Mittwoch, 13. Dezember 2017

Betriebsrat (oder MAV) erzwingt Entlastung

In vielen Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens sind Kolleginnen und Kollegen aktiv und erreichen konkrete Verbesserungen. Oft hört man vom Ergebnis. Um aber voneinander lernen zu können, muss auch die Geschichte, die zum Erfolg führte, erzählt werden.  Dies tun ver.di mit den Praxisheften. Das jetzt erschienene Heft, das sich mit der erfolgreichen Arbeit des Betriebsrates an der Helios Ostseeklinik Damp beschäftigt, ist das erste in der Reihe. Das Heft bekommt ihr in eurem ver.di-Bezirk.

Im Mitgliedernetz stehen exklusiv für ver.di-Mitglieder die Broschüre als PDF-Datei und eine Reihe Originaldokumente zur Verfügung, die zeigen, wie die Auseinandersetzung in der Praxis verlaufen ist. .

Beispiel Helios Ostseeklinik Damp
Die Gesundheit der Beschäftigten schützen – dabei können Interessenvertretungen eine wichtige Rolle spielen. In der Helios Ostseeklinik Damp hat der Betriebsrat in einer langwierigen Auseinandersetzung eine Betriebsvereinbarung durchgesetzt. Sie schreibt für die Stationen und Schichten je nach Belegung konkret fest, wie viel examiniertes Pflegepersonal zur Verfügung stehen muss. Wie hat der Betriebsrat das geschafft? Im Praxisheft findet ihr die Geschichte dieser Auseinandersetzung kurz zusammengefasst, sowie die Rechtsgrundlagen für die Mitbestimmung, auch bei kirchlichen und öffentlich-rechtlichen Häusern.


»Die Gesundheitsbelastung war untragbar, wir mussten etwas tun«, so Strubbe. Der Betriebsrat rief die Einigungsstelle an – und schlug einen Vorsitzenden vor, der sich mit der Materie gut auskennt. »Es ist wichtig, bei einer solchen Sache nicht den nächstbesten Arbeitsrichter zu nehmen, sondern jemanden, der weiß, worum es geht«, betont der Betriebsratsvorsitzende. Mehrfach beauftragte die Einigungsstelle Gutachter, die die Belastungssituation auf den Stationen eingehend analysierten. Die Experten bestätigten immer wieder, dass die Gesundheit der Beschäftigten wegen zu hoher Arbeitsbelastung gefährdet ist. Das Management bestritt die Ergebnisse nicht, blieb aber weitgehend untätig. Als Konsequenz daraus beschloss die Einigungsstelle im Dezember 2016 gegen den Willen des Arbeitgebers eine Betriebsvereinbarung.

Diese legt konkret fest, wie viele examinierte Pflegekräfte in der Früh-, Spät- und Nachtschicht auf den einzelnen Stationen der Ostseeklinik anwesend sein müssen. Nachts wird seither fast überall zu zweit gearbeitet, tagsüber mit zwischen zwei und vier Kolleg/innen – je nach Patientenzahl. Berechnet wird das auf Grundlage der Pflegepersonalregelung (PPR). »Wir haben das sehr konservativ gerechnet, dennoch sind die Stationen mit der Regelung deutlich besser besetzt als vorher«, sagt Strubbe. Besonders positiv sei, dass die Beschäftigten jederzeit selbst beurteilen könnten, ob die vorgeschriebene Besetzung eingehalten wird. »Da wird morgens diskutiert: Wie viele Patienten haben wir? Wie viele Pflegekräfte müssten da sein?« Und wenn es nicht genug sind, wird der Arbeitgeber aufgefordert, für Abhilfe zu sorgen – entweder durch zusätzliches Personal oder indem Patient/innen verlegt werden.

»Dass Leute aus dem Frei geholt werden, lehnen wir komplett ab«, betont Betriebsrat Strubbe. »Solche Dienstplanänderungen machen wir nicht mit. Dann gehen wir vors Arbeitsgericht und klagen auf ein Ordnungsgeld.« 2016 wurde Helios bereits zu einer Zahlung von 80.000 Euro verurteilt, doch der Betriebsrat verzichtete zunächst auf die Vollstreckung. »Damit machen wir deutlich: Es geht uns nicht darum, dem Haus zu schaden. Wir nutzen unsere Mitbestimmungsrechte lediglich dazu, die Arbeitsbedingungen und damit den Gesundheitsschutz zu verbessern.«

[Quelle (und mehr): https://gesundheit-soziales.verdi.de/themen/entlastung]

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