Montag, 12. Oktober 2015

Unser Staat muss sich davon verabschieden, die Probleme in der Pflege zu Billigstpreisen an andere Länder abzugeben

...so Prof. Emunds Fazit im Gespräch mit der SZ: -  Sueddeutsche Zeitung, 10. Oktober 2015: "Eine Mutter opfert sich auf" - zur Frage, was der Weggang der Frauen für polnische Familien bedeutet. Im Artikel Sie machen den Job beschreibt die SZ die Problemlage näher ("...meist ohne anständigen Vertrag. Dabei gibt es Möglichkeiten, sie legal zu beschäftigen.")

Ausführlich hatte sich bereits Prof. Stefan Sell am 4. Oktober in einem Beitrag auf seinem Blog Arbeitsmarkt: Frauen, die Frauen ersetzen, die Frauen ersetzen. Über globale "Care-Ketten", "Gefühlsarbeiterinnen" oft ohne Gegengefühl und dann diese "Wirtschaftsflüchtlinge" mit der Thematik befasst.


Dort sind auch mehrere Studien annonciert, die das Thema vertiefen:
Patrycja Kniejska: All-inclusive-Pflege aus Polen in der Schattenzone. Ergebnisse von Interviews mit polnischen Pflegekräften, die in deutschen Privathaushalten beschäftigt sind. Bonn: Friedrich-Ebert-Stiftung, Mai 2015
Wissenschaftliche Arbeitsgruppe für weltkirchliche Aufgaben der Deutschen Bischofskonferenz (Hrsg.): Wen kümmert die Sorgearbeit? Gerechte Arbeitsplätze in Privathaushalten. Studien der Sachverständigengruppe „Weltwirtschaft und Sozialethik“ Bd. 20, Bonn 2015
Andrea von der Malsburg und Michael Isfort: Haushaltsnahe Dienstleistungen durch Migrantinnen in Familien mit Pflegebedürftigkeit. 24 Stunden verfügbar – Private Pflege in Deutschland, Bonn: Friedrich-Ebert-Stiftung, Juli 2014
Es ist schwierig, die Dinge gedanklich zu vertiefen, ohne in bittere Gedanken zu verfallen: Migration (und Flucht) ist dann akzeptabel, wenn sie Ausbeutungszwecken dient?

Ver.di fordert Beratungsangebote für die Frauen in Deutschland und in den Herkunftsländern um unfaire Arbeitsbedingungen zu bekämpfen: Migrantinnen aus Osteuropa in Privathaushalten (pdf-Broschüre 2014)

Auch in der Caritas ist die Problemlage Thema: im Beitrag Pflege und Migration in Europa aus dem Caritas-Jahrbuch 2012 wird die Sache vertieft und das Fazit gezogen:
"Der "Preis" für die preisgünstige Schwarzarbeit in Haushalten von Pflegebedürftigen, den die Gesellschaft letztlich bezahlt, ist hoch: Es ist die Entwertung der Pflegebedürftigen, der Arbeitnehmer(innen) und der Pflege. Ein Umdenken tut not."
Der Beitrag ist 4 Jahre alt. Das angesprochene Umdenken versteckt sich gut. Es wäre die Sache von uns allen...


PS. Wenn man das Thema hörend statt lesend vertiefen möchte: hier gibt es einen Podcast zur Diskussionsveranstaltung im WDR am 1. Oktober mit dem Pflegebeauftragten der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann und Prof. Dr. Bernhard Emunds, Professor für Christliche Gesellschaftsethik an der Hochschule Sankt Geogen und Leiter des Nell-Breuning-Instituts




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