Aufgrund der Möglichkeit der "Mischfinanzierung" ist auch bei "kapitalgedeckten Kassen" grundsätzlich kein Sanierungsbedarf zu erkennen. Ausnahmen sind möglich und - wie wir hier geschrieben haben - in § 15 a Absatz 1 des ATV-K dokumentiert.
Dennoch wird von einigen Arbeitgebern die seit Jahren andauernde "Niedrigzinsphase" auf den Finanz- und Kapitalmärkten zum Anlass genommen, eine Reform der Zusatzversorgung zu fordern.
Unsere aktuelle Reihe zur Finanzierung der (kirchlichen) Zusatzversorgung schließen wir heute mit einigen Ausführungen zur "Eigenvorsorge" ab. Denn eines ist klar: das von den Beschäftigten zusätzlich eingebrachte Entgelt ist in besonderem Maße auf eine sichere und rentierliche Kapitalanlage angewiesen. Es handelt sich um Vermögen, das treuhänderisch für den besonderen Zweck der Alters- und Hinterbliebenvorsorge verwaltet werden muss. Und die "Niedrigzinsphase" betrifft dieses Vermögen in besonderem Maße. Es besteht ein "Delta", eine Differenz zwischen der zugesagten Verzinsung (als Anhang aus dem Punktemodell) und der auf den Kapitalmärkten tatsächlich derzeit erzielbaren Rendite. Was also tun?
Erst einmal: auch die Eigenleistung (Entgeltumwandlung, Riester) zur Aufstockung der Zusatzversorgung ist eine betriebliche Altersrente.
Dies ergibt sich u.a. aus § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG. Danach gilt:
Der Arbeitnehmer kann vom Arbeitgeber verlangen, dass von seinen künftigen Entgeltansprüchen bis zu 4 vom Hundert der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung durch Entgeltumwandlung für seine betriebliche Altersversorgung verwendet werden.2021 sind das 3408 Euro im Jahr beziehungsweise 284 Euro im Monat.
Und: Die tarifliche betriebliche Altersversorgung ist besonders geschützt. Dies gilt nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch für Beiträge aus der Entgeltumwandlung. Diese sind etwa unpfändbar (Aktenzeichen: 8 AZR 96/20); Anmerkungen hier: "BAG-Urteil: Beiträge zur betrieblichen Altersvorsorge sind nicht pfändbar"
Darüber hinaus gilt der alte römische Grundsatz, dass Verträge eingehalten werden müssen. Eine Reduzierung der zugesagten Leistungen inclusive der Verzinsung scheidet also aus. Eine Ausnahme könnte allenfalls überlegt werden, wenn die Erfüllung dieser Zusage unmöglich geworden ist: dass das der Fall wäre, der Arbeitgeber also bei der Erfüllung der Zusage seine Existenz gefährdet, müsste aber jeder einzelne Arbeitgeber für sich gegenüber den jeweiligen Arbeitnehmern nachweisen. Das dürfte gerade bei den vor Insolvenz geschützten öffentlich-rechtlich organisierten Arbeitgebern, also etwa Körperschaften oder Stiftungen, nicht möglich sein.
Was also kann getan werden, um die zugesagte Leistungsverpflichtung aus der Eigenvorsorge zu gewährleisten?
1. Nachschusspflicht durch den Arbeitgeber:
Der Leistungsanspruch richtet sich an den Arbeitgeber. Nur dieser ist der Vertragspartner im Arbeitsverhältnis. Die Zusatzversorgungs-Kassen haben daher grundsätzlich eine "Nachschusspflicht" nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG in ihren Satzungen vereinbart.
2. Ausgleich aus anderen Töpfen:
Die "Eigenvorsorge" also eigener Abrechnungsverband hat in der Regel nur einen geringen Anteil an Einnahmen und Kapital der Zusatzversorgungskassen. Einige Kassen haben daher einen "Finanzausgleich" zwischen den einzelnen Abrechnungsverbänden vorgesehen. Das erscheint uns aber rechtlich problematisch. Warum? Es handelt sich jeweils um treuhänderisch verwaltete Mittel mit unterschiedlicher Zweckbestimmung - tarifliche Betriebsrente oder Aufstockung durch Eigenleistungen (deshalb auch unterschiedliche Abrechnungsverbände oder "Töpfe"), jeweils mit einem garantierten Zinssatz. Ein Finanzausgleich, also ein Umschichten von einem Abrechnungsverband in den anderen, könnte - bis hin zum Vorwurf der Untreue - rechtliche Probleme nach sich ziehen.
3. Beschluss der Zusatzversorgungskasse in der Bayer. Versorgungskammer:
Die ZVK hat jüngst beschlossen, die Beiträge bzw. Umlagen für die tarifliche Betriebsrente befristet abzusenken und im gleichen Zeitraum und in gleicher Höhe die Beiträge für die Eigenvorsorge zu erhöhen. Diese Erhöhungsbeiträge sind von den Arbeitgebern zu leisten. "Unterm Strich" bleibt somit die Belastung der Arbeitgeber gleich.
Die freiwillige Versicherung – die PlusPunktRente – der BVK Zusatzversorgung ist vollständig im Kapitaldeckungsverfahren finanziert. Sie startete im Jahr 2002 mit einem Tarif, der einen Rechnungszins von 3,25 % und zudem in der Auszahlungsphase eine jährliche Rentenerhöhung von 1 % beinhaltet (Tarif 2002). Das liegt weit über dem Marktniveau der letzten Jahre. Wegen der gesunkenen Realverzinsung an den Kapitalmärkten in den Jahren seit der Finanzkrise 2008 wurden bereits ab 2009 für Neuverträge die Tarife 2009 und 2011 mit einem Rechnungszins von 2,25 % eingeführt. Seit 1. Januar 2019 können Neuverträge nur noch im Tarif 2019 abgeschlossen werden, der einen Rechnungszins von 0,9 % beinhaltet. Die andauernde Niedrigzinsphase kann mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit dazu führen, dass der Rechnungszins von 3,25 % im Tarif 2002 der freiwilligen Versicherung nicht mehr erreichbar sein wird. Wegen dieser anhaltend schwierigen Finanzmarktlage hatte der Verwaltungsrat bereits vor einem Jahr beschlossen, in den Verträgen der PlusPunktRente nach Tarif 2002 keine Erhöhungen der Beiträge mehr zu genehmigen (siehe Rundschreiben Nr. 5/2020). Zudem wurde die Geschäftsführung beauftragt, weitere Sicherungsmaßnahmen zu prüfen, die eine nachhaltige und langfristige Absicherung des Tarifs 2002 der freiwilligen Versicherung erreichen und gleichzeitig sowohl Belastungen der Arbeitnehmer als auch Belastungen der Arbeitgeber vermeiden. Insbesondere darf es zu keinen Leistungskürzungen für die Versicherten kommen. Aufgrund der Einstandspflicht der Arbeitgeber (siehe nachfolgend) wäre dies auch mit rechtlichen Risiken für unsere Mitglieder (Arbeitgeber) verbunden.Quelle: Rundschreiben der BVK Zusatzversorgung - Ausgabe Nr. 3/2021
Unter diesen Rahmenbedingungen hat der Verwaltungsrat nunmehr in seiner aktuellen Sitzung zunächst die satzungsrechtlichen Regelungen zu den Sicherungsmaßnahmen im Falle eines Fehlbetrags in der freiwilligen Versicherung (§ 59 Abs. 2 – Nachschusspflicht) konkretisiert. Die Nachschusspflicht soll auf der versicherungsrechtlichen Ebene verhindern, dass die arbeitsrechtliche Einstandspflicht nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG zum Tragen kommt.
Auf dieser Grundlage kann der Verwaltungsrat künftig beschließen, dass (z. B. ab dem Jahr 2023) zeitlich befristet ein zusätzlicher Beitrag erhoben wird, mit dem die freiwillige Versicherung im Tarif 2002 nachhaltig abgesichert wird. Die Höhe dieses zusätzlichen Beitrags soll anhand der Summe des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts des einzelnen Mitglieds bemessen werden.
Damit diese Absicherung unsere Mitglieder nicht zusätzlich belastet, soll für den gleichen Zeitraum der Zusatzbeitragssatz im Abrechnungsverband I und der Pflichtbeitragssatz im Abrechnungsverband II im gleichen Umfang abgesenkt werden. Damit sind die vorgesehenen Maßnahmen kostenneutral für alle Arbeitgeber.
Mit dieser Maßnahme können wir die freiwillige Versicherung im Tarif 2002 nachhaltig stabilisieren und so auf eine sichere Grundlage stellen. Der zusätzliche Beitrag soll so bemessen werden, dass nicht nur der Fehlbetrag, sondern auch weitere Sicherungsmaßnahmen (vollständige Umstellung der Biometrie, Auffüllung der Sicherheitsrücklage und Bildung einer Rückstellung zur Stärkung der Deckungsrückstellung für künftige Verluste aus Verrentung) vorgenommen werden. Durch den befristeten zusätzlichen Beitrag wäre die freiwillige Versicherung im Tarif 2002 aus heutiger Sicht langfristig wieder auf sichere Grundlagen gestellt.
Das bringt in Bayern für den "Abrechnungsverband Pflichtrente" eine geringfügige, kaum relevante Reduzierung der laufenden Kapitalstockerhöhungen - für den Abrechnungsverband "freiwillige Aufstockung" wird aber das Delta zwischen zugesagten Verzinsung aus dem Punktemodell und tatsächlich auf dem Finanzmarkt erzielter Verzinsung geschlossen. Insgesamt handelt es sich hierbei um einen Solidarakt der Arbeitgeber, denn die Arbeitgeber mit wenigen "Aufstockungsverträgen" finanzieren die Arbeitgeber - z.B. die kirchlichen - mit relativ mehr "Aufstockungsverträgen" mit.
Es gibt aber ein Problem dabei: die vorübergehende Absenkung bei der Pflichtrente darf nicht dazu führen, dass die spätere Wiederanhebung zu einer erhöhten Belastung der Mitarbeiterenden führt. Das muss von allen Arbeitgebern rechtsverbindlich zugesagt werden, auch und gerade von denjenigen, die nicht tarifgebunden sind.
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