Freitag, 16. November 2018

Vatikan: "Menschenrechte gelten für jeden, überall und immer"

mit einer bemerkenswerten Äusserung hat sich ein amtlicher Vertreter des Vatikan zur Diskussion über die Geltung der Menschenrechte in kirchlichen Einrichtungen geäussert.
Wie das DOMRADIO https://www.domradio.de/nachrichten/2018-11-16/vatikan-bedauert-rueckzuege-aus-un-migrationspakt berichtet, hat Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, der Chefdiplomat des Papstes, in einem Vortrag die Menschenrechtspolitik des Heiligen Stuhls erläutert:
Zu deren Grundsätzen gehöre zum einen die Universalität der Menschenrechte, die für jeden, überall und immer gelten - ohne Ausnahme.  .... Zu Beginn hatte Parolin eingeräumt, dass die katholische Kirche sich zunächst von einer Gegnerin der Menschen- und Bürgerrechte der Französischen Revolution (1789) über die erste päpstliche Sozialenzyklika von 1891 und das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) zu einer Verteidigerin von Menschenrechten entwickelt habe.
 
Der Verweis auf die erste päpstliche Sozialenzyklika und die nachfolgende Entwicklung kann doch nur so verstanden werden, dass Religionsfreiheit, das Gewerkschaftsprinzip und das Koalitionsrecht auch nach amtlicher Auffassung aus dem Vatikan auch zu den Menschenrechten gehören.
 
In der

Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte

UN_blauResolution 217 A (III) der Vereinten Nationen

vom 10. Dezember 1948

ist dazu u.a. aufgeführt:

Artikel 2

Jed­er hat Anspruch auf alle in dieser Erk­lärung verkün­de­ten Rechte und Frei­heit­en, ohne irgen­deinen Unter­schied, etwa nach Rasse, Haut­farbe, Geschlecht, Sprache, Reli­gion, poli­tis­ch­er oder son­stiger Anschau­ung, nationaler oder sozialer Herkun­ft, Ver­mö­gen, Geburt oder son­stigem Stand.
...
 

Artikel 7

Alle Men­schen sind vor dem Gesetz gle­ich und haben ohne Unter­schied Anspruch auf gle­ichen Schutz durch das Gesetz. Alle haben Anspruch auf gle­ichen Schutz gegen jede Diskri­m­inierung, die gegen diese Erk­lärung ver­stößt, und gegen jede Aufhet­zung zu ein­er der­ar­ti­gen Diskri­m­inierung.
 

Artikel 8

Jed­er hat Anspruch auf einen wirk­samen Rechts­be­helf bei den zuständi­gen inner­staatlichen Gericht­en gegen Hand­lun­gen, durch die seine ihm nach der Ver­fas­sung oder nach dem Gesetz zuste­hen­den Grun­drechte ver­let­zt wer­den.
...
 

Artikel 18

Jed­er hat das Recht auf Gedanken-, Gewis­sens- und Reli­gions­frei­heit; dieses Recht schließt die Frei­heit ein, seine Reli­gion oder seine Weltan­schau­ung zu wech­seln, sowie die Frei­heit, seine Reli­gion oder seine Weltan­schau­ung allein oder in Gemein­schaft mit anderen, öffentlich oder pri­vat durch Lehre, Ausübung, Gottes­di­enst und Kulthand­lun­gen zu beken­nen.

 

Artikel 19

Jed­er hat das Recht auf Mei­n­ungs­frei­heit und freie Mei­n­ungsäußerung; dieses Recht schließt die Frei­heit ein, Mei­n­un­gen unge­hin­dert anzuhän­gen sowie über Medi­en jed­er Art und ohne Rück­sicht auf Gren­zen Infor­ma­tio­nen und Gedankengut zu suchen, zu emp­fan­gen und zu ver­bre­it­en.

Artikel 20

(1) Alle Men­schen haben das Recht, sich friedlich zu ver­sam­meln und zu Vere­ini­gun­gen zusam­men­zuschließen.

...

Artikel 23

(1) Jed­er hat das Recht auf Arbeit, auf freie Beruf­swahl, auf gerechte und befriedi­gende Arbeits­be­din­gun­gen sowie auf Schutz vor Arbeit­slosigkeit.

(2) Jed­er, ohne Unter­schied, hat das Recht auf gle­ichen Lohn für gle­iche Arbeit.

(3) Jed­er, der arbeit­et, hat das Recht auf gerechte und befriedi­gende Ent­loh­nung, die ihm und sein­er Fam­i­lie eine der men­schlichen Würde entsprechende Exis­tenz sichert, gegebe­nen­falls ergänzt durch andere soziale Schutz­maß­nah­men.

(4) Jed­er hat das Recht, zum Schutze sein­er Inter­essen Gew­erkschaften zu bilden und solchen beizutreten.

...
 
Ergänzend:
Artikel 8 des UN-Sozial­pak­tes bet­rifft das Koali­tion­srecht der Arbeit­nehmer und die Rechte der Gew­erkschaften.

Artikel 8
(1) Die Ver­tragsstaat­en verpflicht­en sich, fol­gende Rechte zu gewährleis­ten:

  1. das Recht eines jeden, zur Förderung und zum Schutz sein­er wirtschaftlichen und sozialen Inter­essen Gew­erkschaften zu bilden oder ein­er Gew­erkschaft eigen­er Wahl allein nach Maß­gabe ihrer Vorschriften beizutreten. Die Ausübung dieses Rechts darf nur solchen Ein­schränkun­gen unter­wor­fen wer­den, die geset­zlich vorge­se­hen und in ein­er demokratis­chen Gesellschaft im Inter­esse der nationalen Sicher­heit oder der öffentlichen Ord­nung oder zum Schutz der Rechte und Frei­heit­en ander­er erforder­lich sind;
  2. das Recht der Gew­erkschaften, nationale Vere­ini­gun­gen oder Ver­bände zu grün­den, sowie deren Recht, inter­na­tionale Gew­erkschaft­sor­gan­i­sa­tio­nen zu bilden oder solchen beizutreten;
  3. das Recht der Gew­erkschaften, sich frei zu betäti­gen, wobei nur solche Ein­schränkun­gen zuläs­sig sind, die geset­zlich vorge­se­hen und in ein­er demokratis­chen Gesellschaft im Inter­esse der nationalen Sicher­heit oder der öffentlichen Ord­nung oder zum Schutz der Rechte und Frei­heit­en ander­er erforder­lich sind;
  4. das Streikrecht, soweit es in Übere­in­stim­mung mit der inner­staatlichen Recht­sor­d­nung aus­geübt wird.

(2) Dieser Artikel schließt nicht aus, dass die Ausübung dieser Rechte durch Ange­hörige der Stre­itkräfte, der Polizei oder der öffentlichen Ver­wal­tung rechtlichen Ein­schränkun­gen unter­wor­fen wird.

(3) Keine Bes­tim­mung dieses Artikels ermächtigt die Ver­tragsstaat­en des Übereinkom­mens der Inter­na­tionalen Arbeit­sor­gan­i­sa­tion von 1948 über die Vere­ini­gungs­frei­heit und den Schutz des Vere­ini­gungsrechts, geset­zge­berische Maß­nah­men zu tre­f­fen oder Geset­ze so anzuwen­den, dass die Garantien des oben genan­nten Übereinkom­mens beein­trächtigt wer­den.

 
Absatz 3 ver­weist auf das Übereinkom­men 87 der Inter­na­tionalen Arbeit­sor­gan­i­sa­tion. Da dieses — von der Bun­desre­pub­lik Deutsch­land rat­i­fizierte — Übereinkom­men auch die Rechte der Arbeit­ge­ber und ihrer Ver­bände regelt, wer­den diese Rechte indi­rekt durch den UN-Sozial­pakt mit gewährleis­tet. Im übri­gen würde sich schon aus Artikel 5 Absatz 2 des UN-Sozial­pak­tes ergeben, dass die Rechte und Frei­heit­en der Arbeit­ge­ber und ihrer Ver­bände, soweit sie nach inner­staatlichem Recht anerkan­nt sind, durch den UN-Sozial­pakt unberührt bleiben.

Der UN-Zivil­pakt enthält in Artikel 22 neben der Gewährleis­tung des all­ge­meinen Vere­ini­gungsrecht­es auch eine Gewährleis­tung des Koali­tion­srechts der Arbeit­nehmer. Die dor­tige Fas­sung entspricht weit­ge­hend der in Artikel 8 des UN-Sozial­pak­tes.

Da hat der vatikanische Chefdiplomat also noch viel Überzeugungsarbeit bei den deutschen Bischöfen zu leisten. 

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