Montag, 20. April 2020

Saarland: CTT treibt unverantwortlich Schindluder unter dem Mantel des kirchlichen Sonderrechts

Wir erinnern uns vielleicht noch - das besondere kirchliche Arbeitsrecht wird gerne damit begründet, dass die Kirchen besonders sozial seien und der Auftrag Gottes zu caritativen Diensten erfüllt werden müsse. Auf dieser ideologischen Gründen reiten auch die kirchlichen Krankenhauskonzerne wie die CTT.
Das kirchliche Mitarbeitervertretungsrecht ("Mitarbeitervertretungsgesetz" oder "MAVO" bei der katholischen Kirche) enthält denn auch deutlich weniger Mitspracherechte als das für private Krankenhäuser geltende Betriebsverfassungsgesetz - oder sogar als die Mitbestimmungsrechte in der Personalvertretungsgesetzen der öffentlichen Hand. "Brauchts auch nicht" meinen die Apologeten der kirchlichen Sonderrechte, mit denen die Kirchen zum "Staat im Staat" werden. Denn die Kirche sei "per se sozial", zu den Patienten und erst recht den eigenen MitarbeitererInnen.
Da passt es dann irgendwie gar nicht in's Bild, wenn die Medien berichten:
Zukunft des Caritas-Krankenhauses in Lebach ungewiss
Quelle: Saarbrücker Zeitung
Datum der Schließung der Klinik Lebach weiter unbekannt
Quelle: Süddeutsche Zeitung
Das saarländische Gesundheitsministerium drängt nach der angekündigten Schließung des Lebacher Krankenhauses weiter auf eine Entscheidung zur Zukunft des Standortes. Bislang habe die Cusanus Trägergesellschaft Trier (CTT) sich nicht zum Fortbetrieb des Krankenhauses geäußert.

Anfang April hatte die Gesundheitsministerin die CTT aufgefordert bis zum 17. April Klarheit zu schaffen und eine Entscheidung zum Fortbetrieb des Klinikums Lebach vorzulegen. Dieser Aufforderung ist die CTT nach Angaben des Gesundheitsministeriums bislang jedoch nicht nachgekommen. …

Das Krankenhaus zählt rund 500 Mitarbeiter. In den vergangenen Jahren arbeitete es defizitär. Mit 32 Millionen hat das Krankenhaus nach Angaben des Ministeriums den höchsten Sanierungsstau aller Krankenhäuser.
Quelle: Saarländischer Rundfunk

Da muss man sich schon fragen: arbeitet die CTT wirklich "caritativ", also uneigennützig - oder rein betriebswirtschaftlich auf Gewinn fixiert und hat hier ein unfähiges Management eine Einrichtung solange ausgesaugt und ausgelutscht, bis nichts mehr zu holen ist und investiert werden müsste?

Der ver.di-Pflegebeauftragte Michael Quetting hat in einem Facebook-Beitrag die folgende Punkte aufgeworfen:
Dazu stelle ich dreierlei fest.
1.
Das Verhalten der CTT, die sich jahrelang auf Kosten der Beschäftigten saniert haben, ist unerträglich und gegenüber der Landesregierung unzivilisiert. Die Rolle der Marienhausgruppe in der Hildegard-Stiftung in diesem Schmierentheater auf Kosten der Bevölkerung und der Beschäftigten ist unklar.
2.
Die Landesregierung sollte nicht länger zusehen. Als Regierung hat sie zu handeln. Eine Lehre der aktuellen Corona-Pandemie ist das Aufwachen aus der blauäugigen Hoffnung, der Markt würde es richten. Die Lebacher Klinik ist unverzüglich in Landeseigentum bzw. in eine Genossenschaft der Beschäftigten zu überführen. Das ist durch Kauf in Höhe von einem Euro lösbar.
3.
Das Bistum und ihr Bischof Ackermann sollte endlich aufhören, als habe er mit der Sache nichts zu tun. Nach § 7 der Stiftungsordnung für das Bistum Trier sei die Schließung einer Einrichtung ein genehmigungsbedürftiges Rechtsgeschäft.

zu 2.
Lasst uns einen einfachen Blick in die so arg strapazierte Verfassungswirklichkeit werfen:
das kirchliche Recht zur Selbstordnung und Selbstverwaltung besteht
- nur für die "eigenen Angelegenheiten"
- und nur innerhalb der "Schranken der für alle geltenden Gesetze".

Seit wann, so fragen wir uns (auch im Zeichen von Corona), ist die Gesundheitsvorsorge, Heilung und Pflege (noch dazu von Patient*Innen, die der Kirche gar nicht angehören) eine originäre, ureigene Angelegenheit der Kirche, die nur die Kirche etwas angeht?
Das wird zwar von den Interessenvertretern gerne behauptet, aber wie das so vor Gericht und bei Juristen ist: zwei Juristen haben mindestens drei verschiedene Meinungen.
Nochmal und wiederholt: der Staat regelt mit den Schranken der für alle geltenden Gesetze, welchen Ordnungsrahmen die Kirchen selbst ausfüllen können. Da ist in der Vergangenheit sehr weitgehend den Kirchen selbst überlassen worden, den eigenen Wirkungskreis zu bestimmen. Das muss aber nicht weiter so sein. Es gibt keinen verfassungsrechtlichen Zwang, die Geltung von Betriebsverfassungsgesetz oder Personalvertretungsgesetzen (z.B. der Länder) nicht auch auf die Kirchen auszudehnen. Denn bei gleicher Verfassungslage hat das "Betriebsrätegesetz" der Weimarer Republik selbstverständlich auch für die Kirchen gegolten. Was damals - bei nur wenigen Laienmitarbeitern - üblich war, muss heute, wo die Laienmitarbeiter*Innen das Gros der Beschäftigten gelten, erst recht gelten.

Denn der Staat darf seine Bürger nicht der Willkür von Konzernherren ausliefern - auch wenn es sich um Konzerne im kirchlichen Eigentum handelt.
In dem Zusammenhang: Durch Art. 123 GG i.V. mit Art. 1 RKonk ist eindeutig geregelt, dass die Katholische Kirche nur eine Regelungsbefugnis gegenüber den eigenen Mitgliedern hat. Wie anmaßend ist es, für nichtkatholische Mitarbeiter*Innen und Patient*Innen eigene Regelungen zu normieren, die ganz selbstverständlich auch für diese Nichtkatholiken gelten sollen?

Ein weiterer Punkt: die CTT ist ein Unternehmen einer kirchlichen Stiftung. Die CTT arbeitet nicht uneigennützig sondern nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen. Wieso soll ein Wirtschaftsbetrieb eines kirchlichen Eigentümers "caritativ", also uneigennützig, tätig sein? Dass dem nicht so ist beweist die CTT (Blogbeiträge siehe unten) fast tagtäglich. Der kirchliche Eigentümer befreit nicht von der Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes - oder unterliegt der Audi-Konzern nicht mehr diesem Gesetz, wenn das Bistum Eichstätt eine Aktienmehrheit erwirbt?


zu 3.
Kichenrechtlich handelt es sich bei der CTT um eine juristische Person (c. 1303 § 1, 1° i.V. c. 114 CIC), die der Sendung der Kirche verpflichtet ist (c. 114 § 2 CIC). Das wird zumindest von der CTT als Unternehmen der "Hildegard Stiftung" und von der Mutterstiftung selbst so behauptet.
Solche juristische Personen unterstehen der Überwachung und Kontrolle durch den jeweiligen Ordinarius (cc. 1276, 1288, 1299 ff CIC, insbesondere auch cc. 1301 und 1302 CIC).
Zuständiger Ordinarius ist der Orts- oder Diözesanbischof (c. 134 CIC), Generalvikar oder Bischofsvikar, in dessen Amtsbereich die jeweilige Einrichtung ihren Sitz hat. Das ist Bischof Ackermann vom Bistum Trier.
Wenn der Ordinarius einerseits eine wirksame Mitbestimmung durch die Beschäftigten kirchengesetzlich verhindert (indem die MAVO keine solchen Regelungen in ausreichendem Umfang enthält), andererseits aber seiner Aufsichts-, Kontroll- und Überwachungspflicht nicht nachkommt, macht er sich Regresspflichtig - und dieser Schadensersatz ist primär sowohl aus dem bischöflichen Sondervermögen ("Bischöflicher Stuhl") wie auch aus dem persönlichen Vermögen desjenigen zu leisten, der der Schaden (hier durch Unterlassen) verursacht hat.


Hinweis
Weitere Beiträge im Blog zur CTT
insbesondere auch zur Schießung der Klinik Lebach

1 Kommentar:

  1. ������ der Michael Quetting leistet eine tolle Arbeit und ist richtig tief in das Kirchenrecht eingestiegen. Wenn die systemrelevante Zeit vorbei ist, bekommt Ottweiler und Lebach vom Bischof den finalen Segen.
    Die Bachmann wird nur veräppelt, das Thema müsste längstens Chefsache sein, lieber Herr CDU Ministerpräsident. Wegschauen, vertrösten und versprechen - Danke fürs Nichtstun.

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