Sonntagsnotizen - Experten streiten über Zukunft des kirchlichen Arbeitsrechts
Es wird Zeit das sich was ändert:
Weltsynoden-Halbzeit: jetzt stehen die Konflikte auf der Tagesordnung
Öffentliche Erklärung bayerischer Mitarbeitervertretungen von katholische & evangelischer Kirche, Caritas & Diakonie
Sonntagsnotizen: "Wir müssen bei Punkten, die die Glaubwürdigkeit der Kirche mit beschädigt haben, Veränderungen herbeiführen"
Toleranzpatent vom 13. Oktober 1781
Der Kirchenrechtler Schüller wird nun auf katholisch.de zitiert:
Staat und Kirche müssen "unheilige Allianz" beendenQuelle und mehr: Universität Münster, Institut für kanonisches Recht
Die Kirchen verlieren immer mehr Mitglieder. Auch wenn ihr gesellschaftlicher Einfluss schwindet: In der Politik gibt es immer noch viel Rücksicht für die Kirchen. Für den Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller ist es Zeit, diese "unheilige Allianz" zu überwinden.
In einem bemerkenswerten Interview sagt er:
...es lohnt, das ganze Interview nachzulesen und zu reflektieren.
Immer noch haben kirchliche Sozialträger Monopolstrukturen in vielen Regionen Deutschlands – da ist dann nichts mit der gesetzlich zwingend geforderten Diversität der freien Träger.
Frage: Im Staatskirchenrecht spricht man vom Kooperationsmodell. Sie sprechen von einer "unheiligen Allianz". Warum?
Schüller: Die Bezeichnung "Kooperationsmodell" gibt natürlich die religionsrechtliche Lage in Deutschland zutreffend wieder. Das war auch schlüssig, als das Grundgesetz entstand. Da waren die allergrößten Teile der deutschen Bevölkerung Mitglied in der katholischen oder evangelischen Kirche. Die starke rechtliche Stellung der Kirchen korrelierte mit ihrer gesellschaftlichen Bedeutung. Der Preis dafür ist das, was ich "unheilige Allianz" nenne. Der Staat hat mit der verfassungsrechtlichen Absicherung des Selbstbestimmungsrechts der Kirchen einen faktisch nicht mehr rechtlich kontrollierten Freiraum gegeben, in dem sie staatliche Aufgaben wahrnehmen. Das führte dann dazu, dass es immer noch ein sehr eigentümliches kirchliches Arbeitsrecht gibt, das viel Unheil über die betroffenen Menschen gebracht hat, vor allem dann, wenn sie nicht die katholische Hochmoral lebten. Das haben staatliche Arbeitsgerichte bis weit nach der Jahrtausendwende sehr kirchenfreundlich gebilligt. Ähnliches gilt für den Bereich der sexualisierten Gewalt. Die staatlichen Behörden, Polizei, Staatsanwaltschaften, Gerichte, haben die Kirchen mit Samthandschuhen angefasst. Das eigentlich auf Kooperation angelegte religionsverfassungsrechtliche System in Deutschland hat faktisch zu einer Eigengesetzlichkeit geführt. Ich bin daher der Ansicht, dass Kirchen, wo sie als Körperschaften des öffentlichen Rechts Staatsaufgaben wahrnehmen, grundrechtsverpflichtet sind und damit nicht elementare Menschenrechte mit Füßen treten können, insbesondere was Frauen angeht.
...
die Kirchen sind Getriebene der staatlichen Rechtsprechung und Gesetzgebung, gerade der europäischen. Das ist ein Armutszeugnis und ein besorgniserregendes Phänomen, dass man selten proaktiv auf Entwicklungen reagiert, sondern nur, wenn der äußere Druck so groß ist. Das hat man beim kirchlichen Arbeitsrecht gut gesehen, wo es nach der Fernsehdokumentation "Wie Gott uns schuf" plötzlich zum kirchlichen "Pinkwashing" kam: Verantwortliche, die noch kurz zuvor Priester abgemahnt haben, die gleichgeschlechtliche Paare segneten, wollten plötzlich schon immer hinter Reformen der Loyalitätspflichten gestanden haben. Authentisch und glaubwürdig sind solche Sinneswandel nicht. Mir wäre eine katholische Kirche lieber, die von sich aus mit überzeugenden theologischen Argumenten erkennt, wie sie bei den Leidenden in der Gesellschaft sein kann, und nicht weil ein Gericht oder eine TV-Dokumentation sie dazu drängt.
Frage: Wie groß ist Ihre Hoffnung darauf?
Schüller: Ich gebe die Hoffnung nie auf, ich bin rheinischer Katholik. Und es gibt ja auch kluge und vorausschauende Überlegungen in der Kirche: Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck etwa hat prognostiziert, dass sich die Kirche von einer Volkskirche zu einer Kirche des Volks weiterentwickeln wird, die selbstlos und ohne politische Absichten Orte schafft, wo Menschen erfahren, zu was uns die Liebe Christi drängt. Das ist jetzt fromm formuliert, aber ich halte das für ein überzeugendes Bild der Kirche von morgen. Wir sollten den Untergang von überkommenen kirchlichen Strukturen und den Verlust von Einfluss nicht beklagen, sondern als schöpferische Minderheit mutig und mit Nächstenliebe Christus in der Gesellschaft bekennen.
Bei der Gelegenheit: wir werden während der bayerischen Herbstferien die Aktivitäten des Blogs wieder etwas herunter fahren. Das ist dann die Gelegenheit, die ver.di Petition zu unterzeichnen und dafür zu werben:
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