KÖLN ‐ Im kirchlichen Arbeitsrecht entdeckt der Fuldaer Pastoraltheologe Richard Hartmann gleich mehrere problematische Punkte. Einer davon ist der Begriff der "Dienstgemeinschaft" – ein Relikt aus der Zeit des Nationalsozialismus.Das haben wir - nebenbei - schon vor Jahren unter Bezug auf die Dissertation von Hermann Luehrs festgestellt. Aber was sind schon 10 Jahre bei einer Organisation, die in "Ewigkeitsmaßstäben" rechnet?
... Als problematisch empfinde er etwa den im Arbeitsrecht verwendeten Begriff der "Dienstgemeinschaft", sagte der Professor für Pastoraltheologie und Homiletik der Theologischen Fakultät Fulda am Donnerstag auf "domradio.de" *). Er stamme aus der Zeit des Nationalsozialismus und sei "nirgendwo ordentlich gefüllt". Gemeint sein könnte damit, dass es in der Kirche nicht das Gegenüber von Arbeitgeber und Arbeitnehmern geben dürfte und damit eine gewisse Gleichheit bestehe. "Allerdings wird genau diese Gleichheit in vielen Punkten nur vorgespiegelt und stimmt in Wirklichkeit nicht ganz", so Hartmann.
... Hartmann erwartet, dass Fragen der persönlichen Lebensführung oder auch die Einforderung von Loyalität im kirchlichen Arbeitsrecht in Zukunft eine geringere Rolle spielen als bisher. Er frage sich allerdings, ob es überhaupt notwendig ist, in dieser Weise ein neues Arbeitsrecht zu schaffen. Möglicherweise wäre die Kirche in vielen Bereichen mit Dienstvereinbarungen und Compliance-Vereinbarungen besser aufgestellt. Die Grundfragen könnte man der Rechtsprechung in Europa und in Deutschland überlassen. ....
Da ist es dann auch nicht verwunderlich, dass religionspolitische Sprecher diverser politischer Verbände meinen, den Kirchen ihre besondere Nähe durch diverse lobhudlerische Verlautbarungen andienen zu müssen (Quelle 1, Quelle 2). Dass der "Dritte Weg" nicht vollends gescheitert ist sondern bei der katholischen Kirche und Caritas sogar "im Großen und Ganzen" als erfolgreich bezeichnet wird, hat er nur der Vorreiterrolle der Gewerkschaften im öffentlichen Dienst zu verdanken. Nur durch die Übernahme der Abschlüsse dort ist es bei katholischen Einrichtungen gelungen, die Arbeitsbedingungen halbwegs auf dem Standard der Zeit zu halten. Die "arbeitsrechtlichen Kommissionen" sind so gesehen die teuersten Kopieranstalten der Nation. Wäre es da nicht wesentlich günstiger, das teuere und ineffektive Nachverhandeln durch einen Anwendungstarifvertrag abzulösen, sich damit die tarifvertragliche Friedenspflicht einzuhandeln - und die dann freien kirchlichen Resourcen zur Definition und Verbesserung der "Kirchlichkeit" etwa im Bereich der seelsorgerlichen Aufwertung und Betreuung einzusetzen?
Und ganz nebenbei wären die kirchlichen MitarbeiterInnen auch den Ruf der "Trittbrettfahrer" und die kirchlichen Arbeitgeber den Ruf der "Ignoranten der eigenen Soziallehre" los.
*) siehe auch:
18.08.2022 Pastoraltheologe Hartmann fordert Umdenken im Arbeitsrecht
17.08.2022 Ein Interview mit Prof. Dr. Richard Hartmann (Lehrstuhl für Pastoraltheologie und Homiletik der Theologischen Fakultät Fulda)
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