Löhne weit unter Tarif, stattdessen Vertröstungen und aufgeschobener Inflationsausgleich - das haben die Mitarbeiter einer Aachener Reha-Klinik lange geduldig ertragen. Die Einrichtung gehört einem katholischen Träger, der mit rund 12.000 Mitarbeitern zu einem der größten kirchlichen Akteure auf dem Gesundheitsmarkt zählt. "Eigentlich lieben wir unseren Job", erzählen uns zwei Mitarbeiterinnen in der Physiotherapie, "aber so geht das einfach nicht weiter". Der Film der Reihe "Mut gegen Macht" erzählt von Arbeitsverdichtung und ständig zunehmender Belastung, von erschöpften Mitarbeitern - und von Löhnen die gleich bleiben.Montag, 27. Oktober 2014, 20:15:
WDR: Gottes Lohn ist nicht genug - Der lange Kampf um fairen Lohn - Mut gegen Macht
Weiter heißt es:
Viele hier verdienen mit ihrem Vollzeitjob brutto gerade einmal 2.000 Euro. Ein Großteil der Beschäftigten ist als Reaktion darauf in die Gewerkschaft eingetreten. Das ist völlig neu für den katholischen Träger, der bislang nur eine schwache Mitarbeitervertretung gewöhnt war. Seit die Gewerkschaft im Haus ist, gibt es Gegenwind. Statt Lohnzurückhaltung fordern die Mitarbeiter nun nicht nur mehr Geld für sich, sondern auch ein besseres Management von der Geschäftsführung.Das klingt jetzt nicht mehr nach dem "Dritten Weg" für den sich "die Interessenvertretungen der Mitarbeiterschaft" der Caritas "eindeutig...positioniert" haben, wie es in der ZMV 4/2014 heißt.
"Wir wollen Arbeitnehmerrechte stärken", "wir sind für die Stärkung des Dritten Weges" formuliert die Mitarbeiterseite der AK: wenn es aber um die Gestaltung und Durchsetzung der Tarife geht, die man gerne möchte, überlässt man das den organisierten Beschäftigten des öffentlichen Dienstes und wenn Caritas-Einrichtungen in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, ist die Zuständigkeit schnell beseitigt, indem man die Geltung der Grundordnung rechtsverbindlich ablegt.
BAG-MAV, akmas, IgMiCK beschäftigen sich mit vielen wichtigen Dingen - wenn's ernst und schwierig wird, hat man ja den WDR.
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Nachtrag 27.10., mittags. Nach dem Kommentar des Geschäftsführers der DiAG Münster, Ulrich Richartz, für den im Kommentarsystem nicht genügend Platz war, verlinken wir hier gerne den ausführlichen und differenzierten Artikel zur Sendung:
DiAG Münster: Rezension zur Sendung
Auf einige Dinge in Sendung und Kommentar kommen wir gelegentlich noch einmal ausführlicher zurück.
Gottes Lohn ist nicht genug! Ein Film aus der WDR-Reihe „Mut gegen Macht“ - Eine Rezension
AntwortenLöschenSeit Tagen kann der Film „Gottes Lohn ist nicht genug“ aus der Reihe „Mut gegen Macht“ , der am 27.10.2014 um 20:15 Uhr im WDR ausgestrahlt wird, im Internet auf wdr.de in voller Länge angeschaut werden.
Der Film erzählt von einem zweijährigen Kampf der Mitarbeiter der Reha-Klinik „Schwertbad“ in Aachen um bessere Löhne und einen eigenen Tarifvertrag. Erwähnt wird zudem, dass die Klinik ein katholischer/kirchlicher Träger sei und unter der Holding der Marienhaus-Gruppe verwaltet wird.
Ich habe mir den Film angeschaut, Notizen gemacht und absichtlich nicht im Internet weiter recherchiert. Ich verfüge auch nicht über Hintergrundinformationen aus kirchlichen oder katholischen Bezügen zu diesem Fall. Ich möchte die Situation nur mit den im Film erwähnten Informationen bewerten. Viele Informationen gab es allerdings nicht.
Daher stellen sich mir verschiedene Fragen, die der Film von Wolfgang Minder leider nicht beantwortet.
Ist die Klinik „Schwertbad“ wirklich eine kirchliche Einrichtung? Es gibt dort einen Betriebsrat. Das passt schon mal nicht. Ist mindestens erklärungsbedürftig. Es ist auch die Rede von einem „Haustarifvertrag“. Auch das kann es in einem katholischen (in dem Falle caritativen) Betrieb so nicht geben. Hier würde die AVR-Caritas gelten müssen. Und zwar zu 100 Prozent. Selbst dann, wenn die Einrichtung aus privater Trägerschaft übernommen wurde, was dem Film nur andeutungsweise zu entnehmen ist. Hier bestünden auch juristisch einklagbare Ansprüche eines jeden einzelnen Mitarbeiters. Denn im caritativen Bereich gibt es nur schwarz oder weiß. Entweder kirchlicher Betrieb mit AVR-Caritas und einer Mitarbeitervertretung (statt Betriebsrat) oder nicht-kirchliche Einrichtung mit eigenem (Haus-)Tarifvertrag und Betriebsrat. Und war der Betriebsrat bei den ausgesprochenen Kündigungen überhaupt wirksam beteiligt? Wie gesagt: mir liegen nur die Informationen aus dem Film vor.
Warum hat die Marienhaus-Gruppe die beiden angeblich schon vorher maroden Einrichtungen (Aussage von Schwester Basina) überhaupt übernommen, wenn es keine Chance zur Rettung gab? Aus purer Menschlichkeit, wie behauptet wird? Mit Verlaub, das nehme ich Schwester Basina nicht ....
Der ganze Text passt hier leider nicht hin. Weiterlesen kann man unter http://www.diag-muenster.de/diag/aktuelles/nachrichten/einzelansicht-news/article/gottes-lohn-ist-nicht-genug/
Ulrich Richartz
DiAG-MAV im Bistum Münster
Lieber Ulrich Richartz,
Löschendie Frage, ob es kirchliche Einrichtung ist, kann eigentumsrechtlich oder eine arbeitsrechtlich unterschiedlich beantwortet werden.
Wenn das Bistum Eichstätt die Aktienmehrheit von Audi erwirbt, dann wird diese Firma zwar eigentumsrechtlich kirchlich, unterliegt aber nicht dem kirchlichen Arbeitsrecht. Und auf dieser Schiene spielt sich wohl auch das Spannungsverhältnis um das Schwerbad Aachen ab.
Das wird ganz offiziell nicht als arbeitsrechtliche kirchliche Einrichtung geführt, sondern nur eigentumsrechtlich. Vom Arbeitsrecht soll - auch aufgrund der fehlenden Übernahme der Grundordung - das Schwertbad eben keine caritative, sondern eine gewerbliche Einrichtung sein. Und deshalb gilt das Betriebsverfassungsgesetz (das nur die Kirchen und ihre caritativen oder erzieherischen Einrichtungen ausnimmt).
Oder - prägnanter formuliert:
die Orden können das kirchliche Arbeitsrecht anwenden, sie müssen aber nicht. Und dort, wo sie es nicht tun, dort gibt es keine "Lücke", sondern es gilt das weltliche Arbeitsrecht uneingeschränkt.
Und auch anders rum macht das Sinn - die Kirche und die Orden können zwar für ihre Einrichtungen von der Ausnahme des Betriebsverfassungsgesetzes Gebrauch machen, sie müssen aber nicht.
Und beim Schwertbad hat der Orden halt entschieden, dass er die AVR Caritas nicht anwenden will.
Deine Aussage, dass die Mitarbeiter einen Anspruch auf die Anwendung der AVR Caritas haben, stimmt im Übrigen - leider - so nicht. Die AVR Caritas sind nur "allgemeine Geschäftsbedingungen" (ständige höchstrichterlieche Rechtsprechung). Sie unterliegen daher den §§ 305 ff BGB. Und das hat zur Folge, dass die AVR Caritas nur gelten, wenn sie ausdrücklich vereinbart sind. Und auch da nur in dem Umfang, in dem sie vereinbart sind. Individualrechtliche - also einzelvertragliche - Abweichungen zu Lasten der Beschäftigten sind ebenfalls jederzeit möglich (im Gegensatz zu einem Tarifvertrag, der Mindestbedingungen regelt und nur Verbesserungen zulässt).
Da könnte allenfalls noch kirchenrechtlich vorgegangen werden, indem eine (zulässig gebildete) MAV die Zustimmung zur Eingruppierung nach abweichenden Regelungen verweigert. Die "Zustimmungsersetzung" nach MAVO liefe dann ins Leere, weil sich die MAV ggf. auf den Verstoß gegen das bischöfliche Recht (AVR Caritas) berufen köntne. Und daran sind die kirchlichen Arbeitsgerichte gebunden.
Aber wo keine MAV besteht, weil der Arbeitgeber die Grundordnung nicht rechtzeitig zum Stichtag übernommen hat, besteht diese kirchenrechtliche Möglichkeit nicht. Das kirchliche Arbeitsgericht wäre unzuständig.
Vielen Dank für Kommentar und Hinweis. Wir haben Ihre Rezension jetzt in einem Nachtrag zum Posting verlinkt.
AntwortenLöschenc.
"...das Schwertbad eben keine caritative, sondern eine gewerbliche Einrichtung sein..." Wenn die Klinik "Schwertbad" gar keine kirchliche Einrichtung ist, ist der gesamte Film samt Überschrift obsolet.
AntwortenLöschenSchmarrn, die Schwertbadklinik gehört einem Orden und ist eigentumsrechtlich eine kirchliche Einrichtung, die aber gewerblich geführt wird - wie so viele andere Einrichtungen der Caritas auch (die schon längst nicht mehr überall caritativ tätig ist, also selbstlos und ohne auf die Gewinne zu schielen).
AntwortenLöschenDer Skandal ist doch auch, dass die Eigentümer nach Gusto entscheiden, ob sie mal gewerblich oder mal caritativ tätig sind .... je nachdem, wo man gerade die größeren Rosinen picken kann.
Halle Herr Richartz!
AntwortenLöschenDas steht doch schon in der Vorankündigung des WDR:
"Die Einrichtung gehört einem katholischen Träger, der mit rund 12.000 Mitarbeitern zu einem der größten kirchlichen Akteure auf dem Gesundheitsmarkt zählt.
..."
Marienhaus ist gemeinnützig und daher steuerbegünstigt. Deswegen dürfen die Einnahmen aus gemeinnützigen Kliniken nicht zur Deckung von Verlusten wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe wie Schwertbad (FHP insgesamt eher Konkursmasse) verwandt werden.
AntwortenLöschenWarum gefährdet Marienhaus ihre Gemeinnützigkeit? Damit der kirchliche Einflussbereich in die Gesellschaft nicht weiter zurückgeht