Samstag, 11. Dezember 2021

Die Liebeskirche straft wieder: Neues kirchliches Strafrecht in Kraft

berichtet katholisch.de und zitiert unter vielen anderen den Tübinger Kanonisten Bernhard Sven Anuth:
"Ein scharfes Schwert war und ist das kirchliche Strafrecht nur für diejenigen, die in einem existenziellen Abhängigkeitsverhältnis von der Kirche stehen, also Kleriker oder andere kirchlich Beschäftigte – und für die, die sich von geistlichen Strafen innerlich treffen lassen wollen",
Eine erste Kommentierung wird hier angesprochen.

Wir sind gespannt, wie sich das auf die beinahe tägliche Amtsanmaßung mancher Führungskräfte auswirkt.
Amtsanmaßung? Ja. So ist beispielsweise in § 14 Abs. 1 MAVO zu den in Bayern geforderten zwingend "katholischen Vorsitzenden" geregelt:
In begründeten Fällen kann der Ordinarius ... der Wahl einer nichtkatholischen Mitarbeiterin oder eines nichtkatholischen Mitarbeiters zustimmen.
Ordinarius - das ist der Diözesanbischof, sein Generalvikar oder die Bischofsvikare (can. 134 § 1 CIC). Praxis ist in einigen Bistümern aber, dass diese Entscheidung nicht vom Ordinarius sondern von einem untergeordneten weltlichen Mitarbeiter, einem Juristen oder Personalreferenten getroffen wird. Ist das jetzt eine Amtsanmaßung i.S. des Can. 1381 § 1 CIC?
Wir müssen das mit der Amtsanmaßung also wohl zurück nehmen. Rein formal ist diese Verweigerung nicht einmal zu beanstanden - denn die MAVO sagt nur, dass die Ausnahme vom Ordinarius genehmigt werden muss. Die Entscheidung, dass keine Ausnahme vorliegt, kann so gesehen also auch irgendeine subalterne Hilfskraft treffen. Ein Bischof ist demnach also nur noch der "Urkundsbeamte", der "Unterschriftenonkel" dieser Hilfskraft.
Na ja, wenn der Bischof das so will ...

In dem Zusammenhang möchten wir aber auch gleich die gesamte Regelung hinterfragen.
Can. 149 § 1 CIC verlangt, dass nur jemand, der "in der Gemeinschaft der Kirche steht", zu einem Kirchenamt berufen werden kann. Die Übertragung eines Kirchenamtes ist also - in leichter Sprache formuliert - nur an Katholiken zulässig. Aber - ist das Amt einer oder eines MAV-Vorsitzenden in "Kirchenamt"? Das Kirchenamt ist in Can. 145 CIC definiert. Es ist "auf Dauer eingerichtet und dient der Wahrnehmung eines geistlichen Zweckes". So, ehrlich gesagt, haben wir die Aufgabe des Sprechers einer Personalvertretung noch nie verstanden - auch nicht die von Sprechern einer katholischen Mitarbeitervertretung.
Die MAVO-Regelung ist ein typisches Beispiel dafür, wie durch eine "theologische Überhöhung" das kirchliche Arbeitsrecht von der deutschen Kirche in die Nähe eines priesterlichen Dienstes gerückt wird. Kirchliche MitarbeiterInnen müssen schon an sich ein heiligmäßiges Leben führen (Artikel 4 der Grundordnung), und die Sprecher der Mitarbeitervertretung müssen zumindest über die Grundlagen für die "niederen Weihen" verfügen. So kann man zumindest die geltenden Bestimmungen verstehen.

Anmerkung:
Wir haben im vorgenannten Beitrag noch die alte "grüne", seit Jahren geltende Ausgabe des CIC zitiert bzw. auf deren Normen verwiesen. Die neue, seit 8. Dezember geltende Regelung (senfgelb) liegt uns nicht vor. Es wäre durchaus möglich, wenn auch relativ unwahrscheinlich, dass in der Neufassung auch alle MitarbeiterInnen der Diözesankurie, deren Name mit einem bestimmten Buchstaben des Alphabetes beginnt - einem "S" z.B. - als "Ordinarius" bezeichnet werden.

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