Unter dieser - hier leicht abgewandelten - Überschrift fand die diesjährige Fachtagung zum kirchlichen Arbeitsrecht in Eichstätt statt.
Tagungskritik:
Die Tagung entwickelt sich leider immer mehr zu einem unkritischen Abklatsch offizieller Positionen der evangelischen Kirchen.
Dies begann mit dem Eingangsreferat von Dr. Konstantin von Notz, MdB Berlin. In seinem Statement "Politisches und gesetzgeberisches Handeln im kirchlichen Arbeitsrecht" machte von Notz seine Bewertung der Koalitionsvereinbarung deutlich. Eine Reform könne nur gemeinsam mit den Kirchen und nicht gegen diese erfolgen, also keinesfalls weiter als diese bereit seien, mit zu gehen.
Begründet wurde dies mit teils Jahrzehnte alten und längst überholten amtskirchlichen Thesen.
1. Den Kirchen stehe verfassungsrechtlich ein Selbstbestimmungsrecht zu - obwohl die Verfassungsregelung in Art. 140 GG auf Art. 137 Abs. 3 WRV verweist - und dort lediglich die Selbstordnung und Selbstverwaltung der eigenen Angelegenheiten zugestanden ist.
2. Das Arbeitsrecht der Kirchen sei eine eigene Angelegenheit, obwohl das Bundesverfassungsgericht bereits mit seinem Beschluß vom 4. Juni 1985 -- 2 BvR 1703, 1718/83 und 856/84 -- klar gestellt hat, dass das staatliche Arbeitsrecht anzuwenden ist, wenn sich die Kirchen selbst - infolge einer Rechtswahl - der Privatautonomie bei der Begründung von Arbeitsverhältnissen bedienen.
3. Der "Schrankenvorbehalt" für die kirchlichen Normen wurde erwähnt - allerdings nicht reflektiert, dass der Staat mit dem "für alle geltenden Gesetz" die Grenzen des kirchlichen Selbstordnungs- und Selbstverwaltungsrechts festlegen kann. So hat das Betriebsrätegesetz der Weimarer Reichsverfassung selbstverständlich auch für die Kirchen gegolten. Wenn heute (bei gleicher Verfassungslage) die Nachfolgeregelung - das Betriebsverfassungsgesetz - wie auch die Personalvertretungsgesetze für "die Kirchen und ihre caritativen und erzieherischen Einrichtungen" nicht gelten, dann ist das aufgrund einer ausdrücklichen, aber einfachgesetzlichen Ausnahme in diesen Normen. Diese einfachgesetzlichen Regelungen könnten vom weltlichen Gesetzgeber jederzeit geändert werden. Dagegen wird dann mit dem verfassungsrechtlichen Schutz der Religionsfreiheit argumentiert. Die Ausnahme der Kirchen von den entsprechenden Regelungen sei letztlich der verfassungsrechtlichen Religionsfreiheit geschuldet.
4. Bei Konflikten zwischen den einzelnen Rechtsgütern, etwa zwischen dem verfassungsrechtlich gewährleisteten Koalitionsrecht und dem kirchlicherseits beanspruchten Selbstbestimmungsrecht, sei eine Abwägung der gegenseitigen Interessen (praktische Konkordanz) erforderlich, bei der aus dem Grundsatz der Religionsfreiheit das kirchliche Selbstverständnis vorrangig sei.
Spätestens bei dieser Aussage wird es für die katholische Kirche kritisch. Das Selbstverständnis der jeweiligen Kirche ist von dieser Kirche selbst festzulegen. Protestantischer Unfug kann nicht "durch die Hintertür" für die katholischen Kirche maßgeblich werden (vgl. auch die mehrfachen allgemeinen Hinweise von Papst Franziskus).
Auf das Arbeitsrecht der Kirchen bezogen: Es mag ja sein, dass bei der einen oder anderen evangelischen Kirche ein Verbot von Tarifverträgen und gewerkschaftlichem Engagement theologisch begründet wird. Bei der weltweit tätigen katholischen Kirche ist das aber nicht der Fall. Der Canon 1286 1° CIC zur Verpflichtung der kirchlichen Vermögensverwalter ist mit den einschlägigen päpstlichen Sozialenzykliken (z.B. Mater et magistra Rd.Nr. 97, Laborem exercens, Ziffer IV Nr. 20 ...) da sehr eindeutig. Und auch der Erwachsenenkatechismus der katholischen Kirche - der wie das universelle Kirchenrecht auf theoligscher Basis steht - gibt für ein eigenständiges, gewerkschaftsfreies kirchliches Arbeitsrecht inclusive einem Streikverbot nichts her.
Die katholische Kirche erklärt zudem selbst, dass sie für Nichtkatholiken keine Befugnis zur Normsetzung hat. Das ergibt sich sowohl aus dem CIC (Canones 1, 3 und 11 CIC) wie auch aus Art. 1 Abs. 2 des Reichskonkordats, das über Art. 123 GG auch weiterhin geltendes Recht ist. Das Bundesverfassungsgericht hat [mit Urteil vom 14.12.1965 - 1 BvR 413/60, Ziffer C.-I Nr. 2 (RdNr. 44) der Begründung] diese Beschränkung übrigends auch auf die evangelischen Kirchen ausgedehnt. Wieso sollen also den nicht der Kirche angehörenden MitarbeiterInnen allgemeine Arbeitnehmerrechte vorenthalten werden? Und ist es mit dem AGG vereinbar, den Arbeitnehmern der eigenen Kirche besondere Pflichten aufzuerlegen?
Der Autor dieser Zeilen möchte damit seine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Referaten der Fachtagung beenden.
Wie, so fragt sich der überzeugte Katholik, kommen Referenten einer Fachtagung der katholischen Universität Eichstätt dazu, den Teilnehmern solche protestantischen Thesen als auch für die katholische Kirche verbindliche Normen anzudienen?
Nun, ein genauer Blick auf die Prägung der einzelnen Referenten - wir haben die ersten namentlich aufgeführten Referenten aus dem Tagungsprogramm ab S. 5 in der dort angegebenen Reihenfolge herausgegriffen - erklärt so einiges:
Prof. Dr. Jacob Joussen ist seit November 2015 Mitglied des Rates der EKD.
Oberkirchenrat Detlev Fey leitet seit 1996 das Referat für Arbeitsrecht .... im Kirchenamt der EKD
Dr. Konstantin von Notz hat 1998 seine Dissertation in evangelischem Kirchenrecht erstellt.
Dr. Nathalie Oberthür ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht; die Homepage der Kanzlei macht den Eindruck, die Kanzlei sei überwiegend für Arbeitgeber tätig
Dr. Joachim Eder war im Bischöflichen Konsistorium Passau für Ehenichtigkeitsverfahren zuständig und alternierender Vorsitzender der Bayerischen Regional-KODA; er hat 1991 über den "Dritten Weg der Bayerischen Regional-KODA promoviert und kann als Verfechter des "Dritten Weges" bezeichnet werden
Wilhelm Mestwerdt ist Vorsitzender Richter des 2. Senats des Kirchengerichtshofes der EKD
Die Referenten haben nahezu ausschließlich einen juristischen Hintergrund. Namhafte Sozialethiker oder Theologen der katholischen Kirche finden sich nicht. Daher kann man nicht erwarten, dass den Referenten die Grundlagen der katholischen Soziallehre und des katholischen Vermögensrechts geläufig sind. Dementsprechend ist inzwischen leider auch der Wert dieser Fachtagung für Mitarbeitervertretungen in Einrichtungen der katholischen Kirche zu beurteilen.
e.s.
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