Auf das angekündigte Impulspapier "Gesellschaftlicher Zusammenhalt" sind wir schon mal sehr gespannt. Verfolgt es doch die Intention, eine dreijährige Initiative der Caritas zum gesellschaftlichen Zusammenhalt grundzulegen.
Nicht verwunderlich ist, dass unmittelbar im Zusammenhang mit den Hinweisen zum Papier die Diskussionen zum 3. Weg Erwähnung finden. Die klassische katholische Soziallehre hat hinsichtlich der Frage des gesellschaftlichen Zusammenhaltes immer wieder auch die (positive) Rolle der Gewerkschaften betont.
Der Warnstreik der Ottenweiler Marienhausklinik im Oktober löste dem Bericht nach auch eine Diskussion zum kirchlichen Arbeitsrecht aus.
"Der kurz vor der Delegiertenversammlung durchgeführte Warnstreik an einer Klinik in Ottweiler im Bistum Trier löste eine Diskussion zum kirchlichen Arbeitsrecht aus. Es war der erste bekannte Streik in einer katholischen Einrichtung mit großem Medienecho, aber einer Beteiligung von nur zehn Mitarbeitenden. Die Gewerkschaft Ver.di hatte dazu aufgerufen, um auf die unbefriedigende Arbeitssituation für Pflegende hinzuweisen. Vorstand Hans Jörg Millies verwies auf die klare Rechtslage, die Arbeitskampfmaßnahmen in Caritaseinrichtungen unzulässig macht. Im Konfliktfeld sei jetzt auch von der Kirche eine deutlichere Stellungnahme erforderlich. Einzelne Delegierte äußerten den Wunsch, über eine Öffnung der Grundordnung für den Zweiten Weg nachzudenken. Caritaspräsident Peter Neher sieht es als notwendig an, sowohl im Caritasverband als auch im Verband der Diözesen Deutschlands eine Debatte zum Streik und zu den Möglichkeiten von Trägern innerhalb und außerhalb des Dritten Weges zu führen. Er frage sich allerdings, „wie wir ohne den Dritten Weg zu guten Löhnen für die Mitarbeitenden kommen". Auch Vizepräsident Heinz Josef Kessmann betonte, dass zum Profil der Caritas gute Arbeitsbedingungen für die Mitarbeitenden gehörten. Die neue caritas wird in Kürze weiter zu dieser Debatte informieren."
(Neue Caritas 19/2017, S. 21)Die beginnende Diskussion darf man erfreulich finden und die 10 genannten mutigen Warnstreikenden (es gibt auch andere Zahlen) dürfen dann doch für sich in Anspruch nehmen und zeigen, dass auch kleine Gruppen im solidarischen Engagement etwas erreichen können, wie z.B. den Nebeneffekt einer entsprechenden Diskussion von 180 Delegierten des Deutschen Caritasverbandes.
Die Diskussion werden wir natürlich nicht nur den Delegierten des Caritasverbandes überlassen und uns auch selbst daran beteiligen. Und zu hoffen ist, dass auch viele Beschäftigte der Caritas sich an den Diskussion beteiligen und diese nicht nur ihren gewählten Vertretern überlassen!
Wie man "ohne den Dritten Weg zu guten Löhnen für die Mitarbeitenden" kommen kann, zeigen die Gewerkschaften etwa des öffentlichen Dienstes: nämlich mit Tarifverträgen!
Und seinen Respekt gegenüber dem 2. Weg zollt auch der 3. Weg, insbesondere der der Caritas, für den die Tarifergebnisse, Tarifregelungen, Tabellen und Erhöhungen seit Jahrzehnten Vorbild und Grundlage der eigenen "Arbeitsvertragsrichtlinien" sind.
(Der im Tarifvertrag gefundene Kompromiss wird dann noch einmal auf den Namen "Konsens" umgetauft, und man kann sich rühmen, ohne schmutzige Arbeitskämpfe zum Ergebnis gekommen zu sein, weil man in der Regel abwartet, bis diese Arbeit erledigt ist...)
Ob sich allerdings ohne die spirituelle Tugend der Solidarität, der auch im Kampf für Arbeitnehmer in und mit Gewerkschaften seinen Ausdruck findet, der gesellschaftliche Zusammenhalt auf Dauer sichern lässt?
"Vorstand Hans Jörg Millies verwies auf die klare Rechtslage, die Arbeitskampfmaßnahmen in Caritaseinrichtungen unzulässig macht." - da hat der gute Vorstand das letzte Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Thema wohl nicht gekannt. Danach besteht derzeit in keiner (!) kirchlichen Einrichtung ein wirksames Streikverbot. Und wenn man das Grundgesetz als "für alle geltendes Gesetz" betrachtet, dann gilt auch Art. 9 Abs. 3 GG - wonach das Koalitionsrecht auch vertraglich nicht beeinträchtigt werden kann und nicht einmal im Katastrophen- und Kriegsfall durch gesetzliche Regelungen das Streikrecht beschränkt werden dürfte. Wie der Vorstand dann darauf kommt, dass durch kirchenrechtliche Normen, die unmittelbar nur die kirchlichen Arbeitgeber binden, das Streikrecht der Gewerkschaften verboten werden könne, bleibt unerfindlich.
AntwortenLöschenSehr geehrter Herr Millies, wenn die Gewerkschaften auf die Ausübung des Streikrechts verzichten sollen, dann geht das nur durch eine vertragliche Vereinbarung - und dazu müssen die kirchliche Arbeitgeber den Gewerkschaften auch die Zusagen machen, die eine Ausübung des Streikrechts nicht erforderlich machen. Im Fach-Jargon nennt man das "tarifvertragliche Friedenspflicht".
Das ist auch der Sinn der Regelung in der Grundordnung. Die kirchlichen Arbeitgeber, an die sich die Grundordnung unmittelbar wendet, sind verpflichtet, dafür zu sorgen, dass Arbeitskampfmaßnahmen gar nicht erst erforderlich werden.
Ich nehme darüber hinaus einmal an, dass Sie katholisch sind. Dann gilt für Sie aber auch der katholische Katechismus und - last, but not least - die Vorgabe von c. 1286 CIC. Daran werden Sie sich doch wohl halten wollen, oder?