Die wirtschaftliche Entwicklung muss ein menschliches Gesicht behalten, so dass keiner ausgeschlossen wird.Wir möchten dazu einige Anmerkungen machen:
In der Chemieindustrie stiegen die durchschnittlichen verfügbaren Einkommen je Beschäftigtem von 2003 bis 2011 um 8600 Euro.
Für 2012 bis 2020 wird eine Steigerung von 6200 Euro prognostiziert.
Im Bereich Erziehung/Unterricht sank das durchschnittliche verfügbare Einkommen je Beschäftigtem von 2003 bis 2011 um 2150 Euro; für 2012 bis 2020 wird eine Steigerung von 1350 Euro prognostiziert.
Bei den von Erziehung und Unterricht betroffenen sieht es so aus:
Das durchschnittliche äquivalenzgewichtete Haushaltseinkommen stieg bei Alleinstehenden von
- 24.800 um 2.000 Euro
bei Alleinerziehenden von
- 17.850 um 1.050 Euro
dieselben Zahlen
für Paare ohne Kinder von
- 28.600 um 2.100 Euro
für Paare mit Kindern von
- 22.250 um 2.000 Euro
Quelle:
https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/BSt/Publikationen/GrauePublikationen/Lohneinkentwickl2020_final.pdf
(wir hatten die Gehaltsunterschiede bereits am Mittwoch, 22. Juli 2015 in unserem Blog-Beitrag thematisiert)
Dienstleistungsberufe (also typischerweise so genannte "Frauenberufe" - vgl. schon SOCIAL WATCH REPORT DEUTSCHLAND 2009, S. 32 - "Die Krise ist nicht geschlechtsneutral") und Familien mit Kindern haben demnach keinen gerechten Anteil an der Wirtschaftsentwicklung. Sie zählen zu den "Verlierern" der Umverteilung. Der Kampf für höhere Löhne im Sozial- und Erziehungsdienst hat die sozialen Berufe ins Blickfeld gerückt. Vielfach unterbezahlt, oft unsichtbar: "Wollen wir sie angemessen vergüten, müssen wir einen politischen Preis zahlen", sagt Wirtschaftsethiker Ulrich Thielemann, Direktor des MeM in Berlin im heute.de-Interview.
"Ohne Umverteilung wird das Soziale zum Luxus"Die Denkfabrik für Wirtschaftsethik (MeM) steht für eine menschliche Marktwirtschaft.. Thielmann führt weiter aus:
... von allein funktioniert der Markt nicht gerecht. Ohne Regulierung, die auch Momente der Umverteilung einschließt, droht eine Rückkehr zu überwunden geglaubten Zeiten einer Schicht von Superreichen, die nicht wissen, wohin mit all den Überschüssen, die ihnen zufließen, und den vielen anderen, deren Einkommen bestenfalls stagnieren, die Angst vor dem Absturz haben und deren Jobs immer stressiger werden.Die Entwicklung der Einkommensschere hat ver.di schon vor Jahren kritisch angesehen: Und auch die OECD hat in einer Studie schon 2011 gewarnt:
Einkommensschere geht in Deutschland auseinander
Deutschland galt lange als gerechte Gesellschaft. Jetzt werden laut OECD die Unterschiede zwischen Arm und Reich aber immer größer.
Für die Dienstleistungsberufe ist der politisch gewollte Kostenwettbewerb im Sozialwesen ursächlich für diese Entwicklung, die durch die Spaltung der Arbeitnehmer in unterschiedliche (Haus-)Tarifverträge und verschiedene Wege der "Tariffindung" noch gefördert wird. Den Sozial- und Wohlfahrtsverbänden gelingt es immer weniger, den Anschluss zumindest an die (ohnehin bescheidenen) Vorgaben des öffentlichen Dienstes (TVöD) zu halten. Während Sozialverbände wie AWO und BRK oder die Caritas das Ergebnis noch "nachverhandeln" (und mit mehr oder weniger großen Abstrichen und zeitlichen Verzögerungen noch weitgehend zu halten versuchen), hat die Diakonie den Anschlussversuch schon längst aufgegeben und ein eigenes Vergütungssystem mit weniger Entgeltgruppen und weniger Entwicklungsstufen eingeführt. Letzteres erschwert die Vergleichbarkeit und verdeckt so, dass sich schon nach wenigen Jahren ein zunehmendes Lohngefälle zum öffentlichen Dienst entwickelt. Im Protokoll der Kirchenkonferenz der Evangelischen Kirche in Deutschland vom 30. Juni 2005 ist dazu festgehalten, dass die EKD und die Diakonie ein eigenständiges Tarifsystem entwickeln, das im Gesamtergebnis fünf Prozent unter dem TVöD bleiben soll. Das setzt auch bisher tariftreue Anbieter "unter Kostendruck" (siehe z.B. AK Info vom 05.12.2013).
Wundert sich da jemand, dass ver.di mit der "Aufwertungskampagne" in den Dienstleistungsberufen - bei Alten- und Krankenpflege, im Sozial- und Erziehungsdienst - auch die kirchlichen Sozialverbände in den Blick nimmt? Auf den Antrag K 001 aus dem ver.di Bundeskongress von 2011 darf man verweisen.
Ich wundere mich nicht, und ich bin sicher, dass die Bemühungen von ver.di mit der Urabstimmung im Sozial- und Erziehungsdeinst nicht beendet sind sondern weitergehen werden.
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