Dienstag, 6. November 2018

Kasseler Konferenz/Sozial- und Erziehungsdienst: Beschäftigte fordern mehr Personal und verstärkte Ausbildung von Fachkräften

Deutlich mehr Personal und zusätzliche Mittel zum Ausbau der Kapazitäten für die Ausbildung von Fachkräften sowie Lehrpersonal forder Beschäftigte der Sozial- und Erziehungsdienste am 2. November 2018 bei der „Kasseler Konferenz“ der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di). Fachkräfte der Kinder-, Jugend- und Behindertenhilfe diskutierten dort zwei Tage über die aktuellen Herausforderungen und Rahmenbedingungen ihrer Arbeit. ver.di macht sich für bessere Personalschlüssel, eine finanzielle Aufwertung der Berufe sowie eine gute Ausbildung für Fachkräfte stark.

Vor dem Hintergrund der Diskussion um die Finanzierung des Gute-Kita-Gesetzes betonte Bundesfamilienministerin Franziska Giffey bei der Konferenz, gute Qualität in Kindertagesstätten gebe es nur mit genug qualifiziertem Personal. Sie kündigte eine "Fachkräfteoffensive" an, mit der unter anderem die Bedingungen der Ausbildung verbessert werden sollen. Die Ministerin erklärte zudem, sie werde sich dafür einsetzen, die finanzielle Unterstützung des Bundes für die Kitas über 2022 hinaus fortzusetzen. „Ich halte die Aufwertung der sozialen Berufe für ein Schlüsselthema des 21. Jahrhunderts“, so die Ministerin Giffey.


ver.di fordert eine deutliche Nachbesserung im Entwurf des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung. Die zunehmende Bedeutung frühkindlicher Bildung, Betreuung und Erziehung mache einen Ausbau der Kindertagesbetreuung notwendig. Dazu seien langfristige Investitionen des Bundes, auch in die Qualität der Angebote, Qualifizierung und Ausbildung nötig. Nur eine dauerhafte Beteiligung des Bundes an der Finanzierung dieser Ausgaben stelle sicher, dass die Länder die Qualität der Kindertagesbetreuung konsequent weiterentwickeln. „Kinder brauchen nicht irgendwelche Kitas, Kinder brauchen gute Kitas. Der Bund muss dauerhaft und zweckgebunden Mittel bereit-stellen, damit die Qualität stimmt. Die Arbeit im Sozial- und Erziehungsdienst ist bei jedem Träger anspruchsvoll. Es muss gewährleistet sein, dass die Tarifverträge vollständig refinanziert werden. Von der Tarifentwicklung der kommunalen Einrichtungen dürfen die Beschäftigten der Wohlfahrtsverbände oder Elterninitiativen nicht abgehängt werden“, betont Sylvia Bühler, Mitglied im ver.di-Bundesvorstand.

ver.di würdigt die Unterstützung des Bundes, kritisiert jedoch, dass nicht verbindlich vorgesehen ist, dass mit den Mitteln die Qualität in den Kitas nachhaltig verbessert wird. „Das muss der Bund sicherstellen, damit das Geld für den Qualitätsausbau verwendet wird, zur Gewinnung von Fachkräften und der Verbesserung der Arbeitsbedingungen sowie zur Entlohnung der Beschäftigten“, erklärt ver.di-Bundesvorstandsmitglied Wolfgang Pieper. Das größte Problem bei der Qualitätsentwicklung in den Kitas stelle der von Jahr zu Jahr anwachsende Fachkräftemangel dar. Für alle Maßnahmen, durch die die Kindertagesbetreuung qualitativ weiterentwickelt werden könne, werde gut ausgebildetes Fachpersonal benötigt.

„Auf allen Ebenen des Systems, angefangen bei der täglichen Arbeit in den Kitas, über das Studium der Fachschullehrerinnen bis hin zur Förderung von Nachwuchs an den Universitäten, brauchen wir dringend gutes Personal“, so Pieper. Eine Personalgewinnung über „Schmalspurausbildungen“ darf es nicht geben, die Weiterentwicklung der Kita-Qualität muss vorangetrieben werden.

ver.di fordert die Bundesregierung daher auf, die Gewinnung von Interessentinnen und Interessenten und die Ausbildung von Fachkräften für die Kindertagesbetreu-ung sowie des gesamten Ausbildungs- und Unterstützungssystems in den Mittelpunkt der Zielvereinbarungen mit den Ländern im Rahmen des „Gute-Kita-Gesetzes“ (KiQuTG) zu stellen. Im Sozial- und Erziehungsdienst würden immer mehr Profis benötigt, in Kitas, in der Kinder- und Jugendarbeit, in der Behindertenhilfe, im Allgemeinen Sozialdienst, in der Schulsozialarbeit. Dazu müssten sich die Bedingungen verbessern und Anreize geschaffen werden, eine gute Ausbildung für diese Berufe zu absolvieren.

[Quelle: Pressemitteilung ver.di vom 2. November 2018]


Kasseler Erklärung 2018:


Unser Ziel, die Aufwertung der sozialen Berufe, werden wir weiter vorantreiben gegenüber den Kommunen, den Ländern, dem Bund und den Arbeitgeber*innen. Neben tariflichen Regelungen sind es landes- und bundesrechtliche Bestimmungen, die maßgeblich unsere Arbeitsbedingungen bestimmen. Wir bringen uns aktiv ein, um die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten in der Sozialarbeit, der Kinder-, Jugend- und Behindertenhilfe zu verbessern.
 Tarif- und fachpolitisch haben wir einiges erreicht. Tarifpolitisch ist es uns bei verschiedenen freien Trägern gelungen, die Lücke zum öffentlichen Tarifrecht zu schließen oder deutlich zu verkleinern. Im öffentlichen Dienst konnten wir für praxisintegrierte Ausbildungen zur Erzieher*in verbindlich die Ausbildungsvergütung regeln.
 Der TVöD ist und bleibt für uns die Leitwährung!
 Fachpolitisch haben wir mit bundesweiten Aktionen und mit fachlicher Kritik wirksam daran mitgewirkt, dass eine SGB VIII-Novellierung, die massive Verschlechterungen befürchten ließ, gestoppt wurde und dass uns für die Zukunft eine stärkere Beteiligung zugesagt wurde. Unsere Forderungen nach besseren Arbeitsbedingungen, verbesserten Personalschlüsseln und Fallzahlbegrenzungen werden wir verstärkt in die beginnenden Dialogprozesse einbringen. Bezogen auf den aktuellen Entwurf zu einem Qualitätsentwicklungsgesetz Kita sind wir mit unseren fachlich begründeten Positionen maßgeblich an der Bündelung der gesellschaftlichen Kritik beteiligt. Unserer Forderung nach deutlichen Nachbesserungen verleihen wir so, in einem Bündnis mit Trägern und anderen Verbänden, zusätzliche Kraft. Wir werden das parlamentarische Verfahren intensiv begleiten und gleichzeitig müssen wir uns auf die Umsetzung in den Ländern vorbereiten. Dort wird bestimmt, wofür die Bundesmittel genutzt und welche Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung eingeleitet werden. Daran müssen und werden wir aktiv Anteil nehmen. Wir sind aufgefordert, diese Veränderungsprozesse zu begleiten und zu gestalten, damit Verschlechterungen verhindert und der Weg zu spürbaren Verbesserungen bereitet werden kann.
 Grundlage für Verbesserungen muss eine Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive sein, in der sich Bund, Länder, Kommunen und Träger engagieren. Wir fordern die vollständige Refinanzierung der tarifvertraglichen Personalkosten im Bereich der Sozial- und Erziehungsdienste und die Bindung der Vergabe öffentlicher Mittel in unseren Arbeitsfeldern an das Tarifniveau des öffentlichen Dienstes. Wir haben die tarifliche Fortsetzung der Aufwertung vorbereitet. Wir werden die nächsten Monate nutzen, eine gründliche Bestandsaufnahme vorzunehmen. 2019 sind Gespräche mit den Arbeitgeber*innen geplant, bei denen die bisherige Tarifentwicklung ausgewertet wird und offene Themen diskutiert werden. Diese Ergebnisse werden in die breite Mitgliederdiskussion um unsere Tarifforderung und die anschließenden Tarifkampagnen ab 2020 einfließen. Gute Qualität braucht gute Bedingungen. Nur durch ein gemeinsames, geschlossenes Vorgehen können wir unsere Arbeitsbedingungen verbessern.





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