Sonntag, 2. Oktober 2016

Sonntagsnotizen: "Gerecht geht anders - Diakonie im Rückwärtsgang"

Ein Blick über den Tellerrand kann nicht schaden -  es sind nur die unterschiedlichen Varianten der Entsolidarisierung, die den 3. Weg von Diakonie und Caritas unterscheiden:
Der »Dritte Weg« kircheninterner Lohnfindung steckt tief in der Sackgasse. Seit Monaten finden bei der Diakonie Deutschland Geheimgespräche und Schlichtungstermine statt, ohne dass die betroffenen Beschäftigten angemessen informiert oder gar beteiligt würden. ...
Quelle: Streikrecht ist Grundrecht


Eine Gemeinsamkeit der "Dritten Wege" bei den Kirchen und ihren Wohlfahrtsverbänden ist die "Stellvertretermentalität". Die Beschäftigten sind weder bei der Aufstellung von Forderungen, noch bei der Durchsetzung noch bei der Entscheidung über die Akzeptanz eines Verhandlungsergebnisses beteiligt.
Wer sich nicht selbst aktiv beteiligen kann, ist dem Wirken der Verhandlungsführer hilflos ausgeliefert. "Die da oben" werden schon machen. Und "denen da oben" sitzen die Arbeitgebervertreter gegenüber, deren Zustimmung zu einem Verhandlungsergebnis benötigt wird. Die Zustimmungsbereitschaft endet aber dort, wo ausreichende Löhne geboten werden, um das nötigste Personal gewinnen zu können. Denn auch in kirchlichen Wohlfahrtsverbänden sind die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zunächst Kostenfaktoren. Und Kosten müssen - bei der vorgegebenen Höhe der Refinanzierung nach dem "Günstigkeitsprinzip" - möglichst gering gehalten werden. Dass man dann beim größten "Kostenfaktor", den eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, spart - belegen die Diakonie, die Regionalkommission Ost oder die unter Vergütungsgruppen der "Caritas West". Die Bereitschaft, Lohnerhöhungen zuzustimmen, hört auf der "Arbeitgeberbank" auf, sobald ausreichend Personal gewonnen werden kann. Ob die so gezahlten Löhne ausreichend sind, oder etwa Altersarmut verursachen, ist demgegenüber nachrangig.

Das Bundesarbeitsgericht hat diese Erkenntnis in seiner Entscheidung "auf den Punkt gebracht":
...
Tarifverträge kommen nur zustande, wenn sie gegebenenfalls von den Gewerkschaften mit den Mitteln eines Arbeitskampfes erzwungen werden können. Die Gewerkschaften sind auf die Bereitschaft der Arbeitgeber oder Arbeitgeberverbände zum Abschluss von Tarifverträgen angewiesen. Sie wollen in der Regel eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen für ihre Mitglieder erreichen. Andererseits kann sich die Arbeitgeberseite auf die Ablehnung einer Vereinbarung beschränken. Deshalb hilft den Gewerkschaften nur ein weiterer Druck. Das folgt aus der bisherigen Sozialgeschichte (vgl. BAG 33, 140, 150 = AP Nr. 64 zu Art. 9 GG Arbeitskampf, zu A I 2 a der Gründe) ebenso wie aus der geltenden Wirtschaftsordnung. ..... Bei diesem Interessengegensatz wären Tarifverhandlungen ohne das Recht zum Streik nicht mehr als "kollektives Betteln" (BAG, aaO). Deshalb muss der Streik in unserem freiheitlichen Tarifvertragssystem zum Ausgleich sonst nicht lösbarer Interessenkonflikte möglich sein....

Quelle: BAG, Urteil vom 12. September 1984 - 1 AZR 342/83 -

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