Wir dokumentieren im Folgenden (mit freundlicher Genehmigung der Verfasserin) das Thesenpapier von Annette Klausing zur zur Vertiefungsgruppe
"Kirchliche Sozialpartnerschaft
Diakonie Niedersachsen"
auf der Eichstätter Fachtagung zum kirchlichen Arbeitsrecht 2014 vom 10./11. März 2014
- "Bessere Arbeitsbedingungen durch Koalitionen? Wohin steuert das kirchliche Arbeitsrecht?"
Kirchliche Sozialpartnerschaft Diakonie Niedersachsen
Vorbemerkung
Die Sozialpartnerschaft in Niedersachsen zwischen Diakonie und ver.di ist nicht plötzlich entstanden, sondern Resultat eines langen Prozesses der je nach Lesart 2010 oder noch
viel
früher begonnen
hat (1997 mit Bildung der damaligen
Arbeitsrechtlichen Kommission). Jetzt stellt sich Vielen
außerhalb Niedersachsens die Frage, welche Faktoren
in Niedersachsen zu diesem Ergebnis geführt haben
und ob das Modell übertragbar ist.
These 1
Die Privatisierung und "Ökonomisierung" der sozialen Daseinsvorsorge sind
in Niedersachsen weiter
fortgeschritten als
in anderen Bundesländern. Die frei-gemeinnützigen Anbieter sozialer Dienstleistungen stehen
in harter (Lohn-) Konkurrenz zu privaten Anbietern und verstärken sie als
Unternehmensdiakonie und
-caritas auch unter- und gegeneinander.
Um
nicht an Glaubwürdigkeit und eigener Identität weiter zu verlieren,
müssen die Verbände der Wohlfahrtspflege dieser Abwärtsspirale etwas entgegen
setzen.
These 2
Die Arbeitnehmer/innen
der
Diakonie haben
aufgehört zu dulden, dass der
Wettbewerb
über den Druck auf ihre Arbeitsbedingungen ausgetragen wird. Der kirchliche
Sonderweg
im
Arbeitsrecht hat sich dabei als
unzureichend und hinderlich für die Vertretung ihrer Belange und Interessen erwiesen.
These 3
Aufgrund der Geschlossenheit der Arbeitnehmer/innen und ihrer Bereitschaft, auch in
einem länger
andauernden Prozess nicht mehr in
den "3. Weg" zurückzukehren und stattdessen die gewerkschaftliche Option zu wählen, wurde den
Verantwortlichen
in der Diakonie und auch in den verfassten Kirchen deutlich, dass eine Lösung in Kooperation mit ver.di
und
dem Marburger Bund
gefunden werden musste. Einseitige Setzungen
schieden aus.
These 4
Auf eine richtige Analyse folgt nicht immer richtiges Handeln.
In Niedersachsen haben die Akteure es jedoch verstanden,
die
Handlungs- und Entscheidungsebenen
so
voneinander abzuschichten,
dass auf jeder Ebene Identitäten und Zuständigkeiten gewahrt und
gleichzeitig Gestaltungsräume geöffnet werden konnten: die verfassten
evangelischen
Kirchen in Niedersachsen im Verhältnis zu ihrer Diakonie und zur EKD; die Diakonie als konfessioneller
Spitzenverband der Wohlfahrtspflege;
die diakonischen Träger als tariffähiger Unternehmensverband im Gegenüber zu den tariffähigen Gewerkschaften ver.di und MB.
These 5
Auch wenn die Ausgangsbedingungen unterschiedlich sind,
ist das „Modell Niedersachsen“ übertragbar.
Voraussetzung dafür ist der Abschied von
dem Wunsch, als Kirchen- bzw.
Diakonie -oder Caritasleitung
den
Regelungsrahmen vorzugeben.
Stattdessen ist die Bereitschaft nötig, die Umgestaltung zu
verhandeln. Dazu braucht es
auf allen Seiten Menschen,
die
fähig sind gegen den Strom in die richtige Richtung zu schwimmen.
Annette Klausing
Gewerkschaftssekretärin bei ver.di im Landesbezirk Niedersachsen-Bremen, zuständig für den Bereich Kirche, Diakonie und Caritas
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