Die besondere Verpflichtung zur Loyalität ist immer schwerer zu vermitteln – sowohl gegenüber Mitarbeitern wie gegenüber Gerichten: Der ehemalige Münchner Generalvikar Peter Beer macht deshalb Vorschläge zur Zukunft des kirchlichen Arbeitsrechts.Weitere Quelle: Herder Korrespondenz 3/2020 S. 41-45, Essays
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Die Fragen, warum es überhaupt spezifische kirchliche Regelungen brauche und woraus dieses kirchlich Spezifische bestehe, müsse zuerst geklärt sein.
Anforderungen an Arbeitnehmer differenzieren
Konkret spricht sich Beer für eine Revision der Konzepte der Dienstgemeinschaft und der sogenannten Loyalitätsobliegenheiten aus. "Dienstgemeinschaft" bezeichnet im kirchlichen Sprachgebrauch die Gemeinschaft der kirchlichen Mitarbeiter auf Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite (im kirchlichen Sprachgebrauch Dienstnehmer und -geber), die mit ihrer Arbeit am Sendungsauftrag der Kirche teilhaben. Für Beer könne man angesichts der tatsächlichen Pluralisierung unter den Mitarbeitern diesen Begriff nicht mehr so verstehen, "dass an alle Glieder der Dienstgemeinschaft die gleichen kirchlichen Anforderungen als verbindendes Identitätsmerkmal gestellt werden". Stattdessen müsse man zur Kenntnis nehmen, dass die Dienstgemeinschaft "immer auch schon Teil der Welt ist, in die sie hineinwirken und die sie verändern will".
Daraus folge, dass man die Anforderungen an Arbeitnehmer differenzieren müsse: "Denkbar wären hier Berufsgruppen wie etwa caritativ-pflegerisch-beratend, pädagogisch-erzieherisch, pastoral- verkündigend, verwaltend-unterstützend." Insbesondere wäre damit auch eine Beschäftigung nicht-katholischer Mitarbeiter zu begründen, die zwar nicht in voller Gemeinschaft mit der Kirche stehen, aber in Teilen an ihrem Sendungsauftrag mitwirken können.
Institutionenorientiertes Loyalitätsverständnis
Um dies zu ermöglichen, müssen "die im Arbeitsrecht an die Arbeitnehmer gestellten kirchlichen Anforderungen jene Pluralität und Dynamik zulassen […], ohne die Identität der Dienstgemeinschaft als solche zu gefährden". Dazu gehört auch ein neues Verständnis von Loyalität. Beer spricht sich dabei für einen Wechsel des Blickwinkels aus. An Stelle der Forderung einer "Vollidentifikation" mit dem kirchlichen Arbeitgeber könne "eine gewisse Grundsympathie" und "Grundsolidarität" stehen, "die im Handeln die Grundausrichtung an denselben Zielen bedeutet, dabei aber Unterschiede im Detail keineswegs ausschließt". Ein solches Loyalitätsverständnis setze mehr auf Individualität und Pluralität, "ohne das Gemeinsame aus dem Blick zu verlieren". "Dementsprechend hängt die Glaubwürdigkeit einer kirchlichen Einrichtung nicht daran, ob einzelne Mitarbeiter alle Loyalitätsobliegenheiten erfüllen, sondern jeder die für sein Tätigkeits- und Aufgabenfeld relevanten." Der institutionenorientierte Ansatz habe zur Folge, "dass das Verständnis der Dienstgemeinschaft als plural und dynamisch und jenes von Loyalität als Grundsympathie in den Vordergrund rückt".
Kirchliches Arbeitsrecht in der Diskussion
Derartige Konzepte zur Weiterentwicklung des kirchlichen Arbeitsrechts werden derzeit in einer Arbeitsgruppe der Deutschen Bischofskonferenz diskutiert.
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Erlaubt sei uns in dem Kontext ein kleiner Hinweis:
Wir haben hier schon einmal ausführlich dargestellt, wann von Seite des universellen Kirchenrechts das "katholisch sein" gefordert wird. Bei der Besetzung eines Kirchenamtes nämlich. Bei allen anderen Tätigkeiten ist "katholisch" nicht gefordert - und damit auch eine persönliche Lebensführung erlaubt, die im Einzelfall nicht zwingend mit den Anforderungen der katholischen Kirche übereinstimmt. Was wir in Deutschland manchmal fordern grenzt an eine Perversion des kirchlichen Ämterrechts.
Ganz konkret: unser Problem ist nicht der schwule evangelische Krankenpfleger in einer Lebenspartnerschaft, sondern der missbrauchende Kleriker. Und der letztere hat seine persönliche Neigung durch eine Machstellung ausleben können, die man als "klerikalem Amtsmissbrauch" bezeichnen muss. Die gleiche Ursache haben Finanzskandale in unserer Kirche - und die gleiche Ursache hat die Weigerung der Amtskirche, mit Gewerkschaften partnerschaftlich zu kooperieren. Das würde einen Machtverlust der Amtsträger (und derjenigen, die sich dafür halten) bedeuten. Ja - aber es würde zugleich dem Amtsmissbrauch vorbeugen.
Und ein partnerschaftlicher Umgang zwischen Arbeitnehmern und ihren Vertretern einerseits sowie den Arbeitgebern andererseits hat sich immer noch als die Beste Alternative zum Wohle jedes Unternehmens erwiesen. Das mag unbequem sein. Jede "Quermeinung" ist unbequem, wenn sie mich zwingt, meine Position zu überdenken. Aber es ist die effektivste Methode, um Fehlentwicklungen zu vermeiden.
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