Donnerstag, 6. Oktober 2022

Pflegekräfte am Limit »Mehr als ein bisschen Patienten waschen«

berichtet heute SPIEGEL online und führt u.a. aus:
Überarbeitung, Überstunden, schlechte Bezahlung – die Situation für Pflegekräfte hat sich in Deutschland in den vergangenen Jahren trotz Reformen kaum verbessert. Wenn sich heute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Heimen und Krankenhäusern zum Deutschen Pflegetag treffen, werden sie sich wieder einmal über die aktuelle Lage in Krankenhäusern und Heimen austauschen. Und die ist nicht gut.
Der Fachkräftemangel ist dramatisch: Auf 100 offene Stellen in der Pflege kommen lediglich 31 Arbeitslose aus diesem Bereich. Von den etwa 1,7 Millionen beruflich Pflegenden geht etwa eine halbe Million nach Hochrechnung des Deutschen Pflegerates in den nächsten zwölf Jahren in Rente. Bis 2030 werden laut einer Hochrechnung des deutschen Krankenhausinstituts mindestens 187.000 zusätzliche Pflegekräfte in Vollzeit benötigt. Keiner weiß, woher die eigentlich kommen sollen. Noch viel schlimmer: Kaum jemanden scheint das gerade zu interessieren.
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...Der sogenannte Care Klima-Index befragt jährlich etwa tausend Menschen, darunter pflegende Angehörige, Pflegekräfte in Krankenhäusern und Heimen, Ärzteschaft, Kommunen und Verbände. Das aktuelle Ergebnis: eine Stimmung »unter dem Gefrierpunkt«.
  • Die Pandemie hat demnach nicht dazu beigetragen, dass der politische Stellenwert der Pflege zugenommen hat. 80 Prozent der Befragten bezeichnen den politischen Stellenwert der Pflege im Vergleich zu anderen Themen als niedriger – seit Beginn der Befragung ist das ein Negativrekord.
  • 51 Prozent der Befragten glauben nicht daran, dass die pflegerische Versorgung in den kommenden zehn Jahren sichergestellt werden kann – der negativste Wert seit fünf Jahren aus Sicht aller Befragten.
  • 55 Prozent der professionellen Pflegekräfte bezeichnen ihre Arbeitsbedingungen als »schlecht«.
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Der Pflegerat hatte in den vergangenen Jahren mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft und der Gewerkschaft Ver.di an dem Entwurf gearbeitet, zu großen Teilen ehrenamtlich. .... Die Expertinnen und Experten schlugen ein Konzept vor, das seinen Weg schließlich in den Koalitionsvertrag fand: Es war die überarbeitete »Pflegepersonalregelung« kurz PPR 2.0. Als Übergangslösung sollte im Krankenhaus ein Prinzip der Personalbemessung eingeführt werden, das den Pflegebedarf der Patienten bestimmt und dadurch die Anzahl der Pflegekräfte. Für viele war es eine kleine Revolution.

Pflege nach Kassenlage
Doch in dem von Lauterbach eingebrachten Gesetzentwurf ist die Revolution in viele Klammern gesetzt worden. Im Krankenhauspflegeentlastungsgesetz, das Lauterbachs Haus vorgelegt hat, heißt es inzwischen nur noch, dass das Ministerium Vorgaben zu der Anzahl einzusetzender Pflegekräfte machen kann – allerdings »im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen«.
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Der verfassungsrechtlich geschützte Anspruch auf Gesundheitsfürsorge an den Sozialstaat wird also der Kassenlage untergeordnet. Klarer kann man das Desaster nicht beschreiben.

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