Lassen Sie uns dennoch aus dem Aufruf zitieren:
1. Das kirchliche Arbeitsrecht – der Neuanfang braucht eine selbstkritische AufarbeitungEs ist ein Text der Reflexion, den wir hier in Auszügen anreissen. Nicht alles, was angedacht oder besser "nicht in Frage gestellt" wird, findet unsere einhellige Zustimmung. Ist denn der "Dritte Weg" vor dem Hintergrund der eigenen Soziallehre wirklich "die Königslösung"?
Von ihrer Bedeutung bildet die Grundordnung des kirchlichen Dienstes (GrO) den Grundpfeiler der Arbeitsrechtsverfassung und erfasst alle Bausteine des kirchlichen Arbeitsrechts. Sie ist insoweit wohl die wichtigste Rechtsquelle des kirchlichen Arbeitsrechts im Bereich der katholischen Kirche in Deutschland.
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Mit Blick auf die Wirkungsgeschichte der GrO (Kultur der Angst und Bedrohung) braucht es daher eine Aufarbeitung seitens der katholischen Kirche und der kirchlichen Träger. Heute liest sich diese Geschichte als der Versuch der Kirchenleitungen, nach dem Machtverlust im Staat und in der Gesellschaft zumindest die Macht über die Lebensführung und die Beziehungen ihrer Mitarbeitenden auszuüben.
Eine zeitgemäße Fortschreibung der GrO ist nur möglich, wenn sich die Bischöfe und auch die kirchlichen Träger dieser Geschichte der Verletzungen, Ausgrenzungen und Herabwürdigung von Lebensentwürfen ihrer Mitarbeitenden und der je eigenen Mitwirkung stellen.
2. Was braucht eine zukunftsorientierte Kirche?
Das Anliegen, einen ideellen, religiös begründeten Grundkonsens aller katholischen Einrichtungen und Dienste zu formulieren, ist in einer pluralen Gesellschaft berechtigt und sinnvoll. Das eigentliche Ziel ist programmatischer Art: Was macht einen Träger heute christlich, ja konfessionell?
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Die Aufgabe des Arbeitsrechts liegt nicht in der Identitätsbildung oder Sicherstellung von Mitarbeitendenbindung, denn hierzu stehen Trägern andere Instrumente zur Verfügung.
3. Kirchliche Träger haben ihre Hausaufgaben gemacht
Da in den 1980er-Jahren keine oder kaum Leitbilder bei katholischen Trägern erarbeitet waren, bestand die Notwendigkeit seitens der katholischen Kirche in Deutschland, die Grundlagen des kirchlich-konfessionellen Selbstverständnisses zu definieren. Heute stellt sich die Situation anders dar.
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Eine künftige GrO sollte die Prozesse der Aktualisierung des christlichen Selbstverständnisses absichern und so die entsprechende ethische und spirituelle Haltungsbildung ermöglichen.
4. Umgang mit Kirchenaustritt
Besonders infolge der Initiative von #OutInChurch und aufgrund der Entscheidungen der Arbeitsgerichte wie auch des EuGH zeichnet sich ab, dass die Loyalitätsobliegenheiten aus Art. 5 GrO gestrichen werden.
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Der Austritt aus der Kirche ist als das zu begreifen, was er je nach individueller Situation ist, eine Anfrage, die nach einer glaubwürdigen Antwort der kirchlich Handelnden fragt und nach Möglichkeiten der Identifikation sucht.
5. Den Dritten Weg entwicklungsoffen denken
Die negative Wirksamkeit des Individualarbeitsrechts im Sinne der Loyalitätsobliegenheiten hat die positiven ideellen Aussagen der GrO zum christlichen Selbstverständnis und zu seiner Entfaltung im Sinne des kollektiven Arbeitsrechts (Dritter Weg, MAVO, Koalitionsfreiheit …) überlagert.
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Die neue Grundordnung sollte den Dritten Weg auch in der Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften aktiv fortschreiben.
6. Ein gewinnendes Narrativ von Kirche statt gestriger Verrechtlichung
Es gilt, ein gewinnendes christliches Narrativ des kirchlichen Dienstes zu entwickeln, statt mit einem sanktionierenden kirchlichen Arbeitsrecht zu drohen. In der pluralen Gesellschaft sind positive Formulierungen zur Gestaltung von Lebensmöglichkeiten gefordert.
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Eine GrO wird künftig sehr demütig formulieren müssen und sich bewusst bleiben, dass in der Zusammenarbeit mit allen gesellschaftlichen Kräften das Evangelium immer wieder neu entdeckt wird.
7. Akzeptanz erfährt die GrO durch einen partizipativen Entstehungsprozess
Es braucht einen breiten und transparenten Aushandlungsprozess zum kirchlichen Selbstverständnis. Aktuell ist zu fragen: Wer schreibt in wessen Auftrag eine GrO für die 700 000 Mitarbeitenden kirchlicher Träger? Welche Professionen und Perspektiven entsprechen der Bedeutung und dem hohen Stellenwert der GrO? Welches Verfahren bindet die verschiedenen Akteur*innen ein, so z. B. die wissenschaftliche Theologie, die Mitarbeitenden in Pastoral, Bildung und Caritas, die Bischöfe, die kirchlichen Träger …? Wo findet der Dialog mit der Gesellschaft, der Politik und den Gewerkschaften statt?
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Die Tatsache, dass die GrO in allen Satzungen katholischer Träger sowie in den Arbeitsverträgen in der jeweils gültigen Fassung Eingang findet, verlangt die Einbeziehung der vielfältigen katholischen Anstellungsträger und ihrer Mitarbeitenden.
Wir erwarten von den deutschen Bischöfen einen transparenten und partizipativen Prozess zur Erstellung einer neuen Grundordnung für den kirchlichen Dienst.
Und gilt das auch für alle Berufe bei kirchlichen Trägern - oder kann es sein, dass lediglich liturgische und pastorale (seelsorgerliche) Dienste einen Sonderweg benötigen?
Was sagen Sozialethiker der katholischen Kirche wie Prof. Friedhelm Hengsbach (SJ) dazu?
Wir haben u.a. am 19. März ausgeführt:
Ein theologisch seriöser Umgang mit der Thematik könnte so aussehen, dass die Bischöfe einen gemeinsamen Diskussionsprozess mit den Gewerkschaften starten, in dem die Beschäftigten, die kirchlichen Arbeitsrechtsfunktionäre beider Seiten und die kirchlichen Sozialethiker, sowie politisch Verantwortliche einbezogen sind und die anstehenden Fragen diskutieren - inklusive der Frage, wie ein Übergang ins weltliche System aussehen könnte.Dass auch Theologen zu den Beschäftigten gehören wollen wir nicht abstreiten.
(wird fortgesetzt)
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