden. Es ist zu offensichtlich, dass hier nur die Gewinnerwartung geschützt werden soll. Aber diese Überlegung ist auch volkswirtschaftlich unsinnig und schon mittelfristig problematisch. Denn "mehr Umsatz" kommt von "Nachfrage". Und mehr "nachgefragt" kann nur werden, wenn auch die Einkommen entsprechend steigen.
- Nach Einführung des Mindestlohns ist in Niedriglohnbranchen die sozialabgabenpflichtige Beschäftigung gestiegen. Das ist das Ergebnis einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung.
- Zugleich sank die Zahl der Minijobber dramatisch - für die Autoren der Studie ein positives Signal.
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Der WSI-Forscher Thorsten Schulten wertete dafür die Beschäftigtenstatistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) aus. Danach sind bundesweit innerhalb eines Jahres bis Ende September 2015 knapp 688 000 mehr reguläre Stellen neu entstanden. Den stärksten Zuwachs mit einem Plus von 6,5 Prozent weist dabei das Gastgewerbe auf. Auch in anderen klassischen Niedriglohnbranchen wie bei den Wachdiensten, der Gebäudereinigung oder den Callcentern verzeichnet die BA-Statistik einen überdurchschnittlich starken Zuwachs an sozialversicherungspflichtigen Stellen - obwohl der Mindestlohn dort vielen Arbeitnehmern Gehaltszuwächse beschert haben dürfte.
Gleichzeitig ist aber die Zahl der Minijobs, für die die 8,50-Euro-Untergrenze ebenfalls gilt, deutlich zurückgegangen: Diese sank innerhalb eines Jahres bis September 2015 um mehr als 128 000. Schulten vermutet deshalb, dass die Arbeitgeber einen erheblichen Teil dieser Minijobs in reguläre Stellen umgewandelt haben. Denn allein im Gastgewerbe, im Handel und den "sonstigen Dienstleistungen" - alles Branchen, in denen die 450-Euro-Jobs stark verbreitet sind - seien binnen eines Jahres 215 000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze neu entstanden. Auf dieses Phänomen hatte bereits die Bundesbank aufmerksam gemacht. In den Dienstleistungsbranchen seien "zusätzlich zum bisherigen Aufwärtstrend" neue Stellen geschaffen worden, heißt es in ihrem Monatsbericht für August. Dies deute darauf hin, "dass eine Umwandlung oder Zusammenfassung in sozialversicherungspflichtige Stellen als Reaktion auf die Einführung des allgemeinen Mindestlohns stattgefunden hat".
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Es wäre schön, wenn auch die hinhaltenden Widerstände gegen einen allgemein verbindlichen Tarifvertrag "Soziales", die insbesondere von Vertretern aus den kirchlichen Wohlfahrtsverbänden kommen, genauso zusammenbrechen würden wie die Unkenrufe gegen den Mindestlohn. Denn Mindestlohn und Lohnuntergrenzen ersetzen keine Tarifverträge. Und was für weltliche Wohlfahrtsverbände gilt, muss auch für kirchliche Einrichtungen gelten - das ist schon eine Frage der Glaubwürdigikeit.
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Das mit den Bedenken aus der Wirtschaft ist doch ein alter Hut. Die FAZ - sicher keine gewerkschaftsnahe Zeitung - hat schon am 21. September 2007 (!) im Wirtschaftsteil S. 15 (!!) berichtet: "Die rheinland-pfälzische Arbeitsministerin Malu Dreyer fordert einen gesetzlichen Mindstlohn für ganz Deutschland. "Es gibt kaum Hinweise auf negative Beschäftigungseffekte". Dass die Arbeitgeber nach fast zehn Jahren (!!!) diese alten Drohkulissen immer noch aufbauen, zeigt, wie wenig Argumente sie haben. Es geht ausschließlich um die Befürchtung, dass die Gewinnausschüttungen niedriger werden. Nur können die Brüder das nicht so laut sagen. Und das Schüren von abstrusen Ängsten verfängt immer wieder.
AntwortenLöschenDass der Mindestlohn nicht geschadet hat, schrieb heute sogar die Wirtschaftszeitung FAZ:
AntwortenLöschenhttp://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/oekonomen-mindestlohn-schadet-deutschem-arbeitsmarkt-nicht-13993139.html
Ökonomen
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Seit einem Jahr gilt der Mindestlohn. Kritiker warnten, die Lohnuntergrenze könnte unzählige Jobs vernichten. Doch die Bilanz der Arbeitsmarktexperten fällt bislang positiv aus.
01.01.2016 ...