Als hinderliches Problem wird dabei benannt, dass die Pflegekräfte insbesondere in der Altenpflege extrem schlecht gewerkschaftliche organisiert seien und dass die kirchlichen Wohlfahrtsverbände mit ihrer Ablehnung von Tarifverträgen ihr Scherflein zur Problematik beitragen.
Stefan Sell hat in seinem Blog "Aktuelle Sozialpolitik"
Tariflohn für alle Pflegekräfte in der Altenpflege: SPD und Union sagen: kommt. Die anderen fragen sich: wie denn?das Thema aufgegriffen und weiter vertieft.
(Kirchliche Wohlfahrtsverbände und niedriger Organisationsgrad? Man sollte nicht den Rolle unterschätzen, den die Tradition der kirchlichen Wohlfahrtsverbände für den niedrigen Organisationsgrad der Beschäftigten hat: das Stellvertretersystem des 3. Weges, in dem die Verantwortung für Tarife einer kleinen Gruppen von gewählten Vertretern übertragen wird und damit die Beschäftigten aus ihrer Mitverantwortung genommen werden, lässt gewerkschaftliche Selbstorganisation als überflüssig erscheinen...)
Am 1. März war dann im Kölner Stadtanzeiger zu lesen:
Arbeitsbedingungen Die Pflegebranche ringt um Tarifverträge/Nur ein Bruchteil der Beschäftigten ist gewerkschaftlich organisiertDie Zeitung spricht von "vorsichtigen Bewegungen in der Branche" und "von der Öffentlichkeit unbemerkten" Fortschritten:
"In einem gemeinsamen Brief hatten die Gewerkschaft Verdi, Caritas, Diakonie sowie andere Wohlfahrtsverbände Union und SPD aufgefordert, die flächendeckende Ausweitung von Tarifeinigungen zu erleichtern.[...] Der Präsident des Pflegeunternehmer-Verbandes bpa, Bernd Meurer, äußerte sich kürzlich zurückhaltender als bisher zur Frage von Tarifverträgen. Er forderte sogar Verdi auf, mit konkreten Forderungen an die Arbeitgeber heranzutreten. Er sei jedenfalls "sehr dafür, dass die Pflegenden mehr verdienen". Meurer machte allerdings erneut klar, dass er Tarifverträge in einer Branche, in der Arbeitskräfte gesucht werden, eigentlich für überflüssig hält. Keine Pflegekraft, die einen Job suche, müsse sich unter Wert verkaufen."
In der Folge entsprechender Meldungen, die in der vergangenen Woche als dpa-Meldung durch zahlreiche bundesdeutsche Medien gingen, gab es dann die Reaktion von Ver.di, über die wir am Freitag berichtet haben:
ver.di begrüßt Bereitschaft des privaten Arbeitgeberverbandes bpa zu Tarifverhandlungen in der AltenpflegeDie Reaktion des BPA liess nicht lange auf sich warten und überrascht eigentlich nicht:
Die bpa-Pressestelle erklärte am 2.3.2018: „Unsere Haltung hat sich nicht geändert“
„In einem Pressegespräch hat bpa-Präsident Bernd Meurer darauf hingewiesen, dass auch der bpa eine bessere Bezahlung der Mitarbeiter begrüßt. Nicht umsonst hat der bpa-Arbeitgeberverband sich mit eigenen Arbeitsvertragsrichtlinien auf den Weg gemacht. Um zu Tarifverhandlungen aufzurufen, brauchen wir keine Pressekonferenz. Wir wissen, wo ver.di zu erreichen ist, umgekehrt gilt das seit Jahren auch. Es ist uns aber auch klar, dass der Organisationsgrad bei ver.di nicht dafür spricht, dass sie wirkungsmächtig die Interessen der Beschäftigten in der Pflege vertreten können. Uns beschäftigt weiterhin die Diskussion um einen einheitlichen Tarifvertrag, der sämtliche Unternehmen nur noch zu Erfüllungsgehilfen machen würde. Wir lehnen ihn weiter ab. Unsere Haltung dazu hat sich nicht geändert. Wir sehen uns nicht als Subunternehmer politischer Festlegungen, deren Leistung dann mit einem zu vereinbarenden Zuschlag zu honorieren wäre. Wer hier jeglichen Wettbewerb schleifen will, wird sich in kürzester Zeit mit Kostenfolgen konfrontiert sehen, die logisch sind, wenn Unternehmern jede eigene Verantwortung genommen wird.“Ein klares Bekenntnis der bpa: allgemeinverbindliche Tarifverträge - nicht mit uns!
Es dürfte schwer werden, wenn hier die Unternehmensinteressen gegen Tarifverträge in Stellung gebracht werden und bei den kirchlichen Wohlfahrtsverbänden der 3. Weg.
Die Beschäftigten können das hinnehmen. Sie müssen es aber nicht. Die Politik wird es nicht richten. Unsere sozialstaatliche Verfassung weist einen wesentlichen Teil der Verantwortung Arbeitnehmern zu, die gewerkschaftlich organisiert ihre kollektiven Interessen solidarisch und gemeinsam wahrnehmen.
Früher hat man solche Feststellungen auch bei katholischen Sozialethikern gelesen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Ihr könnt Eure Kommentare vollständig anonym abgeben. Wählt dazu bei "Kommentar schreiben als..." die Option "anonym". Wenn Ihr unter einem Pseudonym schreiben wollt, wählt die Option "Name/URL". Die Eingabe einer URL (Internet-Adresse) ist dabei nicht nötig.
Wir freuen uns, wenn Ihr statt "Anonym" die Möglichkeit des Kommentierens unter Pseudonym wählt. Das Kommentieren und Diskutieren unter Pseudonym erleichtert das Austauschen der Argumente unter den einzelnen Benutzern.