Samstag, 18. Februar 2023

80 Jahre Sportpalastrede - und ein Gegenpol aus katholischer Sicht:

Als Sportpalastrede wird die Rede bezeichnet, die der nationalsozialistische deutsche Reichspropagandaminister Joseph Goebbels am 18. Februar 1943 im Berliner Sportpalast hielt und in der er zur Intensivierung des „totalen Krieges“ aufrief. Die knapp 108 Minuten dauernde Rede gilt als ein Paradebeispiel der Rhetorik und der NS-Propaganda.
berichtet Wikipedia
Das heimliche Motto der Rede - Führer befiehl . wir folgen Dir - ist auch die Grundlage der nationalsozialistischen Ideologie der Dienstgemeinschaft.

Eine andere, gegensätzliche Rede - sowohl im Duktus wie in der Intention - war dagegen weit weniger martialisch - wiewohl mit der Tendenz, die "weltlichen Herrschaftsformen" unserer Kirche zutiefst zu erschüttern. Es ging eben nicht um brutal durchgesetzte Machtansprüche, sondern - feinsinnig diplomatisch formuliert - um das absolute Gegenteil, um die Aufgabe von weltlicher Macht. 
In der ANSPRACHE VON PAPST BENEDIKT XVI. im Konzerthaus, Freiburg im Breisgau vom Sonntag, 25. September 2011 hat der "deutsche Papst", der seine "deutsche Kirche" kannte wie kein anderer Papst zuvor, von seiner deutschen Kirche gefordert:
Um ihrem eigentlichen Auftrag zu genügen, muß die Kirche immer wieder die Anstrengung unternehmen, sich von dieser ihrer Verweltlichung zu lösen und wieder offen auf Gott hin zu werden. Sie folgt damit den Worten Jesu: „Sie sind nicht von der Welt, wie auch ich nicht von der Welt bin“ (Joh 17,16), und gerade so gibt er sich der Welt. Die Geschichte kommt der Kirche in gewisser Weise durch die verschiedenen Epochen der Säkularisierung zur Hilfe, die zu ihrer Läuterung und inneren Reform wesentlich beigetragen haben.

Die Säkularisierungen – sei es die Enteignung von Kirchengütern, sei es die Streichung von Privilegien oder ähnliches – bedeuteten nämlich jedesmal eine tiefgreifende Entweltlichung der Kirche, die sich dabei gleichsam ihres weltlichen Reichtums entblößt und wieder ganz ihre weltliche Armut annimmt. Damit teilt sie das Schicksal des Stammes Levi, der nach dem Bericht des Alten Testamentes als einziger Stamm in Israel kein eigenes Erbland besaß, sondern allein Gott selbst, sein Wort und seine Zeichen als seinen Losanteil gezogen hatte. Mit ihm teilte sie in jenen geschichtlichen Momenten den Anspruch einer Armut, die sich zur Welt geöffnet hat, um sich von ihren materiellen Bindungen zu lösen, und so wurde auch ihr missionarisches Handeln wieder glaubhaft.

Die geschichtlichen Beispiele zeigen: Das missionarische Zeugnis der entweltlichten Kirche tritt klarer zutage. Die von materiellen und politischen Lasten und Privilegien befreite Kirche kann sich besser und auf wahrhaft christliche Weise der ganzen Welt zuwenden, wirklich weltoffen sein. Sie kann ihre Berufung zum Dienst der Anbetung Gottes und zum Dienst des Nächsten wieder unbefangener leben. Die missionarische Pflicht, die über der christlichen Anbetung liegt und die ihre Struktur bestimmen sollte, wird deutlicher sichtbar. Sie öffnet sich der Welt, nicht um die Menschen für eine Institution mit eigenen Machtansprüchen zu gewinnen, sondern um sie zu sich selbst zu führen, indem sie zu dem führt, von dem jeder Mensch mit Augustinus sagen kann: Er ist mir innerlicher als ich mir selbst (vgl. Conf. 3, 6, 11). Er, der unendlich über mir ist, ist doch so in mir, daß er meine wahre Innerlichkeit ist. Durch diese Art der Öffnung der Kirche zur Welt wird damit auch vorgezeichnet, in welcher Form sich die Weltoffenheit des einzelnen Christen wirksam und angemessen vollziehen kann.

Es geht hier nicht darum, eine neue Taktik zu finden, um der Kirche wieder Geltung zu verschaffen. Vielmehr gilt es, jede bloße Taktik abzulegen und nach der totalen Redlichkeit zu suchen, die nichts von der Wahrheit unseres Heute ausklammert oder verdrängt, sondern ganz im Heute den Glauben vollzieht, eben dadurch daß sie ihn ganz in der Nüchternheit des Heute lebt, ihn ganz zu sich selbst bringt, indem sie das von ihm abstreift, was nur scheinbar Glaube, in Wahrheit aber Konvention und Gewohnheit ist.
"Es lohnt sich, sie (diese Rede) noch einmal anzusehen" - wie die ZEIT unter Hinweis auf ein You-tube Video meint.
... Ausgedruckt ist sie nicht sehr lang, keine vier Seiten, und die ließen sich noch kürzen auf wenige Sätze, sogar nur auf ein Wort. Doch dieses Wort hat es in sich.
...
Das Wort lautet "Entweltlichung".

Umständlich und rätselhaft klingt dieses Wort. Durch die Präfixkonstruktion schwingt etwas Pedantisch-Bürokratisches, beinahe Lebensabgewandtes mit. Auch deshalb fragten sich im Jahr 2011 nach der Rede viele deutsche Katholiken: Was zum Himmel wollte der Papst uns damit sagen? Tatsächlich ist der Begriff nicht nett gemeint, sondern eingewoben in eine deftige Kritik an einer "selbstgenügsam" und fett wie bequem gewordenen Kirche.
Gemeint waren damit vor allem die deutschen Katholiken. Deren wichtigste Vertreter saßen in Freiburg vor Benedikt im Publikum oder wie im Falle Robert Zollitschs, damals Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, sogar klein mit Hut neben dem damals 84-Jährigen auf der Bühne. Ihnen allen hielt Benedikt sein Ideal einer "entweltlichten" Kirche entgegen. Diese solle sich aufs Wesentliche konzentrieren – Beten und Verkündigen der Frohen Botschaft – und nicht um Kirchensteuern und Politik scheren. "Die von materiellen und politischen Lasten und Privilegien befreite Kirche kann sich besser und auf wahrhaft christliche Weise der ganzen Welt zuwenden, wirklich weltoffen sein. Sie kann ihre Berufung zum Dienst der Anbetung Gottes und zum Dienst des Nächsten wieder unbefangener leben."
(zitiert aus der ZEIT online)

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