Mit diesem Beitrag setzen wir unsere kleine Reihe der (vielfach sonntäglichen) Literaturhinweise fort. Dr. Robert Hinke, Landesfachbereichsleiter für Gesundheit, Soziale Dienste, Bildung und Wissenschaft hat in einem aktuellen Zeitschriftenbeitrag *) Fragen angesprochen, denen wir uns unter dem "Stichwort Dienstgemeinschaft" seit Jahren immer wieder widmen.
Hinke erläutert insbesondere, wie es unter dem Subsidiaritätsgrundsatz zur Bildung der kirchlichen Wohlfahrtskonzerne unter gleichzeitiger Insanspruchnahme von Sonderregelungen (keine Geltung des Betriebsverfassungsrechts) kam, und wie mit der wettbewerblichen Neuausrichtung in Richtung eines "nationalen Wettbewerbsstaates" und dem Umbau der kirchlichen Einrichtungen zu Sozialunternehmen die kirchlichen "Sozialeinrichtungen" in die Falle der "Verbetriebswirtschaftlichung" geraten sind.
Die tätige Verkündigung der "frohen Botschaft" ist längst den Handbüchern des BWL zum Opfer gefallen.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die kirchlichen Sozialunternehmen - welcher Rechtsform auch immer - noch den Voraussetzungen für die Befreiung vom Betriebsverfassungsgesetz, dem Mitbestimmungsgesetz oder den Personalvertretungsgesetzen unterliegen. Denn diese Befreiung gilt - so etwa das Betriebsverfassungsgesetz - für (Zitat) "Religionsgemeinschaften und ihre karitativen und erzieherischen Einrichtungen unbeschadet deren Rechtsform. (§ 118 Abs. 2 BetrVG)" (Zitat Ende).
Eine privatrechtlich konstituierte Einrichtung die nicht mehr karitativ, also selbstlos, sondern nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen bzw. gewerblich tätig ist, unterliegt damit dem Betriebsverfassungsrecht. Gewerblich tätig - da kommt es nicht einmal auf die Gewinnerzielungsabsicht an, sondern lediglich auf die Betätigung am Markt (vgl. unser Beitrag vom 01.08.2015 unter Bezug auf Hanau / Thüsing, »Grenzen und Möglichkeiten des Outsourcings aus dem kirchlichen Dienst« in KuR 2002, RNr. 350, S. 119 ff).
Und dass auch für gewerbliche tätige Betriebe eines öffentlich-rechtlich konstituierten Trägers keine Befreiung vom Personalvertretungsgesetz vorliegt, hat die Rechtsprechung anhand der Klosterbrauerei Andechs längst entschieden (vgl. unser Beitrag "Countdown" vom 30.07.2020 unter Bezug auf VGH München: Entscheidung vom 13.09.1989 - 17 P 89 00759)
Der Aufsatz von Hinke passt in die aktuelle Diskussion zum "Gleichen Recht für kirchlich Beschäftigte". Es kann wohl als "Pflichtlektüre auch für diejenigen bezeichnet werden, die sich für einen Erhalt der kirchlich beanspruchten Sonderrechte einsetzen.
*)
Sozialismus.de - Heft Nr. 6 | Juni 2023 | 50. Jahrgang | Heft Nr. 484
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