"WAS HÄLT DIE GESELLSCHAFT ZUSAMMEN?
In Deutschland wirken starke Fliehkräfte. Die Arbeitslosigkeit ist stark gesunken, der Niedriglohnsektor ist jedoch mit 22% vielfach prekären Beschäftigungsverhältnissen so hoch wie noch nie. Die Schere zwischen „Reich“ und „Arm“ klafft weit auseinander. Private Vermögen haben einen Höchststand erreicht, ebenso wie die Armut, besonders bei kinderreichen Familien, Alleinerziehenden und Alten. Die Mittelschicht ist verstärkt von Abstiegsängsten geprägt. Populistische Parteien sind erstarkt.
Mit Sorge nehmen Gewerkschaften und Kirchen diese Entwicklung wahr. Wir fragen nach Ursachen und danach, was die Gesellschaft zusammenhält."...hieß es in der Einladung zu Veranstaltung, die mit gut 300 TeilnehmerInnen außerordentlich gut besucht war.
Nach dem Impulsvortrag von Prof. Nachtwey (bekannt u.a. durch die einschlägige Veröffentlichung "Die Abstiegsgesellschaft") diskutierten zunächst die Podiumsteilnehmer Bischof Dr. Georg Bätzing, Kirchenpräsident Dr. Volker Jung, der neugewählte DGB-Vorsitzende Bezirk Hessen, Michael Rudolph und Prof. Nachtwey, moderiert durch Britta Bass zum Thema.
Nachtwey hatte angesichts einer zerfallenden Gesellschaft, die durch prekäre Beschäftigungsverhältnsise, zunehmende Alters- und Kinderarmut und einem Verfall sozialer Rechte an die Verantwortung der größten "intermediären Organsitionen", die Kirchen und Gewerkschaften in der Gesellschaft darstellen, erinnert und an die verbindenden Werte Solidarität und Gerechtigkeit. Kirchen und Gewerkschaften wären die Großorganisationen, welche noch die Idee und die Möglichkeit der sozialen Erfahrung der Selbstwirksamkeit böten.
Unisono wurde von den Kirchen- und Gewerkschaftsvertretern das gemeinsame Engagement und gemeinsame Ziele betont, wie sie etwa in der Allianz für den freien Sonntag oder im geplanten Bündnis gegen Altersarmut deutlich würden.
Kritische Themen, etwa der Dritte Weg, wurde zunächst durch Oliver Nachtwey ins Gespräch gebracht, später auch durch Beiträge aus dem Publikum, allerdings gab es wohl im Vorfeld eine Verständigung der Podiumsteilnehmer dieses Thema eher nicht zu vertiefen. Zahlreiche Anfragen aus dem Publikum machten deutlich, dass dieses Thema auch auf grosses Interesse gestoßen wäre. Insbesondere die Entwicklung im Bereich der Pflege erfordere es, sich mit dieser Frage auseinanderzusetzen, weil dieser Bereich nur mit starken Tarifverträgen vernünftig und gerecht zu gestalten sei, hieß es etwa.
Nachtwey hatte an die Formulierung von Ralf Dahrendorf erinnert, dass gesellschaftliche Integration nicht über Konsens, sondern über Konflikte erfolge; zusammen mit der Feststellung von Bischof Bätzing, "Zusammenhalt ist nicht delegierbar" ergibt das dann doch eine Perspektive: man soll notwendige Auseinandersetzungen nicht scheuen.
(Auch im Hinblick auf den 3. Weg, der sich bekanntlich als konsensorientiert vom konfliktorientierten 2. Weg abgrenzt und dem es gelingt, die Solidarität an diejenigen zu delegieren, welche die Tarife durchsetzt, die im 3. Weg dann adaptiert werden...)
Siehe zur Veranstaltung auch den Bericht auf: http://www.ekhn.de
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