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Donnerstag, 26. November 2020

Erstmaliger Streik in Caritas-Pflegeeinrichtungen: ver.di fordert für Beschäftigte der Liebenau Leben im Alter in Baden-Württemberg einen Tarifvertrag auf dem Niveau des öffentlichen Dienstes

teilte unsere ver.di gestern mit:
ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Bundesvorstand www.verdi.de

Erstmaliger Streik in Caritas-Pflegeeinrichtungen: ver.di fordert für Beschäftigte der Liebenau Leben im Alter in Baden-Württemberg einen Tarifvertrag auf dem Niveau des öffentlichen Dienstes

Berlin, 25.11.2020

Bundesweit erstmalig findet heute ein Streik in Pflegeeinrichtungen der katholischen Caritas statt. In Baden-Württemberg traten am frühen Morgen Beschäftigte der Liebenau Leben im Alter gGmbH, einer Tochter der Caritas-Stiftung Liebenau, in den Ausstand. Sie fordern einen Tarifvertrag auf dem Niveau des öffentlichen Dienstes. "Bei der Liebenau Leben im Alter gGmbH nehmen Beschäftigte erstmals ihr Grundrecht auf Streik wahr. Sie sind nicht länger bereit, die jahrelange Benachteiligung hinzunehmen", erklärte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler anlässlich des Streikbeginns.

Seit Jahren gelten in den 21 Einrichtungen der Liebenau Leben im Alter gGmbH schlechtere Arbeitsbedingungen als im öffentlichen Dienst und in anderen Caritas-Einrichtungen Baden-Württembergs. Der Arbeitgeber verweigerte sich den kirchlichen Regelungen und nun auch dem Abschluss eines Tarifvertrags. Deshalb sind die Beschäftigten gezwungen, sich zu wehren. Etliche traten ver.di bei: Waren 2019 noch lediglich vier Kolleginnen und Kollegen gewerkschaftlich organisiert, sind es mittlerweile rund 240. Lange Zeit erweckte der Arbeitgeber den Eindruck, als sei eine faire Tarifeinigung möglich, doch am 2. November brach er die Verhandlungen plötzlich ab. Zuvor wurde bereits in zehn Runden verhandelt.

"Während der Corona-Pandemie erfahren die Beschäftigten in den Pflegeeinrichtungen landauf, landab hohe Wertschätzung. Und ausgerechnet ein Arbeitgeber mit konfessionellem Hintergrund sucht in dieser Situation die maximale Konfrontation mit seinen rund 850 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern", kritisierte Bühler. "Die Beschäftigten, die sich mit großem Engagement für eine gute Versorgung einsetzen, haben gute Arbeitsbedingungen mehr als verdient. Es ist ein Unding, dass sie in einer solchen Zeit gezwungen sind, für ihre Interessen in den Streik zu treten." Wie bei allen Arbeitskämpfen achte ver.di auch bei der Stiftung Liebenau darauf, dass niemand wegen des Streiks zu Schaden komme.

Bezahlung und Arbeitsbedingungen der rund 1,8 Millionen Beschäftigten von Kirchen, Diakonie und Caritas werden in weiten Teilen nach kircheneigenen Regeln bestimmt. Ein Tarifvertrag bei der Liebenau Leben im Alter gGmbH wäre der bundesweit erste in einer Caritas-Einrichtung. In Teilen der evangelischen Diakonie, zum Beispiel in Niedersachsen, finden hingegen schon länger konstruktive Tarifverhandlungen statt. "Die Berufe im Gesundheits- und Sozialwesen müssen attraktiver werden. Hierfür tragen auch die Kirchen eine erhebliche Verantwortung", erklärte Bühler.
Quelle: ver.di

Wir möchten hier noch zwischen "caritativ", also selbstlos und ohne Absicht der Gewinnerzielung - oder gewerblich tätig unterscheiden. So wird auch niemand auf den Gedanken kommen, ein großer Autohersteller aus Ingolstadt unterliege dem kirchlichen Arbeitsrecht, selbst wenn das Bistum Eichstätt die Aktienmehrheit bei diesem Autohersteller besitzt. Daher hat etwa der BayVGH schon vor Jahrzehnten das Kloster Andechs (einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, daher war das Betriebsverfassungsgesetz nicht anzuwenden) für seine Klosterbrauerei zu einem Personalrat nach BayPVG verpflichtet.

Auch Krankenhäuser, Pflegeheime u.a. Einrichtungen können gewerblich betrieben werden. Das beweisen die vielen privaten Anbieter und Konzerne "am Markt". Und Prof. Dr. Thüsing hat schon vor Jahren in der Zeitschrift "Kirche & Recht" die Auffassung vertreten, dass jede Einrichtung, die ihre Leistungen "am Markt anbietet", also im Wettbewerb steht, gewerblich tätig sei. Und dementsprechend ist das kirchliche Arbeitsrecht in der Liebenau nicht anzwenden. Und das gilt auch für alle anderen gewerblich tätigen Einrichtungen, selbst wenn diese Mitglieder der Caritas sind, also selbst zur Caritas gehören oder im Eigentum eines Caritas-Mitgliedes stehen. Auf die Eigentumsverhältnisse kommt es nicht an. Entscheidend ist die Art der Tätigkeit - selbstlos und ohne die Absicht der Gewinnerzielung, oder gewerblich.

Präzise ist also, dass die "Liebenau Leben im Alter gGmbH" mit ihren Einrichtungen zwar im Eigentum eines katholischen Trägers (der kirchlichen Stiftung Liebenau) steht - aber weder caritativ noch erzieherisch, sondern gewerblich tätig ist. Und das dürfte für eine Vielzahl sogenannter caritativer Einrichtungen genauso gelten.

Dienstag, 6. August 2024

Verdi gegen Kirche: Streik-Streit am Weimarer Klinikum wird aus Gewerkschaftssicht zur juristischen Posse

berichtet aktuell die Thüringer Allgemeine und gleichlautend die Thüringer Landeszeitung und führt aus:
Zu einer aktiven Mittagspause hat die Gewerkschaft Verdi die Mitarbeitenden des Sophien- und Hufeland-Klinikums in Weimar am Montag aufgerufen.
(Bezahlschranke - die wir natürlich auch aus urheberrechtlichen Gründen respektieren müssen)

Anzumerken ist, dass die Klinik gewerblich tätig ist und sich - so wie viele vorgeblich "caritativ tätige kirchliche Einrichtungen" - offensichtlich mit ihren Einrichtungen "am Markt" bewegt. So bietet die Klinik-Küche Essen außer Haus (Grundlage ist ein Pressebericht der Klinik), sie "kocht nun für externe Mittagsgäste im Außer-Haus-Verkauf". Bestellt wird nach dem im Internet veröffentlichten Speeiseplan über den Klinik-Kontakt kueche@klinikum-weimar.de. Und beliefert werden nach dieser Veröffentlichug "täglich ... etwa 1500 Mittagessen für Kindergärten, Pflegeeinrichtungen, die Sophien- und Hufeland-Klinikum gGmbH und weitere Unternehmen". Die Klinik ist somit gewerblich "auf dem Markt" (in Konkurrenz zu anderen gewerblichen Anbietern wie Restaurants) tätig ... und das alles unter dem Deckmäntelchen der selbstlosen und caritativen kirchlichen Betätigung.
Wir zitieren uns an dieser Stelle mal wieder selbst:
Gewerblich tätig - da kommt es nicht einmal auf die Gewinnerzielungsabsicht an, sondern lediglich auf die Betätigung am Markt (vgl. unser Beitrag vom 01.08.2015 unter Bezug auf Hanau / Thüsing, »Grenzen und Möglichkeiten des Outsourcings aus dem kirchlichen Dienst« in KuR 2002, RNr. 350, S. 119 ff).
Und dass auch für gewerbliche tätige Betriebe eines öffentlich-rechtlich konstituierten Trägers keine Befreiung vom Personalvertretungsgesetz vorliegt, hat die Rechtsprechung anhand der Klosterbrauerei Andechs längst entschieden (vgl. unser Beitrag "Countdown" vom 30.07.2020 unter Bezug auf VGH München: Entscheidung vom 13.09.1989 - 17 P 89 00759)

Welche Chancen schon ein Warnstreik bietet, möchten wir bei der Gelegenheit am Beispiel einer anderen Klinik in Thüringen darlegen:
Hildburghausen
Helios und Verdi erneuern Manteltarifvertrag nach 21 Jahren
Nach fünf Streiktagen erreichte Verdi eine Einigung mit den Helios Fachkliniken Hildburghausen. So wird nun erstmals nach 21 Jahren der Manteltarifvertrag angepasst. Auch die Auszubildenden setzten bessere Bedingungen für sich durch.

Drei Verhandlungstermine und fünf Streiktage – so viel hat es gebraucht, bis ein Verhandlungsergebnis für die Helios Fachkliniken in Hildburghausen vorlag. Die Verdi-Mitglieder der Fachkliniken haben sich damit nach 21 Jahren einen neuen Manteltarifvertrag erkämpft.

Das Ergebnis: eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich auf 38,5h/ Woche, 30 Tage Urlaub für alle, die Erhöhung des Nachtschichturlaubs, die Einführung eines Zusatzurlaubs für Wechselschichtarbeit, Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung der Vergütung an Weihnachten und Silvester sowie die Einführung einer neuen Zulage für die Therapieberufe und weitere Verbesserungen vorsieht.

Bereits die Entgelttarifrunde im Jahr 2023 war von einem Warnstreik begleitet worden und hatte Entgeltsteigerungen von durchschnittlich über 14 Prozent im Volumen ergeben. Hierauf aufsattelnd wurden nun zusätzlich weitere Tabellensteigerungen von 3 Prozent für 2025 verhandelt.....
(Quelle: kma online)
Frag sich jetzt wirklich noch jemand, warum eine Gewerkschaft das Recht auf Streik nicht durch "kollektives Betteln" ersetzen will?

Samstag, 1. August 2015

Seit heute gilt in den meisten deutschen Bistümern eine neue Grundordnung

Wie wir gestern in unserem Blogbeitrag schon erörtet haben, gibt es in den meisten der deutschen Bistümer seit heute eine neue Fassung der Grundordnung (GrO). Ausgenommen sind das Erzbistum Berlin (das derzeit ohne Bischof ist und in dem daher keine neue Fassung in Kraft gesetzt werden kann) und die drei bayerischen Bistümer Eichstätt, Passau und Regensburg.

Was ändert sich?

Freitag, 20. Mai 2016

Unternehmensmitbestimmung - bei der Kirche und anderswo (Anfrage Bündnis 90/Grüne)

Im März hatte der DGB 40 Jahre Unternehmensmitbestimmung gefeiert. Festredner Kardinal Marx hat sich in deutlichen Worten geäußert:
'"Im Mittelpunkt steht nicht das Kapital, sondern der Mensch"Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Kardinal Marx, hat die Gewerkschaften zu einer Weiterentwicklung der Mitbestimmung ermutigt. Die Mitbestimmung ergebe sich aus der Würde des Menschen... Marx äußerte sich zur Eröffnung der Ausstellung "Vom Wert der Mitbestimmung" der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung in der Berliner Akademie der Künste. Dabei bezeichnete er die Mitbestimmung als Kernelement der sozialen Marktwirtschaft...'   (Domradio 8.3.2016: Kardinal Marx: Mitbestimmung weiterentwickeln)
In Kreisen der katholischen Kirche ist allerdings die Unternehmensmitbestimmung, wie man hört, vorläufig weiterhin auf die lange Bank geschoben worden.

Bündnis 90/Grüne haben das Mitbestimmungsjubiläum zu einer interessanten kleinen Anfrage genutzt, in der auch der kirchliche Bereich thematisiert wird. (Drucksache 18/8354 vom 6.5.2016).

Erstaunlich ist die Antwort der Bundesregierung: zur Beantwortung der Fragen verfügt sie über wenig nennenswerte belastbare Daten, es gäbe keine Mitteilungspflichten und keine offiziellen Datenbanken, man kenne keine Motive für die Flucht aus der Mitbestimmung; schließlich plant sie auch keine Maßnahmen.

Sonntag, 25. Juni 2023

Sonntagsnotizen - Das Kreuz mit den kirchlichen Wohlfahrtsverbänden

Mit diesem Beitrag setzen wir unsere kleine Reihe der (vielfach sonntäglichen) Literaturhinweise fort. Dr. Robert Hinke, Landesfachbereichsleiter für Gesundheit, Soziale Dienste, Bildung und Wissenschaft hat in einem aktuellen Zeitschriftenbeitrag *) Fragen angesprochen, denen wir uns unter dem "Stichwort Dienstgemeinschaft" seit Jahren immer wieder widmen.
Hinke erläutert insbesondere, wie es unter dem Subsidiaritätsgrundsatz zur Bildung der kirchlichen Wohlfahrtskonzerne unter gleichzeitiger Insanspruchnahme von Sonderregelungen (keine Geltung des Betriebsverfassungsrechts) kam, und wie mit der wettbewerblichen Neuausrichtung in Richtung eines "nationalen Wettbewerbsstaates" und dem Umbau der kirchlichen Einrichtungen zu Sozialunternehmen die kirchlichen "Sozialeinrichtungen" in die Falle der "Verbetriebswirtschaftlichung" geraten sind.
Die tätige Verkündigung der "frohen Botschaft" ist längst den Handbüchern des BWL zum Opfer gefallen.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die kirchlichen Sozialunternehmen - welcher Rechtsform auch immer - noch den Voraussetzungen für die Befreiung vom Betriebsverfassungsgesetz, dem Mitbestimmungsgesetz oder den Personalvertretungsgesetzen unterliegen. Denn diese Befreiung gilt - so etwa das Betriebsverfassungsgesetz - für (Zitat) "Religionsgemeinschaften und ihre karitativen und erzieherischen Einrichtungen unbeschadet deren Rechtsform. (§ 118 Abs. 2 BetrVG)" (Zitat Ende).
Eine privatrechtlich konstituierte Einrichtung die nicht mehr karitativ, also selbstlos, sondern nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen bzw. gewerblich tätig ist, unterliegt damit dem Betriebsverfassungsrecht.
Gewerblich tätig - da kommt es nicht einmal auf die Gewinnerzielungsabsicht an, sondern lediglich auf die Betätigung am Markt (vgl. unser Beitrag vom 01.08.2015 unter Bezug auf Hanau / Thüsing, »Grenzen und Möglichkeiten des Outsourcings aus dem kirchlichen Dienst« in KuR 2002, RNr. 350, S. 119 ff).
Und dass auch für gewerbliche tätige Betriebe eines öffentlich-rechtlich konstituierten Trägers keine Befreiung vom Personalvertretungsgesetz vorliegt, hat die Rechtsprechung anhand der Klosterbrauerei Andechs längst entschieden (vgl. unser Beitrag "Countdown" vom 30.07.2020 unter Bezug auf VGH München: Entscheidung vom 13.09.1989 - 17 P 89 00759)

Der Aufsatz von Hinke passt in die aktuelle Diskussion zum "Gleichen Recht für kirchlich Beschäftigte". Es kann wohl als "Pflichtlektüre auch für diejenigen bezeichnet werden, die sich für einen Erhalt der kirchlich beanspruchten Sonderrechte einsetzen.

*)
Sozialismus.de - Heft Nr. 6 | Juni 2023 | 50. Jahrgang | Heft Nr. 484

Mittwoch, 13. Januar 2016

Katholisch - evangelisch - ökumenisch - ökonomisch (2)

Unter diesem Titel hatten wir bereits am 30. Dezember letzten Jahres über die Entwicklung beim katholischen Marienhaus-Konzern aus Trier berichtet. Wir werden unter diesem Titel immer wieder über Entwicklungen informieren, die Zweifel an der kirchlichen Zuordnung und der damit verbundenen Befreiung der "caritativen Einrichtungen" von den Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes wecken können.

Heute wollen wir uns der Situation in Karlsruhe widmen.
In Karlsruhe gibt es drei große Krankenhäuser:
1. das städtische Klinikum mit bis zu 1.600 Betten und rund 4.000 Beschäftigten
2. die der Caritas angehörenden St. Vincentius-Kliniken gemeinnützige Aktiengesellschaft (gAG) mit über 760 Betten und rd. 1.900 Beschäftigten,
2.1. die Kliniken gAG sind einziger Gesellschafter der Tochtergesellschaft "St.-Marien-Klinik gGmbH" (einer kleineren Klinik, spezialisiert auf Frauenheilkunde und Geburtshilfe) und
3. das zur Diakonie gehörende Diakonissenkrankenhaus mit über 460 Betten und rd. 1.250 Beschäftigten. Das Diakonissenkrankenhaus (mit angeschlossenem Mutterhaus für Diakonissen) gehört mit einem Altenheim zur "Evangelischen Diakonissenanstalt Karlsruhe-Rüppur".

Samstag, 19. Februar 2022

Samstagsnotizen: Wie weiter mit unserer Kirche (7)

mit einer kleinen Pause blicken wir wieder auf ein Thema, das uns wohl noch einige Zeit beschäftigen wird. Unsere Kirche befinde sich wohl in der Zerreißprobe zwischen Beharrungskräften und Reformeifer.

Redakteur Jens Joest von "Kirche und Leben" bestätigt die Dringlichkeit einer Reform des kirchlichen Arbeitsrechts
"weil Nichtstun viele Menschen vorsätzlich verletzen würde"
(Quelle: Kirche und leben online).
Inzwischen haben auch Limburg (Quelle) und Trier (Quelle) offiziell erklärt, keine Konsequenzen wegen der persönlichen sexuellen Orientierung der MitarbeiterInnen vornehmem zu wollen.
Leider dreht sich die wesentliche innerkirchliche Diskussion (immer noch) "nur" um die bis in die intime persönliche Lebensführung reichenden Loyalitätspflichten, die ohnehin nicht mehr gerichtsfest sind. Seit wann ist das Schlafzimmer der MitarbeiterInnen von kirchlichen Einrichtungen auch eine kircheninterne "eigene" Angelegenheit, das der "Selbstordnung" (wo stehen die Betten) und "Selbstverwaltung" (welche Farbe hat das Laken) der Kirche unterliegt?
Bemerkenswert am Rande - die Loyalitätspflichten bewegen sich um die ganz persönliche intime Frage der Sexualität. Anscheinend ist dieses sehr persönliche Thema einen ganzen moralisierenden Wertekanon bis hin zur Kündigungsdrohung ("Wiederverheiratet", "Lebenspartnerschaft") Wert gewesen. Andere - z.T. sehr verwerfliche - Handlungen wie etwa die Zahlung ungerechter Löhne oder die Hinterziehung von Sozialabgaben und Steuern sowie überhöhte Ausgaben und Verschwendung (7. Gebot - Katechismus 2409, 2436) bis hin zu Totschlag und Mord (5. Gebot) sind dagegen ohne jede arbeitsrechtliche Sanktionsvorgaben. Ist das so, weil die Verstöße gegen das 7. Gebot besonders vom "Führungspersonal" begangen werden könnten?

Sonntag, 7. Mai 2023

Sonntagsnotizen: GRÜNEN-POLITIKERIN ÄUSSERT SICH ZUM ARBEITSRECHT - Georg Essen über die katholische Kirche: "Nicht reformfähig"

Frage: Ein weiteres Reformthema ist die Änderung des kirchlichen Arbeitsrechts. Die Kirche hat nun die Grundordnung im privaten Teil des Arbeitsrechts geändert. Ist das ausreichend?

Kaddor: Wir haben dies wohlwollend zur Kenntnis genommen. Für uns Grüne seht aber ebenso die Reform des kollektiven Arbeitsrechts auf dem Programm.

Frage: Erfordert dies eine Verfassungsänderung, zumal das kirchliche Selbstbestimmungsrecht betroffen wäre?

Kaddor: Das wird in der Fraktion unterschiedlich bewertet.
Quelle: katholisch.de

Wir halten diese Frage längst geklärt. Das Selbstordnungs- und Selbstverwaltungsrecht der Kirchen besteht nur "in den Schranken der für alle geltende Gesetze" (Schrankenvorbehalt). Das ist verfassungsrechtlich wie auch - für die katholische Kirche - durch Konkordatsvereinbarungen geklärt. Diese "für alle geltenden Gesetze" legt der Staat fest. Es ist dem Staat etwa unbenommen - wie heute im Betriebsverfassungsgesetz - die Kirchen und ihre caritativen oder erzieherischen Einrichtungen vom Geltungsbereich eines Gesetzes auszunehmen oder - wie im Betriebsrätegesetz der Weimarer Zeit bei gleicher verfassungsrechtlicher Grundlage - die Kirchen und ihre Einrichtungen einzubeziehen. Das wäre auch kein "Sonderopfer", das die Kirchen etwa gegenüber anderen Wohlfahrtsverbänden besonders und außerordentlich belasten würde. Der Staat legt die Grenzen des kirchlichen Selbstverwaltungsrechts fest. Es sind also nicht die Kirchen, die diese Grenzen ihres "Selbstbestimmungsanspruchs" festlegen und sogar noch für die gewerblich tätigen Betriebe in kirchlichem Eigentum ein "Selbstbestimmungsrecht" außerhalb der staatlichen Rechtsnormen beanspruchen. Aber dieser "Klärungsprozess" ist wohl noch nicht bei allen maßgeblichen Personen angekommen. Die entsprechende Diskussion ist dann zwangsläufig.

Vielleicht wird in der Diskussion dann auch Carolin Emcke im Gespräch – ein Podcast der SZ - berücksichtigt. In der aktuellen Folge
"Nicht reformfähig" philosophiert der Theologe Georg Essen über die katholische Kirche
und gibt ab 1:21:15 einen persönlichen Blick in seine Zukunftserwartung.

Dienstag, 22. März 2016

Neunkirchen und die Folgen: kirchliche Sonderrechte hinterfragt

Stefan Sell, ver.di und wir haben (jeweils mit weiteren Hinweisen) auf die aktuelle Situation der ehemals städtischen "Klinik Neukirchen gGmbH" und den offenkundigen Missbrauch kirchlicher Sonderrechte hingewiesen.
Das Krankenhaus wurde von einem großen Sozialkonzerne aus dem kirchlichen Raum *) übernommen, der Stiftung Kreuznacher Diakonie - und mit dem Wechsel des Mehrheitsgesellschafters soll bruchlos - ohne Übergangsregelung - der Betriebsrat nicht mehr existent und das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) nicht mehr anwendbar sein, auch wenn noch keine MAV gewählt wurde.
Unternehmensmitbestimmung, Wirtschaftsausschuss, Erzwingbarer Sozialplan, Nachteilsausgleich ... alle diese Regelungen aus dem Betriebsverfassungsgesetz sollen nicht mehr gelten; und weil die EU-Richtlinie 2001/23/EG ebenso im Betriebsverfassungsgesetz umgesetzt wurde, sollen die Regelungen zu Übergangs- bzw. Restmandaten des Betriebsrates auch nicht angewendet werden. Gerade während der Umstrukturierung der Einrichtung wären die Beschäftigen - entgegen den Vorgaben der EU-Richtlinie - damit ohne den Schutz einer betrieblichen Interessenvertretung.

In Kenntnis dieses erneuten Versuchs, die Mitbestimmungs- und Schutzrechte von Beschäftigten durch Flucht in das kirchliche Arbeitsrecht zu umgehen, hat der Gewerkschaftsrat von ver.di **) unter Beratung von schon beim Bundeskongress vorgelegten Anträgen in seiner aktuellen Sitzung beschlossen ***):

Freitag, 30. August 2019

Vorankündigung - EGO für handwerkliche Tätigkeiten in Bayern

Im Laufe des Sommers wurden die Tarifverhandlungen zwischen ver.di Bayern und dem Kommunalen Arbeitgeberverband (KAV) Bayern über eine neue Entgeltordnung für gewerblich-handwerkliche Tätigkeiten intensiv fortgesetzt. Dabei konnten bei einigen Berufsgruppen und Tätigkeitsbereichen, wie z.B. bei den Reinigungskräften, im Gärtner- und Friedhofsbereich und bei den Hausmeistern erkennbare Fortschritte im Sinne der Beschäftigten erzielt werden. Signifikante Annäherungen gibt es auch bei den Beschäftigten im hauswirtschaftlichen Bereich.

Montag, 4. September 2023

Lippstadt: Krankenhausfusion evangelisch und katholisch

Unter dem Titel "Kommunal -> diakonisch -> ökonomisch" haben wir schon vor Jahren und immer wieder Fragen angesprochen, die mit einem Trägerwechsel kirchlicher Krankenhäuser verbunden sind.
Der Wechsel zu einem nichtkirchlichen oder anders kirchlichen Träger zeigt, wie hohl das "Ideal der Dienstgemeinschaft" ist, wenn durch einen einfachen Trägerwechsel - eine Entscheidung der Eigentümer mit der Geschäftsleitung - die hehren Loyalitätsanforderungen einer Kirche an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in sich zusammen fallen.
Wir meinen auch: es kann nicht auf die reine Eigentümerstruktur ankommen, ob eine Einrichtung caritativ oder wirtschaftlich tätig ist. Denn wenn die Bistümer Eichstätt und Augsburg die Aktienmehrheit eines Ingolstädter Autobauers übernehmen, gilt noch lange nicht das Arbeitsrecht der katholischen Kirche. Entscheidend für die Befreiung vom Betriebsverfassungsgesetz ist nach § 118 Abs. 2 dieses Gesetzes, dass eine Einrichtung caritativ, also selbstlos und nicht gewerblich bzw. mit der Absicht der Gewinnerzielung tätig ist. Und schon die Tatsache der Fusionsgespräche belegt den primär finanziellen Gesichtspunkt, der dem Betrieb der entsprechenden Einrichtungen zugrunde gelegt ist. Auch "kirchliche Krankenhäuser" werden - wie Krankenhäuser privater Konzerne auch - ausschließlich oder zumindest primär nach gewerblichen und nicht nach Wohltätigkeitsgesichtspunkten geführt.

Jetzt steht wieder einmal ein solcher Trägerwechsel an.
Lippstädter Krankenhäuser verhandeln über Fusion
Das Evangelische Krankenhaus und das (katholische) Dreifaltigkeitshospital in Lippstadt wollen zeitnah Verhandlungen über die künftige Zusammenarbeit starten
berichteten das "Hellweg-Radio" am Mittwoch, 05.07.2023 (nachfolgend zitiert) sowie die Lippstädter Zeitung.
Die Fusion der beiden Krankenhäuser in Lippstadt hält Dr. Marcel Coenen vom Ärzteverein Lippstadt für eine gute Entwicklung. In der Zusammenarbeit als ein großes Krankenhaus sieht er gleich zwei Vorteile:
= Patienten müssten seltener in andere Kliniken verlegt werden
= Die medizinische Versorgung für Patientinnen und Patienten könnte sich verbessern
Sowohl die Verantwortlichen des Evangelischen Krankenhauses als auch des Dreifaltigkeitshospitals in Lippstadt betonen, dass durch die Fusion keine Stellen gestrichen werden.
"Ich bin freudig überrascht, dass das Thema jetzt wieder auf der Agenda steht! Die Fusion der Krankenhäuser in Lippstadt ist wichtig und gut." (Dr. Marcel Coenen vom Ärzteverein Lippstadt)
an die Situation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter denkt anscheinend niemand. Denn mit einer solchen Fusion ergeben sich erhebliche Fragen nicht nur betriebsverfassungsrechtlicher Art. Welches kirchliche Arbeitsrecht soll denn nach der Fusion gelten? Gilt für die fusionierten Einrichtungen weiterhin MAVO oder MVG im jeweiligen Standort? Gilt für MitarbeiterInnen der ehemals katholischen Einrichtung die Grundordnung weiter? Welches "Tarifrecht" soll angewandt werden? Was ist mit den Ansprüchen auf Zusatzleistungen wie eine betriebliche Zusatzversorgung? Entsprechende Überleitungsnormen fehlen - denn die evangelische Kirche kann keine Bestimmungen für katholische Einrichtungen erlassen, und umgekehrt die katholische Kirche keine Regelungen für evangelische Häuser normieren. Und der Staat nimmt die konfessionellen, vorgeblich caritativen Einrichtungen ausdrücklich von seinen diesbezüglich einschlägigen Rechtsnormen aus. Damit soll (entgegen unserer Ansicht) auch die Anwendung der EU-Richtlinie 2001/23/EG ausgeschlossen sein.

Letztendlich - wir wiederholen uns - beweist alleine schon die Gesprächsaufnahme, dass es nicht um die viel beschworene "Umsetzung des diakonisch-caritativen Auftrages der jeweiligen Kirche" geht, sondern primär geschäftliche und betriebswirtschaftliche Erwägungen die Zukunft der beiden bisher konfessionellen Häuser bestimmen. Ein Beweis mehr dafür, dass das spezifisch kirchliche Arbeitsrecht beendet werden muss - wie es ver.di mit der Petition "Gleiches Recht für kirchlich Beschäftigte" fordert.

Ein Betrieb ist ein Betrieb ist ein Betrieb - unabhängig vom Tätigkeitsfeld und dem Eigentümer der Gesellschaftsanteile ....

Freitag, 8. Juni 2018

KODA Bayern widersetzt sich dem Bayer. Verwaltungsgerichtshof

Bereits vor Jahren hat der BayVGH entschieden, dass Brauereien und andere gewerbliche Einrichtungen der Kirchen nicht dem kirchlichen Arbeitsrecht unterliegen. Eine Befreiung sei lediglich den caritativen und erzieherischen Einrichtungen der Kirchen zugestanden. Das gilt - wie im entschiedenen Fall der Klosterbrauerei Andechs - auch, wenn es sich um rechtlich unselbstständige Betriebe handelt.
Und gewerblich wird ein Betrieb schon tätig, wenn er seine Leistungen lediglich "auf dem Markt" für Jedermann anbietet (Thüsing, KuR).
 
Trotzdem hat die Bayerische Regional-KODA nun einen Arbeitskreis gebildet, um Brauereien und Gaststätten in kirchlichem Eigentum auch in das kirchliche Arbeitsrecht zu zwingen. Man darf gespannt sein, ob sich der Staat diese "Übergrifflichkeit" gefallen lässt.

Mittwoch, 29. April 2020

Ministerium prüft Pflege in Marienhausklinik

Wie der saarländische Rundfunk berichtet, prüft das Ministerium inzwischen die Pflege in der Marienhausklink.

Die Krankenhausaufsicht des saarländischen Gesundheitsministeriums prüft die Pflegesituation in der Marienhausklinik St. Wendel. Das hat CDU-Gesundheitsstaatssekretär Stephan Kolling dem SR bestätigt. Zuvor hatte der Pflegebeauftragte der Gewerkschaft Verdi Michael Quetting schwere Vorwürfe erhoben. ...

Quelle: Saarländischer Rundfunk

Samstag, 30. April 2022

Samstagsnotizen: Abkehr vom kirchlichen Arbeitsrecht - was bedeutet das (2.6.) "Betriebsverfassung" - Art. 8 GrO

Das kirchliche #Arbeitsrecht steht in der Kritik. Nun fordert die #KAB eine grundlegende Reform in einem Offenen Brief an Bischof Georg #Bätzing und Kardinal Rainer Maria #Woelki. Schwerpunkte sind Arbeitnehmerrechte und die Gestaltung der Reform: https://bit.ly/3kiPFim #Kirche
twitterte das "Ökumenische Sozialwort" unter Bezug auf einen Beitrag von "katholisch.de":
REGELUNGEN MÜSSTEN VORBILD FÜR MENSCHENWÜRDIGE ARBEITSWELT SEIN
KAB fordert Arbeitsrechtsreform auf Augenhöhe
AKTUALISIERT AM 28.04.2022

...
Der kirchliche Dienst müsse ein "effektives und einklagbares Gleichgewicht der beiden Seiten sicherstellen". Dies betreffe etwa die betriebliche Mitbestimmung: "Ein eigenes, kirchliches Mitbestimmungsrecht hat nur dann seine Berechtigung, wenn es ein stärkeres Mitbestimmungsrecht darstellt" als im Betriebsverfassungsgesetz gefordert.

Forderung nach stärkerer Mitbestimmung

Die Seite der Beschäftigten müsse "zur Durchsetzung ihrer Interessen ausreichend befähigt werden", schreibt die KAB weiter. Dafür brauche es Arbeitgeberverbände oder auch Gewerkschaften. Auch seien die Besonderheiten des kirchlichen Dienstes in der Ausgestaltung von Tarifen weiter zu berücksichtigen. ...
Damit hat sich die KAB - gerade rechtzeitig zum 1. Mai - erneut zum Thema "kirchliches Arbeitsrecht" geäussert und den Block auf das kirchliche Mitarbeitervertretungsrecht gelenkt.
Das passt - wohl zufällig - genau in unsere Blockreihe "Samstagsnotizen".

Damit kommen wir nun also zu einem weiteren tragenden Balken des besonderen kirchlichen Arbeitsrechts - dem Mitarbeitervertretungsrecht.
Die KAB charaktarisiert das eigene katholische Mitarbeitervertetungsrecht wie folgt:
Einmal abgesehen davon, dass bei einem direkten Verglich die Liste der Mitbestimmungsverpflichtungen im BetrVG deutlich länger ist als bei der MAVO - es gibt noch einen weiteren, in diesem Fall ganz augenfälligen Unterschied. Solange ein Betriebsrat nicht ausdrücklich ja zu einer Maßnahme gesagt hat, liegt eine Zustimmung nicht vor. Damit geht es erst einmal nicht weiter oder zu einer betrieblichen Einigungsstelle. Eine MAV hat jedoch nur eine Woche zur Verfügung, um auf einen Zustimmungsantrag zu reagieren. Schweigt sie, stimmt sie zu. Stimmt sie nicht zu, bleibt nur der Gang zu einer Einigungsstelle auf Diözesanebene. Mit deutlich anderen Spielregeln als eine betriebliche Einigungsstelle. Hinzu kommt: Die Möglichkeit, Nein zu sagen, ist auf schlichte Rechtskontrolle beschränkt. Eine MAV hat daher kaum die Möglichkeit zu einer organisatorischen wie sozial gestaltenden Mitbestimmung, sonder nkann allenfalls Rechtsmißbrauch verhinden. Diese Benachteiligung der MAVen zieht sich durch das gesamte Regelwerk: Schlimmstes verhindern - ja, Gestaltend wirken: kaum.
Quelle: KAB Impulse 01/2022 S. 11
Dass das "sozial vorblidlich" wäre (wie von Kardinal Frings dem Bundeskanzler Adenauer zugesichert), oder gar der eigenen Soziallehre entsprechen würde (Mater et magistra, Nrn. 91 ff) wird wohl niemand so recht überzeugend behaupten können.

Donnerstag, 16. August 2018

Pressemeldung: Kita-Gewerkschaft ver.di fordert ein wirklich "Gutes-Kita-Gesetz"

trotz Ferien - die Arbeit geht weiter, und Pflege oder Sonntagsarbeit ist nicht das einzige Betätigungsfeld der Gewerkschaft. Dazu die folgende Pressemeldung:
ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Bundesvorstand www.verdi.de


Kita-Gewerkschaft ver.di fordert ein wirklich "Gutes-Kita-Gesetz"

Berlin, 10.08.2018


Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) kritisiert, dass der Referentenentwurf für ein "Gute-Kita-Gesetz" hinter dem Ziel des Ministeriums zurückbleibt. Dennoch begrüßt ver.di, dass der Bund Mittel für die Kitas zur Verfügung stellt, die über den vereinbarten Betrag in der Koalitionsvereinbarung hinausgehen. Leider ist im Entwurf nicht verbindlich vorgesehen, dass dauerhaft Mittel vom Bund zur Verbesserung der Qualität der Kitas und zum Ausbau des Angebots sowie zur Gewinnung von Fachkräften zur Verfügung gestellt werden.

Donnerstag, 14. September 2023

Sind Caritas und katholische Kirche ein Konzern?

wir sehen es in allen Bereichen des Erzbistums Köln: Einrichtungen sowohl im verfasst kirchlichen Bereich als auch in der Caritas werden zusammengelegt und haben oder bekommen konzernhafte Strukturen. Mit diesem Thema wird sich der Studientag der DiAG MAV Köln in diesem Jahr befassen.

Neben einem Fachvortrag zum Thema „Unternehmensmitbestimmung“ haben wir auch eine Session im großen Forum geplant, in der sich Dienstgebervertreter stellen und beschreiben, warum aus ihrer Sicht die Zusammenschlüsse (#zusammenfinden KiTa-Zweckverband Klinik- oder Versorgungseinrichtungen) notwendig sind, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und letzten Endes die Arbeitsplätze unserer Kolleg:Innen zu sichern.
(aus der Einladung zum Studientag der DiAG MAV Köln am 23.10.2023)

Die Frage hat schon öfter den Versuch einer Beantwortung auch seitens der Caritas gefunden. So schreibt der Deutsche Caritasverband selbst:
Die Caritas ist kein Wohltätigkeitskonzern, sondern ein Verband, dem zahlreiche, wirtschaftlich selbstständig agierende Rechtsträger angeschlossen sind.
("Eckpunkte Soziale Innovation" vom 26.04.2012, S. 5 oben - unterzeichnet von Prof. Dr. Georg Cremer, Generalsekretär und Niko Roth, Finanz- und Personalvorstand des Deutschen Caritasverbandes).
Der größte Wohlfahrtsverband Deutschlands organisiert die soziale Arbeit der katholischen Kirche. "Not sehen und handeln - Caritas". Das ist unser Leitspruch. Mit über 600.000 hauptamtlichen Mitarbeitern und mehreren 100.000 Ehrenamtlichen ist die Caritas auch der größte Arbeitgeber in Deutschland, aber kein Wohltätigkeitskonzern. Denn die Mitarbeiter verteilen sich auf rund 25.000 Beratungsstellen, Sozialstationen, Heime... Die sind rechtlich selbständig und gestalten ihre Angebote, wie sie vor Ort benötigt werden.
(Hervorhebungen durch die Redaktion) - siehe auch gesundheitsberufe.de sowie das Übersetzungsportal UEPOS.de
.
Wenn es so einfach wäre, die Frage zu beantworten, wäre der Studientag der DiAG MAV Köln zum Thema überflüssig. Tatsächlich wird die Frage nach der "Konzernstruktur" der Caritas (und der katholischen Kirche) immer wieder gestellt. Sie ist auch nicht unrelevant: denn mit der Eigenschaft "Konzern" sind auch Rechtsfolgen verbunden. So kommen ggf. über die Frage der "Konzernhaftung" auch Haftungsansprüche gegenüber anderen Einrichtungen oder Unternehmen des Konzerns in Betracht, wenn der jeweilige Arbeitgeber nicht in der Lage ist, berechtigte Forderungen zu erfüllen (vgl. die unter **) aufgeführte beispielhafte Rechtsprechung)
Darüber hinaus ist die Frage der "Vertretungsmacht" (etwa für den Abschluss von Tarifverträgen innerhalb eines Konzerns) von durchaus praktischer Relevanz. Nachdem die Bischöfe in Art. 9 Abs. 3 der Grundordnung (entgegen Art. 9 Abs. 3 des Grundgesetzes) das Recht beanspruchen, den Verantwortlichen der katholischen Einrichtungen den Abschluss von Tarifverträgen mit Gewerkschaften zu verbieten (und sich die Inkraftsetzung jeder alternativen Regelung vorbehalten) ist zu überlegen, ob die Bischöfe nicht selbst entsprechende (Anwendungs-)Tarifverträge mit den Gewerkschaften vereinbaren können.

Diese Fragen stehen allerdings nicht im Vordergrund unseres Beitrags. Auch wenn etwa in Rechtsprechungshinweisen solche Fragen angesprochen werden - primär geht es uns heute erst einmal darum, zu klären, ob Caritas und katholische Kirche als "Konzern" angesprochen werden können.

Samstag, 24. Juni 2023

Gleiches Recht für kirchliche Beschäftigte - beanspruchen die Kirchen zurecht eine Sonderrolle im Arbeitsrecht?

Wer unseren Blog regelmäßig verfolgt wird feststellen, dass wir seit einigen Tagen auf die Petition "Gleiches Recht für kirchliche Beschäftigte" verweisen. Dahinter steckt die Tatsache, dass die Kirchen weitestgehend eigenständige Regelungen für Arbeitsverhältnisse in kirchlichen Einrichtungen beanspruchen. Sie haben faktisch ein Eigenleben, eine kirchenrechtlich begründete Regelungsbefugnis als "Staat im Staat" geschaffen.

Zu Recht?

Wir haben die verfassungsrechtlichen Grundlagen des behaupteten kirchlichen Selbstbestimmungsrechts schon mehrfach angesprochen. Wir brauchen also nur daran zu erinnern, dass die Kirchen
  • kein Selbstbestimmungsrecht haben sondern lediglich ein Recht zur Selbstordnung (= strukturelle Organisation) und Selbstverwaltung (Art. 140 GG i.V. Art. 137 Abs. 3 WRV)
  • dass diese Regelungsbefugnis nur für die eigenen Angelegenheiten (res sacra) und nicht für den Bereich der gemeinsamen (res mixta) oder staatlichen Angelegenheiten besteht (Art. 140 GG i.V. Art. 137 Abs. 3 WRV) - während das Arbeitsrecht schon wegen der Beschäftigung von säkulären Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern anderer Religionszugehörigkeit nicht mehr zu den nur eigenen, internen Angelegenheit der Kirche zählt, 
  • dass diese Regelungsbefugnis nur in den "Schranken der für alle geltenden Gesetze" möglich ist (Art. 140 GG i.V. Art. 137 Abs. 3 WRV) und
  • dass diese Regelungsbefugnis durch das fortgeltende Reichskonkordat (Art. 123 Abs. 2 GG) für die katholische Kirche nur hinsichtlich der eigenen Mitglieder (Art. 1 Abs. 2 RKonk) besteht, was aber aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, C.-I Nr. 2 im Urteil vom 14.12.1965 - 1 BvR 413/60) auch für die evangelischen Kirchen wie auch für alle anderen Religionsgemeinschaften gilt.
Was die Kirchen beanspruchen ist nun insbesondere im Bereich des Arbeitsrechts mehr, als ihnen zusteht