Wir möchten dazu auf das Apostolische Schreiben "EVANGELII GAUDIUM" von Papst Franziskus vom 24. November 2013 verweisen, in denen er mehrfach auf den Begriff der "Barmherzigkeit" eingeht.
Zunächst zitiert der Papst Thomas von Aquin mit der Aussage, dass die Vorschriften, die von Christus und den Aposteln gegeben wurden, "ganz wenige" sind. Die von der Kirche später hinzugefügten Vorschriften seien mit Maß einzufordern *]
"um den Gläubigen das Leben nicht schwer zu machen" und unsere Religion nicht in eine Sklaverei zu verwandeln, während "Die Barmherzigkeit Gottes wollte, dass sie frei sei"(EVANGELII GAUDIUM, 43)
Weiter führt Papst Franziskus aus:
Das Evangelium verkündet: "Selig die Barmherzigen, denn sie werden Erbarmen finden." (Mt. 5,7). Der Apostel Jakobus lehrt, dass die Barmherzigkeit den anderen gegenüber uns erlaubt, siegreich aus dem göttlichen Gericht hervorzugehen: "Redet und handelt wie Menschen, die nach dem Gesetz der Freiheit gerichtet werden. Denn das Gericht ist erbarmungslos gegen den, der kein Erbarmen gezeigt hat. Barmherzigkeit aber triumphiert über das Gericht." (2,12 - 13) In diesem Text erweist Jakobus sich als Erbe des größten Reichtums der nachexilischen jüdischen Spiritualität, die der Barmherzigkeit einen speziellen Heilswert zuschrieb: "lösch deine Sünden aus durch rechtes Tun, tilge deine Vergehen, indem du Erbarmen hast mit den Armen. Dann mag Dein Glück vielleicht von Dauer sein" (Dan 4,24). Aus derselben Perspektive spricht die Weisheitsliteratur vom Almosen als einer konkreten Übung der Barmherzigkeit gegenüber den Notleidenen: "Barmherzigkeit rettet vor dem Tod und reinigt von jeder Sünde (Tob. 12,)(EVANGELII GAUDIUM, 193) und folgend:
Für die Kirche ist die Option für die Armen in erster Linie eine theologische Kategorie und erst an zweiter Stelle eine kulturelle, soziologische, politische oder philosophische Frage: Gott gewährt ihnen "seine erste Barmherzigkeit"(EVANGELII GAUDIUM, 198)
Wenn man die bisherigen Aussagen auch als Hinweis auf den Umgang der Institution Kirche mit Menschen verstehen kann, die kein "Heiligmäsiges Leben" führen können (Stichwort: Loyalitätsanforderungen *]) - und als Wiederholung des ständigen Appells, den Armen zu helfen, sind die folgenden Ausführungen von einer geradezu prophetischen Aktualität:
Es ist unerlässlich, neuen Formen von Armut und Hinfälligkeiten .... unsere Aufmerksamkeit zu widmen. Wir sind berufen, in ihnen den leidenden Christus zu erkennen und ihm nahe zu sein, auch wenn uns das augenscheinlich keine greifbaren und unmittelbaren Vorteile bring. Die Migranten stellen für mich eine besondere Herausforderung dar, weil ich Hirte einer Kirche ohne Grenzen bin, die sich als Mutter aller fühlt. Darum rufe ich die Länder zu einer großherzigen Öffnung auf, die, anstatt die Zerstörung der eigenen Identität zu befürchten, fähig ist, neue kulturelle Synthesen zu schaffen. Wie schön sind die Städte, die das krankhafte Misstrauen überwinden, die anderen mit ihrer Verschiedenheit eingliedern und aus dieser Integration einen Entwicklungsfaktor machen! ....(EVANGELII GAUDIUM, 210) und
... Wir Christen müssten die islamischen Einwanderer, die in unsere Länder kommen, mit Zuneigung und Achtung aufnehmen, so wie wir hoffen und bitten, in den Ländern islamischer Tradition aufgenommen und geachtet zu werden.(EVANGELII GAUDIUM, 253 unter dem Kapitel "Der soziale Dialog als Beitrag zum Frieden")
...
Angesichts der Zwischenfälle eines gewalttätigen Fundamentalismus muss die Zuneigung zu den authentischen Anhängern des Islam uns dazu führen, gehässige Verallgemeinerungen zu vermeiden, denn der wahre Islam und eine angemessene Interpretation des Korans stehen jeder Gewalt entgegen. ...
Nachtrag:
EVANGELII GAUDIUM wendet sich nur an die Glieder der katholischen Kirche (200). Aber auch Nichtkatholiken sollten gute Argumente haben, wenn sie die Aufnahme von Flüchtlingen - die vor terroristischen Banden fliehen - begrenzen wollen, nach dem Motto: "das Boot ist voll, der Rest muss sich halt von IS köpfen lassen".
Und so ist auch das Ergebnis einer Podiumsdiskussion mit der Ex-Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, und Erzbischof Georg Gänswein, Präfekt des Päpstlichen Hauses, zu werten, von der Katholisch.de gestern berichtete:
Nicht "Pegida"-Anhänger verteidigen christliches Abendland Lob gab es für die vielen christlichen Gemeinden, die sich in Deutschland der Flüchtlinge annehmen. Sie und nicht die "Pegida"-Anhänger verteidigten mit ihrem Handeln das christliche Abendland, betonte Käßmann. Der Erzbischof ergänzte, hier werde christliche Nächstenliebe praktiziert an denen, die kommen. Solches Handeln helfe, den eigenen Glauben zu vertiefen und glaubhaft zu sein. Im Vatikan sei das Öffnen der Tore von Deutschland für die Flüchtlinge als vorbildlich angesehen worden "Das hat auch mich stolz gemacht", sagte der seit Jahren in Rom lebende Gänswein.
Dass erst vor wenigen Tagen eine protestantische Pfarrerstochter im katholischen Bayern auf einem Parteitag der christlichen Mehrheitspartei christlich-katholische Lehre verteidigen muss, gibt zu denken.
Die Attentäter in Paris waren im Übrigen keine Flüchtlinge, sondern alle mit Pässen europäischer Staaten. Was belegt, wie die Verweigerung von Integration wirkt.
Wenn es denn eine Leitkultur Europas gibt, dann ist das die Kultur der Toleranz. Und ansonsten gilt das, was Anwohner des ehemaligen Limes seit Jahrtausenden wissen müssten:
Der Limes hat das Römische Reich nicht vor den Invasoren gerettet. Eine Gesellschaft, die sich einen funktionierenden Zaun leisten kann, kann auch Immigration finanzieren."(Quelle: Arno Widman in der Berliner Zeitung vom 21./22.11.2015).
*] vgl. unser Beitrag vom 28. April des Jahres zur angekündigten Neufassung der Grundordnung:
Es tut einer Kirche, die sich auf die Nächstenliebe beruft, keinen Abbruch, selbst Barmherzigkeit zu üben.
Papst Franziskus @Pontifex_de · Vor 1 Stunde
AntwortenLöschenWir Christen und Muslime sind Geschwister und müssen uns als solche verhalten.