Donnerstag, 19. Februar 2015

Nochmal "de iustitia in mundo" - und "tarifpolitische Leitlinien der Caritas"

um an den gestrigen Beitrag anzuküpfen:
Wenn die Kirche Zeugnis von der Gerechtigkeit ablegen soll, dann weiß sie sehr wohl, daß der, der öffentlich von der Ge­rechtigkeit zu sprechen wagt, zunächst selbst in den Augen der anderen gerecht sein muß. Wir müssen deshalb unser Tun, unseren Besitz und unser Leben in der Kirche überprüfen.

Man soll auch die Rechte in der Kirche achten, der man auf verschiedene Weise verbunden sein kann. Niemandem dürfen auf Grund dieser verschiedenen Zugehörigkeit die allgemein zustehenden Rechte entzogen werden. Wer der Kirche mit sei­ner Arbeit dient – Priester und Ordensleute eingeschlossen -, muß auch den für seinen Lebensunterhalt notwendigen Entgelt und die Sozialleistungen erhalten, die in dem betreffenden Land üblich sind. Die Laien sollen gerecht entlohnt werden und Aufstiegsmöglichkeiten haben. ....
Quelle: de iustitia in mundo,
III. DIE VERWIRKLICHUNG DER GERECHTIGKEIT
Das Zeugnis der Kirche

Zu den "allgemein zustehenden Rechten" gehört auch nach der Meinung der katholischen Sozialehre das uneingeschränkte Koalitionsrecht - der das Recht zum "Arbeitskampf als ultima Ratio" einschließt. Und die katholische Soziallehre meint auch, zu diesen Rechten gehöre der familiengerechte Lebenslohn - also ein Lohn, der ausreicht, einen angemessenen Lebensstandard für den Arbeitnehmer und seine Familie zu gewährleisten.
... Die gerechte Entlohnung für die Arbeit eines Erwachsenen, der Verantwortung für eine Familie trägt, muß dafür ausreichen, eine Familie zu gründen, angemessen zu unterhalten und für die Zukunft zu sichern. ...
Papst Johannes Paul II (Laborem exercens IV. DIE RECHTE DES ARBEITENDEN MENSCHEN

Wie die deutsche Caritas hat in ihren "Tarifpolitischen Leitlinien" diese Vorgabe aufgenommen hat, liest sich dann wie folgt:
...
6. Lohnfindung im unteren Entlohnungsbereich

Erwerbsarbeit dient der Existenzsicherung. Auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Einrichtungen und Diensten der Caritas, die einfache Arbeiten ausführen, sollen durch eine Vollzeittätigkeit ein Nettoeinkommen für sie selbst oberhalb oder in Höhe des soziokulturellen Existenzminimums erhalten. Soweit sie Verantwortung für ihre Familie tragen, werden Menschen mit geringen beruflichen Qualifikationen zur Deckung des soziokulturellen Existenzminimums auch in Zukunft auf ergänzende Transferleistungen angewiesen sein. Aus einem Nettoeinkommen auf Höhe des soziokulturellen Existenzminimums für einen Alleinverdiener ergibt sich eine Lohnuntergrenze, die für reguläre Arbeit im Bereich der verbandlichen Caritas nicht unterschritten werden darf. Die Caritas setzt sich politisch dafür ein, das Existenzminimum der Kinder von Geringverdienern durch staatliche Transfers zu sichern.

Auch bei den Tätigkeiten im unteren Entlohnungsbereich orientiert sich die verbandliche Caritas an geltenden Tarifen in vergleichbaren Arbeitsfeldern des Marktes sozialer Dienstleistungen, da dadurch die besten Voraussetzungen für einen fairen Interessensausgleich gegeben sind. Gegebenenfalls ist durch die Arbeitsrechtlichen Kommission eine Anpassung an die regionalen Wettbewerbsverhältnisse vorzunehmen. Diese Referenztarife ermöglichen bei Vollzeittätigkeit für eine alleinstehende Person in der Regel ein Einkommen oberhalb oder in Höhe des soziokulturellen Existenzminimums für einen Alleinverdiener. Sollte in den vergleichbaren Arbeitsfeldern des relevanten Marktsegments sozialer Dienste keine ausreichende Tarifbindung gegeben sein, so sind die Arbeitsrechtlichen Kommission und die Träger aufgefordert, alle bestehenden Spielräume für eine Entlohnung zu nutzen, um geltenden Tarifen in vergleichbaren Arbeitsfeldern möglichst nahe zu kommen, ohne die Arbeit der Dienste und Einrichtungen sowie die Arbeitsplätze für Menschen mit geringen beruflichen Qualifikationen zu gefährden. Die Situation der Entlohnung im unteren Entlohnungsbereich werden der Vorstand des DCV und die Arbeitsrechtlichen Kommission sorgfältig beobachten und im Falle einer Erosion der Tarifbindung bei den Mitbewerbern der Caritas ggf. unter Einschaltung von Caritasrat und Delegiertenversammlung auch unter sozialpolitischen Kriterien bewerten.
...
Die Erosion bei der Tarifbindung stellt ver.di schon seit Jahren fest, und versucht mit (inzwischen tausenden) Haustarifverträgen (wo es möglich ist) Boden zu gewinnen. Aber ohne Caritas oder / und Diakonie ist das ein schwieriges Unterfangen.
Und ver.di bietet den kirchlichen Wohlfahrtsverbänden auch gemeinsame Aktivitäten an, um diese Erosion zu beenden und gleichzeitig eine angemessene Refinanzierung zu sichern. Auch das läge im Interesse der Caritas.
Wie haben Caritasrat und Delegiertenversammlung nun die sich verschärfende Situation bewertet - und bleibt es bei einer Bewertung, oder können auch die nötigen Konsequenzen gezogen werden?

2 Kommentare:

  1. Ich zitiere Peter Neher in "neue Caritas", Heft 3 (09.02.2015) S. 10 ff: "... dass die Lohnfindung über den Dritten Weg zum Nachteil für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer führt, lastet schwer auf uns."

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  2. Lieber Anonym,
    bitte nicht aus dem Zusammenhang gerissen zitieren. Das dient nicht der Sache und wirft eher ein schlechtes Licht auf uns.
    Der ganze Satz lautet: "Auch wenn sich die Entlohnung im Bereich der Caritas im Vergleich mit anderen Sozialunternehmen sehen lassen kann - das Image, dass die Lohnfindung über den Dritten Weg zum Nachteil für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer führt, lastet schwer auf uns".

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