Die Infektionsgeschwindigkeit der Corona-Pandemie in Deutschland hat abgenommen und in den nächsten Wochen soll in kleinen Schritten daran gearbeitet werden, mehr Freizügigkeit zu ermöglichen, unterbrochene Wertschöpfungsketten wiederherzustellen und geschlossene Dienstleistungsangebote wieder zu eröffnen. Damit dies gelingt müssen Infektionsschutz und Hygienemaßnahmen überall und ganz besonders in Arbeitsbereichen mit Kontakten im Mittelpunkt stehen. Hierzu hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) verbindliche Arbeitsschutzstandards Sars-Cov-2 erlassen, deren Umsetzung zum Schutz der Beschäftigten unerlässlich sind.
„Alle Arbeitgeber aller Branchen sind gefordert, unter Beteiligung der Betriebs- und Personalräte, für alle Arbeitsplätze Gefährdungsbeurteilungen konsequent durchzuführen. Neben den „klassischen“ Gefährdungen am Arbeitsplatz und den psychischen Belastungen müssen auch systematisch infektiologische Aspekte (Corona-Virus) in die Gefährdungsbeurteilungen aufgenommen werden. Daran müssen alle folgenden Maßnahmen gemessen werden“, betont Frank Werneke, Vorsitzender der Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di). „Wir fordern ‚Vorfahrt für den Arbeitsschutz der Beschäftigten‘ und eine deutliche, dauerhafte Stärkung der personellen Ressourcen der Arbeitsschutzbehörden.“
Obwohl die Arbeitgeber bisher schon gesetzlich verpflichtet waren, Gefährdungsbeurteilungen für alle Arbeitsplätze zu erstellen, ist dies jedoch noch nicht die Regel. Gerade in dieser besonderen Situation ist das nicht länger hinnehmbar. Bei einer Betriebsbefragung im Rahmen der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) im Jahr 2015 wurde festgestellt, dass nur in 53,9 Prozent in Betrieben aller Wirtschaftszweige tatsächlich Gefährdungsbeurteilungen durchgeführt wurden. Die Unterschiede nach Wirtschaftszweigen waren dabei sehr heterogen. Je nach Branche lag der Anteil der durchgeführten Gefährdungsbeurteilungen im Bereich von Verkehr und Lagerei bei 69,6 Prozent, Erziehung und Unterricht bei 63,6 Prozent, Gesundheits- und Sozialwesen bei 60,5 Prozent, den Kommunikations-, Finanz- und sonstigen Dienstleistungen bei 38 Prozent und Dienstleistungen, die für Unternehmen erbracht werden, bei 40 Prozent.
Die Gewerbeaufsichtsämter der Länder, die als staatliche Behörden für die Arbeitsschutzkontrolle und -aufsicht verantwortlich sind, müssen, so ver.di, deutlich gestärkt und personell ausgebaut werden. In der Zeit von 2007 bis 2017 haben die fachlichen Aufgaben deutlich zugenommen und die Anzahl der Betriebsstätten ist in diesem Zeitraum um 14,4 Prozent gestiegen. In gleichem Zeitraum sank jedoch bundesweit die Anzahl der Gewerbeärzte von 158 im Jahr 2007 auf 68 im Jahr 2017. Zwar erfolgte in anderen Teilbereichen ein Personalaufbau, dieser reicht jedoch nicht aus. Am deutlichsten wird dies durch einen Blick auf die Intervalle von Arbeitsschutzkontrollen im Betrieb. So stieg bundesweit der durchschnittliche Turnus von Arbeitsschutzkontrollen in Betriebsstätten von 10,5 Jahren im Jahr 2007 auf 22,5 Jahre im Jahr 2017.
[Quelle: Ver.di-PM 20.4.2020]
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