Donnerstag, 22. September 2022

Jesuiten: sexuelle Identität und sonstige "private Lebensentwürfe" von Mitarbeitern arbeitsrechtlich künftig irrelevant

Der zentraleuropäische Provinzial des Jesuitenordens, Bernhard Bürgler, hat einen entsprechenden Brief an alle Werke der zentraleuropäischen Ordensprovinz geschrieben.
Jesuiten für Diversität unter ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern

Der Synodale Weg hat sich zuletzt in seiner vierten Vollversammlung für eine Reform des kirchlichen Arbeitsrechts ausgesprochen. Auch in den Werken des Jesuitenordens sollen private Lebensentwürfe und die sexuelle Identität von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeitsrechtlich keine Rolle spielen. Diese persönlichen Aspekte sollen weder ein Einstellungshindernis noch irgendeinen Grund für Sanktionen darstellen.

Dies machte der Provinzial des Ordens P. Bernhard Bürgler SJ in einem Brief an alle Werke der Zentraleuropäischen Provinz des Ordens deutlich. Dafür werde der Orden alle bestehenden Spielräume des kirchlichen Arbeitsrechts nutzen.
Das berichtet nun auch katholisch.de
Jesuiten zum kirchlichen Arbeitsrecht: Sexuelle Identität egal
Die dem Generaloberen in Rom unterstehende und dem Papst besonders verbundene, weltweit tätige Gesellschaft SJ ist damit offiziell bereit, in der zentraleuropäischen Provinz (umfasst die Länder Deutschland, Lettland, Litauen, Österreich, Schweden und die Schweiz) die Menschen so zu akzeptieren, wie sie geschaffen wurden. Für Deutschland entspricht das auch dem Ergebnis aus dem Synodaler Weg: Handlungstext „Grundordnung des kirchlichen Dienstes“ (wir berichteten).

Spannend betrachten wir aber auch eine andere Frage:
Wir zitieren vorab nochmal aus der Veröffentlichung der SJ selbst:
Die Jesuiten werden zudem die laufenden Bestrebungen zu einer entsprechenden Reform des kirchlichen Arbeitsrechts in Deutschland, wie sie auch eine große Mehrheit des Synodalen Wegs forderte, unterstützen.
Wie halten es nun die Jesuiten künftig mit - gegen den weltweit geltenden can. 1286 1° CIC verstoßenden - weiteren Besonderheiten des katholischen Arbeitsrechts in Deutschland? Wie ist das mit dem "Dritten Weg", dem in der Grundordnung enthaltenden Verbot der gewerkschaftlichen Kooperation und dem unvollständigen Mitbestimmungsrecht nach MAVO? Hat die zentraleuropäische Provinz da für Deutschland Sonderregelungen - und innerhalb Deutschlands dann ggf. auch noch jeweils eigenständige KODA-Regelungen, je nachdem, in welchem Bistum sich eine solche Einrichtung befindet?
Die Münchner Zentrale vergütet jedenfalls "in Anlehnung an das bzw. nach dem ABD" - dem nur für Bayern geltende "Arbeitsvertragsrecht der Bayerischen (Erz.)Diözesen". In Frankfurt erfolgt die Anstellung "nach kirchlichem Arbeitsrecht, derzeit in Anlehnung an den TVöD/VKA einschließlich der im öffentlichen Dienst üblichen Sozialleistungen". In Berlin erfolgt "die Eingruppierung in Anlehnung an den TV-L, im Ludwigshafener Heinrich-Pesch-Haus "nach kirchlichem Arbeitsvertragsrecht in Anlehnung an TVöD/VKA mit guten sozialen Zusatzleistungen" und beim Kardinal König Haus in Wien erfolgt die "Entlohnung auf Basis des Kollektivvertrags der Caritas". Beim Lassalle Haus in Bad Schönbrunn (CH) fehlt in der Internet-Ausschreibung ein Verweis auf die vorgesehene Tarifnorm völlig. Ein ganz schöner "Flickenteppich", den sich die SJ da leistet - mit einer Vielzahl von Personalabrechnungen und Abrechnungsprogrammen auf unterschiedlichsten Grundlagen.
Oder ist die Gesellschaft künftig mutiger und hält sich auch in Deutschland an die Vorgabe des can. 1286 1° CIC, wendet also das weltliche Arbeits- und Sozialrecht unter Berücksichtigung der päpstlichen Sozialenzykliken (Tarifvertrag - Mater et magistra) umfassend an? Wie wäre es etwa mit einem Anwendungstarifvertrag zum TVöD-VKA einschließlich seiner ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträge (Stichwort: Zusatzversorgung)? Wir denken, mit ver.di liese sich darüber sprechen. Und das brächte nicht nur einige Synergieeffekte sondern auch noch die tarifvertragliche Friedenspflicht, auf die seitens der Anwender von Regelungen des "Dritten Weges" ja generös und großzügig verzichtet wird.
Und wie ist das jetzt mit dem kirchenspezifischen Datenschutzrecht?

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