Dienstag, 17. April 2018

EuGH zur Kirchlichen Einstellungspraxis: ver.di begrüßt das Urteil des Europäischen Gerichtshofs, das den Kirchen Grenzen setzt

Kirchliche Einstellungspraxis: ver.di begrüßt das Urteil des Europäischen Gerichtshofs
Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) begrüßt das heutige Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zur kirchlichen Einstellungspraxis. Demnach dürfen kirchliche Arbeitgeber bei Einstellungen gemäß nationalem Recht nur dann von Bewerberinnen und Bewerbern die Zugehörigkeit zu einer Konfession verlangen, wenn die auszuübende Tätigkeit direkt mit dem Glauben und der Verkündigung desselben zu tun hat. "Bei verkündigungsfernen Tätigkeiten gilt: Kirchliche Arbeitgeber dürfen bei Einstellungen ausschließlich die Qualifikation und Eignung berücksichtigen. Das ist jetzt auch gerichtlich überprüfbar", sagte Sylvia Bühler, Mitglied im ver.di-Bundesvorstand. "Der Sonderstatus der Kirchen ist ein Relikt vergangener Zeiten. Er hätte längst abgeschafft werden müssen. Insbesondere der Freibrief für Diskriminierungen aufgrund von Religionszugehörigkeit oder Lebenswandel ist völlig antiquiert."Im Konkreten hatte der EuGH über den Fall von Vera Egenberger zu entscheiden. Die Berlinerin hatte sich im Jahr 2012 auf eine befristete Stelle beim Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung beworben. Die Bewerbung blieb erfolglos, weil Egenberger weder der evangelischen noch katholischen Kirche angehörte. Eine solche Zugehörigkeit hatte die Diakonie in der Ausschreibung als Einstellungsvoraussetzung angegeben. Vera Egenberger, vom ver.di-Rechtsschutz juristisch und finanziell unterstützt, zeigt sich mit dem heutigen Urteil "sehr zufrieden": "Das war ein langer Rechtsweg. Dass der EuGH mir Recht gibt, bestätigt mich darin, dass diese Form der Diskriminierung abgestellt werden muss."
ver.di fordert den Gesetzgeber auf, das Urteil zum Anlass zu nehmen, die kirchlichen Privilegien im Arbeitsrecht abzuschaffen. ver.di-Vorstandsmitglied Sylvia Bühler: "Auch in kirchlichen Betrieben und Einrichtungen müssen endlich die allgemein geltenden Rechte von Beschäftigten Anwendung finden, das betrifft etwa den Abschluss von Tarifverträgen und die Geltung des Betriebsverfassungsgesetzes. Rechte, die allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zustehen, dürfen den Kolleginnen und Kollegen in kirchlichen Einrichtungen nicht vorenthalten werden."


[Quelle: Ver.di-PM vom 17. 4. 2018]


Verschiedene Medienberichte zum Thema:
Die Pressemitteilung Nr. 46/18 des EuGH in der Rechtssache
C-414/16 Vera Egenberger / Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e. V.


Stimmen aus dem kirchlichen Bereich:


"EU-Gerichtshof setzt Grenze für kirchliche Arbeitgeber
Nicht bei jeder zu besetzenden Stelle dürfen kirchliche Arbeitgeber von Bewerbern eine bestimme Religionszugehörigkeit fordern. Dies hat der Europäische Gerichtshof in Luxemburg am Dienstag zu einem Fall aus Deutschland entschieden."

Domradio Köln - https://www.domradio.de/themen/kirche-und-politik/2018-04-17/eugh-urteil-zum-kirchlichen-arbeitsrecht
"EuGH-Urteil zum kirchlichen Arbeitsrecht
Konfessionslosigkeit muss möglich sein
Eine konfessionslose Bewerberin scheidet bei der Auswahl für eine Stelle bei einem kirchlichen Träger aus. Wurde sie diskriminiert? Der EuGH fällt ein weitreichendes Grundsatzurteil."
"Reaktionen auf Urteil zu kirchlichem Arbeitsrecht
Kaum Interpretationsspielraum
Nicht bei jeder Stelle von Bewerbern dürfen kirchliche Arbeitgeber eine Religionszugehörigkeit fordern. Das hat der Europäische Gerichtshof entschieden. Von nun an können Bewerber eine gerichtliche Überprüfung verlangen."
"Kirchliches Arbeitsrecht: EuGH stärkt staatliche Gerichte

Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshofs: Künftig müssen staatliche Gerichte im Einzelfall überprüfen, ob die Religionszugehörigkeit bei der kirchlichen Stellenbesetzung ein Kriterium sein darf."


Der Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz, Pater Hans Langendörfer SJ, zum Thema:
https://www.dbk.de/nc/presse/aktuelles/meldung/urteil-des-europaeischen-gerichtshofs-zur-kirchenmitgliedschaft-als-einstellungsvoraussetzung: "...Die katholische Kirche wird die Urteilsgründe intensiv analysieren und prüfen, ob und inwieweit die Einstellungspraxis angepasst und etwaige rechtliche Schritte in Betracht gezogen werden sollten.“

Statement von Hans-Jörg Millies, Finanz- und Personalvorstand des Deutschen Caritasverbandes:
"Der Deutsche Caritasverband begrüßt, dass im heutigen Urteil des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg zum kirchlichen Arbeitsrecht das kirchliche Selbstbestimmungsrecht grundsätzlich bestätigt wird. Caritative Träger haben weiterhin das Recht, festzulegen, ob die Konfessionszugehörigkeit einer Bewerberin oder eines Bewerbers eine berufliche Anforderung für eine bestimmte Stelle darstellt.
Nicht nur christlichen Kirchen sondern allen Religionsgemeinschaften muss es möglich sein, sich nach ihren eigenen Werten zu organisieren, im Rahmen der allgemeinen Gesetze. Dazu gehört auch, entscheiden zu können, welche beruflichen Tätigkeiten religionsbezogene Anforderungen stellen.
Der Deutsche Caritasverband wird prüfen, welche Folgerungen sich aus der EuGH-Entscheidung für die Einstellungspraxis in den Einrichtungen und Diensten der Caritas ergeben.
Unabhängig von der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs werden Einrichtungen und Dienste der Caritas weiterhin ihre Identität als kirchliche Einrichtung gestalten. Entscheidend für den Deutschen Caritasverband ist, dass der kirchliche Charakter und die christlichen Werte der Einrichtungen und Dienste erkennbar bleiben."

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