Donnerstag, 13. Dezember 2018

Gewinne statt Gemeinwohl

unter diesem Titel berichtete die Tagesschau gestern über den "Profit mit der Pflege". Als Leitgedanke wurde dem Bericht die folgende Aussage vorangestellt:
Jahrhundertelang war die Pflege Sache der Familie, der Kirchen, der Wohlfahrtsverbände. Inzwischen drängen internationale Kapitalanleger in den Markt. Auf Kosten der Pflegebedürftigen?

Tatsächlich hat schon vor Jahren eine Umorientierung der staatlichen Refinanzierung stattgefunden. Denn zu den beiden traditionellen Anbietern sozialer Dienste - den freigemeinnützigen Wohlfahrtsverbänden wie Caritas, Diakonie oder Rotes Kreuz einerseits und dem "Sozialstaat" andererseits - sind auch private, auf Gewinnerzielung orientierte Anbieter gestoßen.
Während die frühere (aus dem verfassungsrechtlichen Subsidiaritätsgrundsatz entwickelte) Förderung das Ziel hatte, den freigemeinnützigen Trägern den Standard zu ermöglichen, den der Staat bei seinen eigenen Einrichtungen zugrunde gelegt hat, gilt nun das Motto "der heilige Markt wird's schon richten". Der Staat kauft die Sozialleistungen, zu denen er verpflichtet ist, beim "billigsten Bieter" ein. Große private Konzerne, die Apparatemedizin voll auslasten können, sind da im Vorteil. Und auch nicht tarifgebundene Einrichtungen, die mit Dumpinglöhnen einerseits und Arbeitsverdichtung andererseits die "anteiligen Lohnkosten pro Patient" drücken können.
Diese Anbieter verdrängen die kleinen Häuser, die sich zunehmend auch im ländlichen Bereich zurück ziehen - die flächendeckende Grundversorgung und auch die schnelle Hilfe etwa bei Schlaganfallpatienten wird immer mehr in Frage gestellt.
Und was für Krankenhäuser schon länger gilt, das gilt für Altenheime und zunehmend auch Behinderteneinrichtungen oder Kindertagesstätten (McKiTA) erst recht und zunehmend. "Der Anbieter xyz kann das günstiger - mehr als … finanzieren wir nicht!" *) Damit werden auch tariftreue Einrichtungen "unter Druck gesetzt".

Vor diesem Hintergrund der "Schmutzkonkurrenz" insbesondere von privaten, an der Gewinnerzielung orientierten Anbietern, ist die schon vor Jahren erfolgte Feststellung aus der Diakonie (der Dritte Weg sei ein Konkurrenzvorteil beim Kampf um Marktanteile) mehr als bedenklich. Denn er zeigt: hier wird das kirchliche Arbeitsrecht aus rein kommerziellen Gründen missbraucht. Es geht eben nicht um kirchenspezifische Besonderheiten, um die Frage, wie das Ethos einer Kirche (auf Grundlage des "Barmherzigen Samariters") oder eines anderen ideellen Wohlfahrtsverbandes in den eigenen Einrichtungen sichtbar wird. Es geht den betreffenden Arbeitgebern um eine rein betriebswirtschaftliche, am Markt orientierte Betrachtungsweise. Es geht um Marktanteile und Kostenvorteile - zu Lasten der Beschäftigten und der Betreuten, der Alten, der Behinderten, der Kinder und der Kranken.
Denn auch das ist klar: je weniger Personal sich um diese Personen kümmert, desto schlechter ist die individuelle, persönliche Betreuung. Der Zusammenhang etwa bei der Sterberate in Abhängigkeit von der Anzahl der Pflegenden ist längst wissenschaftlich bewiesen.

Vor diesem Hintergrund gilt es, einen Qualitätswettbewerb und eben keinen Preiswettbewerb unter den Einrichtungen zu fordern. Dafür brauchen wir eine einheitliche tarifliche Grundlage für eine auskömmliche Refinanzierung, und keinen Kostenwettbewerb der unterschiedlichen Wege.
Und es muss gewährleistet werden, dass die Refinanzierung der Dienstleistung auch beim Personal ankommt und nicht zweckentfremdet wird.

Krankenhausleistungen sind Daseinsvorsorge mit existentieller Bedeutung für die Menschen. Das Gesundheitswesen darf nicht dem Finanzmarkt überlassen werden. Wir gehen sogar weiter: Alle sozialen Dienste wie Alten- und Kinderbetreuung dürfen nicht Spielball kommerzieller Interessen sein.

Und deshalb Kooperation mit ver.di - für allgemeinverbindliche Regelungen. Was sonst?



*)
vgl. z.B. Finanzierung nach Fallpauschalen, DRGs - Diagnosis Related Groups

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