Mittwoch, 12. Januar 2022

Vorteile von Tarifverträgen - manches geht nur mit ...

Viele Regelungen und Optionen des Arbeitsrechts können in Deutschland nur durch Tarifverträge genutzt werden - offenbar weil der Gesetzgeber unterstellt, dass nur starke Gewerkschaften in der Lage sind, Nachteile diverser Regelungen zu erfassen und ungerechtfertigte Belastungen der Arbeitnehmer abzuwehren.
Die Gesetzgebung lautet dann in der Regel "durch Tarifvertrag kann" oder ähnlich, und dadurch sind zumeinst Abweichungen von gesetzlichen Grundregelungen ermöglicht.
Einen Teil dieser Regelungen haben wir hier bereits angesprochen.
So erinnern wir an unseren Bericht AVR Caritas - Zusatzversorgung Anlage 8 auch künftig rechtswidrig? und die Ausführung, dass ein Wechsel von der gesetzlich vorgesehenen "Leistungszusage Betriebsrente" zur eingeschränkten "Beitragszusage" nur durch Tarifvertrag möglich ist. Denn die Reduzierung auf die Beitragszusage - der Arbeitgeber haftet lediglich noch für die ordnungsgemäße Abführung der Beiträge, nicht aber für die Höhe der zugesagten Betriebsrente - stellt zweifelsfrei eine perspektivische Belastung der Arbeitnehmer dar (vgl. unser Beitrag "Zur Finanzierung der (kirchlichen) Zusatzversorgung" vom September letzten Jahres). In der Regel ist eine starke Gewerkschaft in der Lage, die Solidität der Kasse, bei der eine Rentenzusage abgesichert wird, zu beurteilen und ggf. Maßnahmen zur Sicherung der Leistungsfähigkeit zu ergreifen. So wurde in § 15a ATV-K eine Eigenbeteiligung der Arbeitnehmer bei wenigen, einzeln ausdrücklich benannten Versorgungskassen vereinbart. Bei den dort nicht aufgeführten Kassen bestand keine Sorge über deren Leistungsfähigkeit, ein Eigenbeitrag der Arbeitnehmer war also weder geboten noch nötig.
Eine andere Regelung ist die sogenannte "Ausschlussfrist", mit der gesetzliche Verjährungsfristen (in der Praxis nahezu ausschließlich zu Lasten der Arbeitnehmer) verkürzt werden (vgl. unser Beitrag vom November 2019).
Nur ein Tarifvertrag kann (unter bestimmten Voraussetzungen) "Allgemeinverbindlich" erklärt werden (§ 5 TVG). Das ist so, weil nur Tarifverträge eine "normative Wirkung" haben. "Allgemeine Geschäftsbedingungen" (wie die AVR Caritas) fehlt aufgrund des Vorranges der Individualabrede (§ 305 b BGB) schon die nötige "Wirkmächtigkeit" - ganz abgesehen davon, dass solche Vertragsrichtlinien wegen der Möglichkeit zur Abweichung grundsätzlich nicht geeignet sind, die Basis für die Refinanzierung von Entgeltzahlungen durch Dritte zu bilden. Wenn solche Vertragsrichtlinien dennoch die Grundlage für eine Bezuschussung sind, dann führt jede einzelne Abweichung zu Lasten der Arbeitnehmer zwangsläufig zum Vorwurf des Subventionsbetruges (§ 264 StGB).
In unserem Zusammenhang darf auch auf die sogenannten "Klauselverbote" (§§ 309, 308 BGB) verwiesen werden, die bei "Allgemeinen Geschäftsbedingungen" unzulässig sind.

Resümee?
Nicht alles, was kirchliche Arbeitgeber gerne im "Dritten Weg" regeln wollen, ist zulässig. Nicht alles hält einer Inhaltskontrolle stand.

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