Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) und die Berliner Charité haben heute ein Eckpunktepapier für einen Tarifvertrag zur Entlastung des Gesundheitspersonals unterzeichnet. Die Vereinbarung legt unter anderem für die Stationen und Abteilungen fest, wie viele Pflegefachkräfte in der jeweiligen Schicht mindestens eingesetzt werden. Das Berliner Universitätsklinikum will dafür in den kommenden drei Jahren mehr als 700 zusätzliche Pflegekräfte einstellen. „Das Tarifergebnis an der Charité ist ein weiterer wichtiger Erfolg der bundesweiten Tarifbewegung für mehr Personal und Entlastung an den Krankenhäusern“, sagte Sylvia Bühler, die im ver.di-Bundesvorstand für das Gesundheitswesen zuständig ist. „Vor etwa sechs Jahren haben die Beschäftigten des Berliner Uniklinikums den Anfang gemacht und den seinerzeit ersten Tarifvertrag für Gesundheitsschutz und mehr Personal durchgesetzt“, blickte Bühler zurück. „Mittlerweile bestehen an 17 Großkrankenhäusern solche Vereinbarungen, die inhaltlich von Mal zu Mal besser werden.“
Anders als im Tarifvertrag 2016 haben die Charité-Beschäftigten mit der nun getroffenen Regelung Anspruch auf einen individuellen Belastungsausgleich: Müssen sie fünf Mal in unterbesetzten Schichten oder anderen Belastungssituationen arbeiten, haben sie Anspruch auf einen zusätzlichen freien Tag oder andere Entlastungsmaßnahmen. „Diese Regelung entlastet die Pflegepersonen und bewirkt, dass tatsächlich mehr Personal eingestellt werden muss“, erläuterte Bühler. „Dass die Beschäftigten das erreicht haben, ist ihrer Entschlossenheit, Aktionsbereitschaft und Ausdauer zu verdanken. Zugleich ist es ein Armutszeugnis für den noch amtierenden Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, dass Beschäftigte im Gesundheitswesen wochenlang streiken müssen, um mehr Personal durchzusetzen.“ Die republikweit viel zu dünne Personaldecke in den Krankenhäusern sei gefährlich für Patientinnen und Patienten und gefährde die Gesundheit der Beschäftigten.
„Spahn hat es unterlassen, bedarfsgerechte Personalvorgaben für die Krankenhäuser per Gesetz auf den Weg zu bringen“, betonte die Gewerkschafterin. „Die Streiks der Klinikbeschäftigten für Entlastung sind Notwehr. Die neue Bundesregierung muss verbindlich für eine bedarfsgerechte Personalausstattung sorgen, um in allen Krankenhäusern eine gute Versorgung zu garantieren.“ Im ersten Schritt müsse das von der Deutschen Krankenhausgesellschaft, dem Deutschen Pflegerat und ver.di gemeinsam vorgelegte Personalbemessungsinstrument für die Krankenhauspflege, die PPR 2.0, im Koalitionsvertrag festgeschrieben und unmittelbar umgesetzt werden.
Nach der Einigung an der Charité erwartet ver.di nun auch eine zügige Verständigung über einen Tarifvertrag für mehr Personal und Entlastung beim kommunalen Berliner Klinikkonzern Vivantes. „Jetzt ist Vivantes gefordert, dem Vorbild der Charité zu folgen. Für die Beschäftigten der öffentlichen Krankenhäuser Berlins müssen gleich gute Bedingungen gelten“, betonte Bühler. „Wenn Vivantes verhindern will, dass Pflegekräfte in Scharen zur Charité abwandern, muss das Unternehmen nachziehen.“ Ebenfalls eine schnelle Lösung strebt die Gewerkschaft bei den Verhandlungen über die Anwendung des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) auf alle Beschäftigten der Vivantes-Tochterunternehmen an. Am heutigen Donnerstag wurden hierzu die Gespräche wiederaufgenommen.
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