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„Zwar haben sie (die Arbeitgeber) zuletzt signalisiert, dass sie sich einen Mindestbetrag vorstellen können – aber nicht höher als 300 Euro bei 24 Monaten Laufzeit, also 150 Euro pro Jahr. Eine wirksame soziale Komponente sieht anders aus: Deshalb fordern wir 500 Euro für 12 Monate. ...“. Aus diesem kurzen Satz geht hervor, warum unsere Bundestarifkommission das Arbeitgeberangebot einstimmig ablehnen musste.
Dass über einen Sockelbetrag die Kaufkraft insbesondere für die unteren und mittleren Einkommensgruppen erhalten bleiben muss, sollte unbestritten sein.
Nahrungsmittel sind zwischen Februar 2022 und Februar 2023 um 21,8 Prozent teurer geworden.meldete etwa die Verbraucherzentrale.
Darüber hinaus ist zu berücksichtigten, dass die Lebenshaltungskosten nicht nur von den Lebensmitteln abhängen. Das Statistische Bundesamt führt aktuelle (Februar 2022 bis Februar 2023) aus:
- Inflationsrate: + 8,7 %
- Verbraucherpreise Energie: + 19,1 %
- Verbraucherpreise Lebensmittel: + 21,8 %
Konkret:
Nach Forbes betrug der Preisanstieg in Deutschland 2020 noch 0,5 % - um über 3,1 % (2021) und 7,9 % für das Jahr 2022 (Quelle) auf die bereits genannten 8.7 % (Stand Februar 2023). Die letzte bekannte Prognose (EU-Kommission vom Febraur 2023) erwartet für 2023 eine Preissteigerung von 6,3 %.
Wenn die Nachfrage erhalten bleiben - und die Konjunktur nicht gefährdet werden - soll, dann muss die Lohnentwicklung mindestens der Preissteigerungsrate entsprechen. Das gilt insbesondere für die Arbeitnehmer bei den beiden größten Arbeitgebern in Deutschland - dem öffentlichen Dienst und den beiden Kirchen.
Ein wirtschaftlich ausgewogener Tarifabschluss muss daher die Preisentwicklung seit der letzten Vergütungsvereinbarung und während der Laufzeit der aktuellen Vereinbarung berücksichtigten. Eine kurze Laufzeit bringt bei einer volatilen Preisentwicklung dann auch die Sicherheit für Arbeitgeber und Arbeitnehmer, sich auf geänderte Rahmenbedingungen einstellen zu können.
Nun wird von der Arbeitgeberseite gerne mit den Kosten von hohen Tarifforderungen argumentiert:
Die Entgeltforderungen würden im Tarifbereich des Bundes Mehrkosten von rund 1,4 Milliarden Euro pro Jahr verursachen.(Quelle)
Diese "Kostenargumentation" übersieht, dass die Löhne und Gehälter des öffentlichen und kirchlichen Dienstes aus Steuern finanziert werden. Und bei einer Preissteigerung von gerundet 10 % steigen z.B. auch die Einnahmen aus der Mehrwerts- oder Umsatzsteuer entsprechend ebenfalls um 10 %.
Im Jahr 2021 wurden in Deutschland insgesamt 833,2 Milliarden Euro Steuern vor der Steuerverteilung von Bund, Ländern und Gemeinden (Gebietskörperschaften) eingenommen. Gegenüber dem Vorjahr war dies ein Anstieg um 93,5 Milliarden Euro (+12,6 %).(Quelle: Statistisches Bundesamt).
Den größten Teil der Steuern machten die Gemeinschaftsteuern aus (621,1 Milliarden Euro, +15,0 %). Dieses Steueraufkommen steht mehreren Gebietskörperschaften zu. Innerhalb der Gemeinschaftsteuern waren die Umsatzsteuer (einschließlich Einfuhrumsatzsteuer) mit 250,8 Milliarden Euro (+14,3 %) und die Lohnsteuer mit 218,4 Milliarden Euro (+4,4 %) am ertragreichsten. Bei den reinen Bundessteuern erbrachte die Energiesteuer mit 37,1 Milliarden Euro die höchsten Einnahmen (–1,4 %). Von den Gemeindesteuern hatte die Gewerbesteuer mit 61,1 Milliarden Euro (+34,9 %) und von den Landessteuern die Grunderwerbsteuer mit 18,3 Milliarden Euro (+14,2 %) den höchsten Ertrag.
Nach der Steuerverteilung blieben dem Bund 313,7 Milliarden Euro Steuereinnahmen (+10,8 %), den Ländern 355,1 Milliarden Euro (+12,3 %) und den Gemeinden 124,9 Milliarden Euro (+15,9 %).
Und dass die Grundsteuerreform absehbar den Gemeinden noch erhebliche weitere Einnahmen (zu Lasten der Mieter und Grundstücksbesitzer) sichern werden, gilt in den Medien bereits als "ausgemacht". So schreibt der FOCUS:
Musterrechnungen des Bundesfinanzministeriums vom April 2022 ... zeigen: Ändern sich die steuerlichen Hebesätze nicht, wird es künftig für viele massiv teurer ... Nur wenn die Gemeinden ihre Hebesätze spürbar senken, ergeben sich moderatere Veränderungen bei der Grundsteuerhöhe.
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