Pflegekräfte entlastenwas auf den ersten Blick wie eine Initiative zur Entlastung der Beschäftigten aussieht, wirkt auf den zweiten Blick etwas irritierend. Wenn es um die Beschäftigten geht - wieso holt der kkvd nicht auch die Arbeitnehmervertretung, sprich, die Gewerkschaft *), mit in's Boot? Denn ein gemeinsames Konzept von Arbeitgebern und Arbeitnehmern (die »Pflegepersonalregelung« kurz PPR 2.0) liegt doch schon längst auf dem Tisch.
Der Katholische Krankenhausverband Deutschlands (kkvd) hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach aufgefordert, einen Pflegegipfel einzuberufen. Das soll gemeinsam mit dem Bundesarbeits- und Bundesfamilienministerium geschehen.
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Wieso sollen dann nur ein Arbeitgeberverband und die Ministerien zusammen sitzen? Geht es wirklich um die Beschäftigten?
Um was es dem kkvd tatsächlich geht, wird aus der Zielrichtung der Forderung deutlich:
Damit die digitale Infrastruktur in den Krankenhäusern entsprechend ausgebaut werden könne, sei eine verlässliche Investitionsförderung der Länder nötig. Der Bund solle mit Sonderprogrammen wie zuletzt durch den Krankenhauszukunftsfonds unterstützen.(domradio und katholisch.de)
Die "digitale Infrastruktur" katholischer Krankenhäuser soll also gefördert werden - und das vor dem Hintergrund eines europa- und verfassungsrechtlich fragwürdigen eigenen Datenschutzrechts der katholischen Kirche (wir berichteten).
Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die hehren Worte von der Entlastung des Pflegepersonals nur schmückendes Beiwerk der Forderung sind. Denn die Entlastung des Pflegepersonals würde auch durch einen besseren Personalschlüssel, also mehr Pflegestellen erreicht. Und mehr Personal gewinnt man dann auch, wenn u.a. die Vergütung den gestiegenen Anforderungen entsprechend angepasst, also (deutlich) erhöht wird. Klatschen ist halt nicht genug. Man merkt die Absicht und ist verstimmt. Letztendlich also: der kkvd ist halt auch nur ein Zusammenschluss der Arbeitgeber:
Der kkvd vertritt nach eigenen Angaben als Fachverband bundesweit 283 Krankenhäuser sowie 54 Reha-Standorte mit insgesamt rund 207.000 Mitarbeitenden. Jährlich würden 3,5 Millionen Patientinnen und Patienten stationär versorgt. Mit Umsätzen von 17 Milliarden Euro pro Jahr sind die katholischen Krankenhäuser zudem ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.(domradio und katholisch.de).
Denn damit geht es um Effizienz, Erhöhung von Einnahmen und Kostenreduzierung. In der betriebswirtschaftlichen Denkweise sind die Personalkosten, besser: ist das Pflegepersonal der größte Kostenfaktor im Betrieb von Krankenhäusern. Im Gegensatz zu den Ärzten, die wenigstens noch gewinnversprechende Operationen in das Haus locken können. Die frisch operierten werden dann so schnell wie möglich ("blutig") entlassen. Denn mit der abgeschlossenen OP fallen nur noch Pflegekosten an.
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"Gewerkschaften, die sich für die wirtschaftlichen Ansprüche der Arbeitnehmer einsetzen, führen keinen Kampf gegen andere, sondern nehmen teil am Kampf für die soziale Gerechtigkeit (LE 20 [=Laborem exercens]) Insofern sind sie ebenso wie die Arbeitgeberverbände ein positiver Faktor der sozialen Befriedung und der Solidarität."
(Katholischer Erwachsenenkatechismus, Zweiter Band, Leben aus dem Glauben, hrsgg. von der Deutschen Bischofskonferenz, Freiburg 1995, S. 413)
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