Donnerstag, 20. Januar 2022

Heute: Kirche und Gesellschaft - leider ...

Mit dem Rummel um das heute veröffentlichte Missbrauchsgutachten für die Erzdiözese München und Freising kommen wir nicht umhin, uns auch mit diesem Thema auseinander zu setzen.

1. Sogar im "tiefkatholischen Bayern" überschlagen sich die Austritte und erreichen immer neue Rekorde (Quelle)
2. Ja, das Vertrauen der Menschen in Deutschland ist nach Angaben des forsa-Instituts auf einem Tiefpunkt (Quelle). Es scheint uns aber "zu kurz gesprungen", das ursächlich auf den geistlichen und sexuellen Missbrauch zu reduzieren. Das Problem ist viel weitergehender.
2.a) Der (Macht-)Missbrauch ist eine Folge der theologischen Überhöhung geistlicher Berufe, und der damit einhergehende Klerikalismus führt zwangsläufig zum Verdrängen, Verschweigen und zur systemischen Vertuschung - weil nicht "am Lack gekratzt werden" darf.
2.b) Verdrängung, Vertuschung und Wegschauen sind das eigentliche Missbrauchs-Problem der Institution Amtskirche.
"Nichts ist verhüllt, was nicht enthüllt wird, und nichts ist verborgen, was nicht bekannt wird." (Lk 12,1-2)
Und weil das "Verdrängen und Wegschauen" zur Erhaltung der Machtkultur gehört, sind auch nicht diejenigen die "Bösen", die ihre Stellung missbrauchen sondern diejenigen, die auf die Fehler hinweisen und auf deren Behebung drängen. Dass das universelle Kirchenrecht die Gläubigen dazu ausdrücklich berechtigt und bisweilen sogar dazu verpflichtet (Can. 212 § 3 CIC) wird dabei geflissentlich und gerne übersehen.

Und jetzt kommt etwas das im Getöse der Missbrauchsdebatte untergeht:
3. Der Kern des Problems ist doch auch, dass die "klerikale Amtskirche" keinen Bezug mehr zur Lebenswirklichkeit der Gesellschaft hat. Die Kirche erreicht die Menschen nicht mehr. Wer von der Kirche nicht mehr angesprochen ist, der nimmt Skandale - welcher Art auch immer - zum (vordergründigen) Anlass, sich von dieser lebensfremden Organisation zu trennen. Das hat sich schon bei der Würzburger Synode (1971-1975 - Beschluss "Kirche und Arbeiterschaft") abgezeichnet. Und die deutsche Kirche ist im Zirkulieren der eigener Nabelschau weiterhin nicht bereit, die Konsequenz aus diesem dort bezeichnenden "fortwährenden Skandal" zu ziehen. Das Klammern an der Macht und die Selbstverliebtheit von Funktionären in die eigene Wichtigkeit verhindert die Umsetzung der lehramtlichen Sozialenzykliken. Und jeder neue Skandal bricht weiteres Material aus den zerbröselnden tönernen Füßen.
Wer einen tönernen Topf mit Stahllack überzieht, hat noch keine tragende Säule.
Es ist ein schleichend beginnender Prozess, erst ein langsam rieselndes Ausbluten das sich aber mit jedem neuen Abplatzen am Lack verstärkt und über die Jahre hin zu einer reißenden Flutwelle wird, die scheinbar gesicherte Wahrheiten - eigentlich nur Gewohnheiten - mit sich fortschwemmt.

Da bleibt der gestrige Aufruf von Papst Franziskus zur Wahrung der Arbeitnehmerrechte aller Menschen ein weiter ungehörtes Säuseln, das im Krachen der fallenden und hinweg geschwemmten Bäume untergeht.

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