Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) begrüßt, dass es endlich wissenschaftliche Kriterien zur Personalbemessung für die stationäre Langzeitpflege gibt, die die Pflegeselbstverwaltung im Auftrag des Gesetzgebers entwickelt und am Dienstag, den 25. Februar 2020 in Berlin vorgestellt hat. „Wir kennen die Situation in der Altenpflege genau und fordern deshalb schon sehr lange eine verbindliche Personalausstattung, die sich am Pflegebedarf der Bewohnerinnen und Bewohner orientiert. Dass es nun eine entsprechende Berechnungsgrundlage gibt, ist ein großer Fortschritt“, sagte Sylvia Bühler, Mitglied im ver.di-Bundesvorstand. „Das neue Verfahren muss jetzt schnellstmöglich verbindlich eingeführt und bundesweit einheitlich umgesetzt werden. Der bestehende Flickenteppich unterschiedlicher landesrechtlicher Regelungen muss zügig abgelöst werden.“
Das wissenschaftliche Personalbemessungsverfahren bestätige die Dimension des Missstandes, auf den ver.di seit Jahren hingewiesen habe, der Personalmehrbedarf sei enorm, so Bühler weiter. „Um den dringend erforderlichen Mehrbedarf von rund 120.000 Pflegekräften decken zu können, muss die Arbeit in der Altenpflege deutlich besser bezahlt werden“, erklärte Bühler. „Da Pflegefachkräfte im Krankenhaus mehr verdienen, kehren viele Beschäftigte der Altenpflege den Rücken, obwohl sie ihren Beruf lieben.“ Um die pflegebedürftigen Menschen qualitativ gut pflegerisch zu versorgen, brauche es vor allem mehr Pflegefachkräfte. Die Anforderungen seien gestiegen und die Struktur der Bewohnerinnen und Bewohner der Pflegeeinrichtungen habe sich verändert.
Der für das neue Verfahren entwickelte Algorithmus stellt eine solide Basis für die Berechnung der erforderlichen Personalausstattung dar, müsse aber an einigen Stellen nachjustiert werden. ver.di warnt davor, dass künftig durch die einrichtungsbezogenen Qualifikationsmixe Bewohnerinnen und Bewohner mit niedrigen Pflegegraden von weniger Pflegefachkräften versorgt werden könnten als heute. „Für alle muss sich die Situation verbessern, dieses Versprechen muss die Politik geben, “ so Bühler. „Eine Lösung sind Sockelwerte, die der Gesetzgeber definiert und die pflegegradunabhängig sind und nicht unterschritten werden dürfen“, forderte Bühler. Zudem müsse sichergestellt werden, dass auch aus Gründen des Arbeitsschutzes künftig Beschäftigte in Nachtdiensten immer mindestens zu zweit in einem Wohnbereich arbeiteten. Außerdem müssten ganzheitliche Pflegeprozesse in einer Hand bleiben und nicht zerlegt und auf Beschäftigte mit unterschiedlichen Qualifikationsniveaus aufgeteilt werden. „Wir sind Menschen und keine Werkstücke. Rationalisierungsinstrumente aus der industriellen Produktion haben in der Pflege nichts verloren“, stellte Bühler klar. Pflegerische Tätigkeit sei Beziehungsarbeit. „Zu einer bewohnerorientierten Pflege gehört, dass die Beschäftigten ausreichend Zeit mit den Bewohnerinnen und Bewohnern verbringen können. Nur so lassen sich Menschen für die Altenpflege begeistern.“
[Quelle: Ver.di-Pressemitteilung 25.2.2020]
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