Samstag, 27. Oktober 2012

Päpstlicher Rat für Gerechtigkeit und Frieden: für Mindestlöhne und Tarifverträge!


Der päpstlicher Rat für Gerechtigkeit und Frieden mahnt zur Unternehmerverantwortung (ohne die Caritasdienstgeber ausdrücklich auszunehmen):
(Die Tarifverträge werden zwar auch nicht ausdrücklich genannt, aber wozu sind Gewerkschaften sonst da?)



Das Dokument findet sich hier:
Zum Unternehmer berufen

Auszüge:
77. 
Vernünftiges Denken zu entwickeln umfasst den Blick für die verfügbaren Ressourcen des Betriebes und seine einzigartigen Kontextbedingungen. Praktische Klugheit  bedeutet somit, das Sollen der sozialethischen Prinzipien in eine realistische und mögliche Umsetzung einer konkreten Situation einzubringen (abhängig von den vorhandenen Mitteln und Ressourcen). Praktische Klugheit mit Blick auf Löhne, die den Lebensunterhalt sichern, bedeutet also, dass diese nie höher sein können, als es die Leistungsfähigkeit des Unternehmens erlaubt. Wenn aber solche Löhne vom Unternehmen in bestimmten Situationen nicht gezahlt werden können, ohne die Existenz des Unternehmens zu gefährden, dann werden verantwortungsvolle Geschäftsleute nicht stehenbleiben und fatalistisch auf die Marktkräfte verweisen. Vielmehr werden sie ihre Unternehmensstrategie überdenken und kreativ versuchen, die Situation zum Besseren zu wenden und zu ihren Beschäftigten wieder ein rechtes Verhältnis herzustellen. Dies kann bedeuten, die Arbeit anders zu organisieren, die Gehaltsstrukturen zu verändern oder Anstrengungen zu unternehmen, neue Märkte zu erschließen. Wenn es dem Unternehmen aber auch nach solchen Anstrengungen nicht gelingt, gerechte Löhne zu zahlen, dann wird es Aufgabe anderer Institutionen wie des Staates oder der Gewerkschaften, die Bemühungen des Unternehmens ergänzend zu unterstützen. 64

Zum Text gehört eine Fußnote, in der es heißt:
64 Der im englischen Original verwendete Begriff «indirekter Arbeitgeber» stammt von Johannes Paul II. Dies ist ein wichtiger Gegenstand für Unternehmer (Enzyklika Laborem Exercens, 19). „Wenn ein bestimmtes Wirtschaftsystem so kompetitiv und dysfunktional ist, dass die gerechte Behandlung von Mitarbeitern bestraft statt belohnt wird, können Arbeitgeber und Manager nicht erwarten, eine vollkommen gerechte Arbeitssituation zu schaffen. Beispiel: Das Recht auf einen existenzsichernden Lohn liegt in der Verantwortung aller Menschen und nicht nur dem direkten Arbeitgeber. 
Wenn ein bestimmtes Unternehmen in einem sehr preissensiblen und transparenten Markt tätig ist, kann der Druck, die Arbeitskosten zu senken, so groß werden, dass ein bestimmter Arbeitgeber gezwungen sein würde, den so genannten Markt-Lohn zu bezahlen, welcher niedriger sein könnte als ein existenzsichernder Lohn für eine Einzelperson oder eine Familie. 
Ein Arbeitgeber in einem solchen System könnte gezwungen sein, niedrige Löhne zu zahlen, weniger Sozialleistungen zu bieten, und würde die Arbeitsbedingungen sich verschlechtern lassen, um mit anderen in seiner Branche konkurrieren zu können. Wenn er dies nicht tut, würde dieses bestimmte Unternehmen im Wettbewerb benachteiligt. Egal, wie sehr die direkten Arbeitgeber einen existenzsichernden Lohn bezahlen möchten, sind sie gezwungen, die üblichen Tarife zu bezahlen oder ihr Geschäft aufzugeben. 
Dieses Szenario zeigt sich am deutlichsten in Entwicklungsländern, in denen der Arbeitsschutz minimal ist, die Gewerkschaften unterdrückt werden und die Arbeitsmärkte überschwemmt sind, obwohl sie auch weiterhin in den entwickelten Ländern existieren. Deshalb sind die sogenannten indirekten Arbeitgebern von solch entscheidender Bedeutung bei der Festlegung des Arbeitsentgelts.“


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Die kursiven Texten sind aus dem Papier des Päpstlichen Rates; die Hervorhebungen sind von uns.

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Die Empfehlung geht eher nicht dahin, sich den "Marktmächten" zu beugen und insbesondere die unteren Lohngruppen noch weiter abzusenken.

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