Dienstag, 2. Juli 2013

Gehaltsvergleiche - für manche mehr als schwierig

Dass Gehaltsvergleiche nicht immer einfach sind, zeigt schon ein Blick in die eigene Gehaltsarbechnung. Die Entgelte für Überstunden, Bereitschaftsdienste, Rufbereitschaft sowie die Zeitzuschläge für Überstunden, Nachtarbeit, Sonntagsarbeit, Feiertagsarbeit, Arbeit an Vorfesttagen, an Samstagen von 13 bis 21, soweit diese nicht im Rahmen von Wechselschicht- oder Schichtarbeit anfallen, und die Wechselschicht- und Schichtzulage können die Monatsabrechnung in der Summe erheblich verändern. Wie ist das mit Einmalzahlungen, Jahressonderzahlungen - etwa Urlaubs- oder Weihnachtsgeld -, wie ist das mit der Höhe der wöchentlichen Arbeitszeit und unterschiedlichern "Erfahrungsstufen"?

Es gilt, eine Menge an unregelmäßigen oder "unständigen Entgeltbestandteilen" herauszufiltern. Zum anschließenden Vergleich der so "bereinigten Gehälter" hat sich dann eine Fülle von unterschiedlichen Methoden entwickelt.

Das statistische Bundesamt - als Beispiel - erfasst die effektiven Löhne und Gehälter in den laufenden Verdiensterhebungen und in den abwechselnd in vierjährlichen Abständen durchzuführenden Gehalts- und Lohnstruktur- sowie Arbeitskostenerhebungen.
Zu den laufenden Verdiensterhebungen gehören die in vierteljährlichen Abständen für Januar, April, Juli und Oktober durchgeführte Verdiensterhebung und die Bruttojahresverdiensterhebung. In den genannten Lohnstatistiken werden Durchschnittsverdienste berechnet. Um die reine Verdienstentwicklung unabhängig von Veränderungen der Arbeitnehmerstruktur beurteilen zu können, werden für die jeweilige Branche die Bruttoverdienste – und bei den Arbeitern zusätzlich die bezahlten Wochenstunden – auch als Indizes dargestellt.
Quelle: "klick"

Diese Methode ist komplex. Es gibt daher Autoren - wie die der Fachzeitschrift "Wohlfahrt intern" - die einen Jahresstichtag zur Vergleichsberechnung heranziehen. Wie unglücklich diese Methode ist, lässt sich an einem einfachen Beispiel belegen:
Nehmen wir an, der Arbeitgeber X erhöht seine Tabellenwerte jedes Jahr am 01. Dezember, der Arbeitgeber Y dagegen am 1. Januar des Jahres. Bei einer Ausgangsbasis von angenommen 950,- Euro monatlich beim Arbeitgeber X und einer Erhöhung um 100,- Euro wird dann ab 1. Dezember ein Gehalt von 1.050,- Euro zugrunde gelegt.
Der Arbeitgeber Y hat dagegen eine Ausgangsbasis von 1.000,- Euro. Er erhöht aber erst zum 1. Januar des Folgejahres, ebenso um den Betrag von 100,- Euro. So dass im Dezember noch das Gehalt von 1.000,- Euro und dann ab Januar ein Gehalt von 1.100,- Euro gezahlt wird.
Ein Gehaltsvergleich zu einem Stichtag im Dezember wird dann - nach der Methode der "Wohlfahrt intern" - ergeben, dass der Arbeitgeber X mit 1.050,- Euro "besser abschneidet" als der Arbeitgeber Y mit seinen 1.000,- Euro. "X schlägt Y"?
Wenn man dagegen die Jahressumme heranzieht, dann ergibt sich, dass der Arbeitgeber X insgesamt 11 Monate lang einen Betrag von 11 x 950,- Euro entsprechend 10.450,- Euro und dann einmal im Dezember den Betrag von 1.050,- Euro, zusammen also 11.500,- Euro gezahlt hat.
Der Arbeitgeber Y hat dagegen 12 mal im Jahr den Betrag von 1.000,- Euro gelöhnt - also insgesamt 12.000,- Euro. Und schon ab Januar des Folgejahres ist er aufgrund der im Januar erfolgten Erhöhung wieder "vorne drann".

Wir haben die Berechnungsmethode der "Wohlfahrt intern" in unserem Blogbeitrag vom 11. Juni 2013 daher etwas polemisch als "Märchenstunde" bezeichnet. Dazu stehen wir. Und wir meinen nach wie vor, dass eine Gehaltsanpassung, die zum Ausgleich einer früher verspäteten Anpassung vorgezogen wird, im Kontext mit dieser Verspätung gesehen werden muss.

In der neuen Ausgabe der "Wohlfahrt intern" (S. 66 bis 67) nimmt die Zeitschrift diese Kritik auf und stellt sich der Diskussion. Gut so! Aber leider - wie oben angegeben - nicht überzeugend.

Und "Wohlfahrt intern" weist auf der Seite 67 ausdrücklich auf folgendes hin:
... Für unseren Vergleich orientieren wir uns ausschließlich an den Vertragswerken. ... Da nur (ein) Teil von den Beschäftigten einklagbar ist, fließt auch nur dieser Anteil in die Berechnung ein. ...
Das ist löblich. Fraglich ist dann aber, was ein Vergleich mit einem "Beschluss der Bundeskommission der AK Caritas" soll. Dieser Beschluss entfaltet für die Beschäftigten keinerlei Rechtswirkung. Entscheidend ist die Beschlussfassung durch die jeweilige Regionalkommission, der dann noch die Inkraftsetzung (kirchenrechtlich spricht man von "Promulgation") durch den jeweiligen Diözesanbischof folgen muss. Ein formaler Rechtsanspruch entsteht erst mit der Inkraftsetzung im jeweiligen diözesanen Amtsblatt. Was die Bundeskommission beschließt, ist für die Beschäftigten ein "Nullum", ohne jegliche Rechtskraft. Und wie sich die fehlende Beschlussfassung auswirkt, das kann etwa in der Region Ost (die sind jetzt im Vermittlungsverfahren für die Übernahme der ver.di Tarifabschlüsse ab 2012!) - oder auch bei der Umsetzung der Bundesregelung zur Ärztevergütung (siehe unserer gestriger Blogeintrag) leicht nachvollzogen werden. Also "hinkt" der Gehaltsvergleich der "Wohlfahrt intern" auch nach den eigenen Kriterien.

Ein weiterer Kritikpunkt war und bleibt die punktuelle Betrachtungsweise von "Wohlfahrt intern". Eingangs- und Endgehalt spiegeln halt nicht die durchschnittlige Erwerbsbiographie und damit auch nicht die tatsächlichen Lohnkosten. Vor allem, wenn im Tarif A mehr "Erfahrungsstufen", ein (deutlich) höheres Entgehalt (z.B. gegenübe den AVR der Diakonischen Werke) und im Tarif B ein entsprechendes längeres "verweilen" in der niedrigeren Endstufe bestehen. Wenn diese Unterschiede mit berücksichtigt werden sollten, verschieben sich die Bewertungen erneut. Die Caritas in NRW lässt daher durch Herrn Dr. Krimmer eine Erwerbsbiographie von 25 Jahren im Vergleich berechnen.

Wir bleiben daher bei unserer Kritik.


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