Folgerungen aus der Vorgabe, dass im Dienstleistungsbereich die Bereitstellung der Arbeitskraft im Fokus steht!
"Quantität ist etwas, was man zählt - Qualität ist etwas, auf was man zählt"
Bei Bereitstellung der Dienstleistungen steht die Qualität der Arbeit im Vordergrund des Interesses. Das wird an einem einfachen Beispiel deutlich.
Krankenhauskeime sind eine der wichtigsten Probleme im Klinikbereich. Sogar im Reinigungsdienst kann es daher nicht um die Quadratmeter gehen, die mehr oder weniger oberflächlich gereinigt werden. Gründlichkeit geht "vor Fläche". Und was schon im Reinigungsdienst gilt, muss für den Umgang mit Menschen - sei es als Arzt oder als Pflegekraft - erst recht gelten.
Dabei muss der "ganzheitliche Ansatz" im Mittelpunkt der Bemühungen stehen. Es hilft wenig, die Aufgaben etwa in der Altenpflege so zu "zerlegen", dass etwa die verantwortlichen Pflegefachkraft nicht mehr überblicken kann, ob genug Flüssigkeit aufgenommen wird - weil die Versorgung mit Lebensmitteln und Getränken durch Hilfskräfte eines Cateringunternehmens erfolgt. Das mag finanziell günstiger sein - dient im Zweifel aber nicht der optimalen Versorgung.
Dienstleistungen können nur als "Bereitstellung von Arbeitskraft" (für einen vereinbarten Zeitraum) vergütet werden *). Je mehr Qualität bei dieser Bereitstellung gefordert wird, desto teurer ist die Arbeitskraft. Die ausgebildete Ärztin leistet mit der Vorgabe, welche Medikamente in welcher Dosierung angezeigt sind, eine "höherwertigen" Tätigkeit als der Krankenpfleger, der die Umsetzung dieser Anordnung verantwortet. Der Chefarzt wird aufgrund seiner Erfahrungen und Kenntnisse im Zweifel eine höhere Arbeitsqualität erbringen können als der frisch gebackene Doktor von der Universität.
Daher war bisher im BAT - genauso wie in den einschlägigen Kopien dieses Tarifwerkes - geregelt, dass die Beschäftigten nach der Art ihrer Tätigkeit, nach den Qualitätsanforderungen, den sogenannten "Tätigkeitsmerkmalen" für die Tätigkeit "eingruppiert sind".
Die Eingruppierung erfolgt nach "Tätigkeitsmerkmalen", die herkömmlich nach den Anforderungen an die Qualifikation der Arbeitskraft gestaffelt sind. Den "un- und angelernten" Tätigkeiten folgen die Eingruppierungen nach dem "mittleren Dienst" (eine i.d.R. dreijährige fachbezogene Berufsausbildung), dem "gehobenen Dienst" (mit dem klassischen Fachhochschulniveau oder dem "Meisterbrief" - heute wohl dem "Bachelor" vergleichbar) und dem "höheren Dienst" (der für die Tätigkeit ein wissenschaftliches Hochschulstudium z.B. an einer Universität oder einer Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie - heute wohl "Master"); voraussetzt.
Wer für mindestens 50% seiner Tätigkeiten ein Hochschulstudium benötigt, der wird einer Entgeltgruppe des "höheren Dienstes" zugewiesen. Die nähere Differenzierung wird durch "unbestimmte Rechtsbegriffe" wie Selbstständigkeit, umfangreiche oder vielseitige Fachkenntnisse, (Maß der) Verantwortung usw. vorgenommen.
Die Eingruppierungsdiskussion der Sozial- und Erziehungsdienste zeigt die Problematik auf. Die Anforderungen an die Qualität der Arbeit werden immer höher (Bayerischer Erziehungs- und Bildungsplan - BEP, Inklusion .....). Und deshalb wird die Forderung nach Aufwertung auch mit diesen Anforderungen begründet, und nicht mit der Zahl der Kinder, die von einer Erzieherin betreut und gefördert werden. Der anhaltende Zustrom von minderjährigen Flüchtlingen - traumatisiert, unbegleitet, der Sprache nicht mächtig - verlangt noch mehr Qualität und nicht einfach angelernte Kräfte. **)
Auch die Pflegekräfte in den Altenheimen und Krankenhäusern gehen von berufsfachlichen Anforderungen ("Funktionsmerkmale") aus, die für ihre Tätigkeiten und eine entsprechende Aufwertung maßgeblich sind.
Damit ist es dann auch logisch, dass auch weiterhin die "Qualität" der geforderten Tätigkeiten über "Eckeingruppierungen" die Grundlage für eine Entgeltordnung sein müssten - und die längere "Bereitstellung von Arbeitskraft" - die Mehrarbeit oder Überstunde - auch zu entsprechend höheren Lohn- und Gehaltszahlungen führen muss.
*) Daraus folgen dann z.B.:
- dass die Arbeitszeit mit dem Zeitpunkt beginnt, zu dem die Arbeitsleistung bereit gestellt wird. Es ist nicht in der Verantwortung der Beschäftigten, dass der eigentliche Einsatzort ggf. weitab vom Zugang des Betriebsgebäudes liegt, ***)
- dass erforderliche Umkleide- und Übergabezeiten und notwendige innerbetriebliche Wegezeiten im Krankenhaus ***) oder die Vor- und Nachbereitung (Verfügungszeit) im KiTA-Bereich selbstverständlich Arbeitszeiten (und keine Pausen) sind,
- dass es Sache des Arbeitgebers ist, die angebotene Arbeitsleistung auch in Anspruch zu nehmen; reduzierte Belegungen oder verringerte Buchungszeiten (in der Kita) sind das normale "Betriebsrisiko" des Arbeitgebers und nicht "auf dem Rücken der Beschäftigten" zu lösen,
- dass eine höhere zeitliche Inanspruchnahme auch zu einer entsprechend höheren Vergütung führt (BAG-Urteil vom 25. April 2013 - 6 AZR 800/11 -zu § 7 Abs. 8 c TVöD-K und TVöD–B; erklärt unter: http://www.schichtplanfibel.de/zu-lang-zu-oft-zu-viel)
**) Das "Herunterschrauben" von Anforderungen ist der falsche Weg. Wir brauchen mehr qualifiziertes Personal - und Qualität ist teuer. Qualität wird sich also auch in der Vergütung widerspiegeln müssen.
***) die Frage ist doch, wann bzw. wo die Arbeit bereitgestellt wird, und damit ab wann die vergütungspflichtige Arbeitszeit beginnt;
Konkret:
Nach gefestigter Rechtsprechung des BAG beginnt und endet sie mit der tatsächlichen Arbeitsaufnahme bzw. mit der Beendigung der Arbeitsleistung am Arbeitsplatz. Und zur Arbeitsleistung gehört das Anlegen der Dienstkleidung. So gehen regulär zum Beispiel Wege auf dem Betriebsgelände zulasten des Arbeitnehmers. Das ist natürlich besch...., wenn auf dem Betriebsgelände eine entsprechend lange Wegstrecke zurück zu legen ist. Das BAG hatte schon im Urteil vom 28. Juli 1994 - 6 AZR 221/94 – zum BAT entschieden, dass die Arbeitszeit mit dem Betreten und Verlassen des innerhalb der Station gelegenen Umkleideraums beginnt und endet. Neu gibt es ein Urteil zum TVöD / TV-L:
Mit Urteil vom 19.09.2012 – 5 AZR 678/11 hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass Umkleidezeiten und durch das Umkleiden veranlasste innerbetriebliche Wegezeiten vergütungspflichtige Arbeitszeit sind, wenn der Arbeitgeber das Tragen einer bestimmten Kleidung vorschreibt und das Umkleiden im Betrieb erfolgen muss.Quelle: TS-bericht Nr. 001/2013
... Der Arbeitgeber hat daher nicht nur die eigentliche Arbeitszeit zu vergüten, sondern auch solche Tätigkeiten, die er den Beschäftigten aufgrund seines (arbeitsvertraglich vermittelten) Direktionsrechts abverlangt.
... Soweit (nach dem Inkrafttreten des TV-L abgeschlossene) Dienst- oder Betriebsvereinbarungen die Zeiten für das Umkleiden und die innerbetrieblichen Wegezeiten pauschal festlegen, sind diese grundsätzlich unwirksam und können den Vergütungsanspruch weder begründen noch begrenzen. Eine Dienst- bzw. Betriebsvereinbarung ist grund-sätzlich nur über Beginn und Ende, nicht aber über die Dauer der Arbeitszeit zulässig.
...
Kollektiv- oder individualvertragliche Vereinbarungen können wohl auch weiteres (!) vereinbaren. Es liegt also an einer Dienstvereinbarung (etwa zur Einführung von Kontrollgeräten - "Stechuhr", "Stempeluhr") zu klären, wo denn konkret ein entsprechendes Zeiterfassungsgerät steht - und damit die Arbeitszeit beginnt.
Nicht zur Arbeitszeit gehört die Wegezeit, die der Arbeitnehmer von seiner Wohnung zur Arbeitsstätte benötigt, also außerhalb des Betriebsgeländes zurück legt (ständige Rechtsprechung des BAG, zuletzt Urteil vom 27.11.2008, Az: 6 AZR 765/07). Sie ist sowohl arbeitsschutzrechtlich wie auch vergütungsmäßig irrelevant.
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