Freitag, 13. Dezember 2013

Kommerzialisierung der Daseinsvorsorge?

Gestern Abend war ich auf der Vorstandssitzung des ver.di Bezirks München. Einer der Diskussionspunkte waren die anstehenden Kommunalwahlen und die für ver.di bestehenden kommunalpolitischen Themenfelder.

Natürlich wurde auch die Situation der kommunalen Kliniken München diskutiert. Einnahmen und Ausgaben klaffen auseinander. Wir waren uns recht schnell einig:
Im Bereich der Gesundheitsdienste besteht kein Ausgabenproblem - die Situation der Pflege, ausgegliederten Wäschereien und Reinigungsdiensten spricht gegen diese Annahme. Es besteht ein Einnahmenproblem - die Einnahmen reichen nicht aus, um die notwendigen Kosten zu tragen.
Das ist das Resultat der politisch gewollten Kommerzialisierung, des Preiswettbewerbs im Gesundheitsbereich.

Meine Meinung:
Diese Entwicklung ist falsch. Wir können die Leistungen der Daseinsvorsorge nicht von der Höhe der Refinanzierung abhängig machen. Es kann nicht sein, dass Kranke keine optimale Pflege erhalten oder nach Ablauf der refinanzierten "Genesungsstandardfrist" aus dem Krankenhaus entlassen werden, obwohl noch eine weitere Behandlung sinnvoll wäre, genauso wenig, wie die Rentenzahlung eingestellt werden darf, wenn das "statistische Lebensalter" überschritten wird.
Was notwendig ist, muss refinanziert werden.

Dazu müssen aber die Finanzen der Sozialversicherungsträger gestärkt werden. Das kann nicht nur zu Lasten der Arbeitnehmer erfolgen. Solange die "Schere" zwischen den Einkommen der Reichen und der sozial schwächeren immer mehr auseinander klafft, solange sind auch die Besserverdiener gefordert, sich an den Kosten der Daseinsvorsorge verstärkt zu beteiligen. Das ist auch eine Frage der Solidarität.

Beim PASTORALBESUCH IN CAGLIARI hat PAPST FRANZISKUS bei seiner Ansprache anlässlich der BEGEGNUNG MIT REPRÄSENTANTEN DER WELT DER ARBEIT einige hoch interessante Aussagen getroffen:
...
Dieser Besuch beginnt – wie ihr gesagt habt – mit euch, die ihr die Welt der Arbeit darstellt.
...
Wir müssen mit Solidarität, unter euch – und auch unter uns –, alle mit Solidarität und Intelligenz, diese historische Herausforderung in Angriff nehmen.
...
Gott hat gewollt, dass im Mittelpunkt der Welt nicht ein Götze steht, sondern der Mensch, Mann und Frau, die mit der eigenen Arbeit die Welt voranbringen. Aber jetzt, in diesem System ohne Ethik, steht ein Götze im Zentrum, und die Welt ist zum Götzendiener dieses Gottes »Geld« geworden. Das Geld regiert! Das Geld regiert! Es regieren alle diese Dinge, die ihm dienen, diesem Götzen.
...
Ich hatte etwas Geschriebenes für euch vorbereitet, aber als ich euch gesehen habe, sind mir diese Worte gekommen. Ich werde dem Bischof die geschriebenen Worte geben, so als wären sie gesagt worden.
...
und die geschriebenen Worte sind auch dokumentiert:
...
Ich möchte mit euch über drei einfache, aber entscheidende Punkte nachdenken. Der erste: den Menschen und die Arbeit wieder in den Mittelpunkt stellen. Die Wirtschaftskrise hat eine europäische und globale Dimension; aber es ist nicht nur eine ökonomische Krise, sondern sie ist auch ethisch, spirituell und menschlich. An der Wurzel steht ein Verrat des Gemeinwohls, sowohl von Seiten Einzelner als auch von einflussreichen Gruppen. Daher ist es notwendig, dem Gesetz des Profits und der Rendite den zentralen Platz zu nehmen und den Menschen und das Gemeinwohl wieder in den Mittelpunkt zu stellen.
....
der Papst meint also nicht nur Nicaragua.

Gestern Abend hat mich noch folgende E-Mail zum geplante Freihandelsabkommen der EU und der USA erreicht:
... Hier droht einer der gefährlichsten Angriffe auf Umweltstandards, Lebensmittelsicherheit aber auch Arbeitnehmerschutzrechte. Gerade auch im Gesundheitswesen soll das Prinzip privat vor öffentlich durchgesetzt werden und Staaten sollen von Unternehmen z. B. Krankenhausketten für staatliche Regelungen, die den Profit schmälern können teuer verklagt werden können.

Dieses Thema muss unser zentrales Thema zur EU-Wahl im Mai 2014 werden. Dazu kann jetzt online unterschrieben werden

https://www.campact.de/TTIP-Aktion

Weitere Infos aus der vorletzten Ausgabe der ver.di-publik
https://publik.verdi.de/2013/ausgabe-06/gesellschaft/meinung/seite-15/A1

und Beiträge auf youtube von

Pelzig http://www.youtube.com/watch?v=1lZA5nHaokA und
report Mainz http://www.youtube.com/watch?v=TtvLYUJc8EA

Leider stehen hier vor allem die Lebensmittelstandards im Vordergrund. Das gleiche soll aber auch für Arbeitnehmerstandards gelten, die einem „Investitionsschutz“ gefährden und als Profitkiller (z.B. eine gesetzliche Personalbemessung in Krankenhäusern) ein „Handelshemmnis“ darstellen.

Bitte unterschreibt und informiert andere über die Aktion von campact.

1 Kommentar:

  1. Karl Ringlstetter11. Februar 2014 um 12:26

    Ich kann mich der Sorge um die Bereiche der Daseinssorge nur anschließen. Laßt Euch nicht von schönen Worten beeinflussen und einlullen , was dieses Freihandelsabkommen zwischen EU und USA für uns für Vorteile bringt (Arbeitsplätze, Lebensstandard ...). Dieses Abkommen soll vor allem den Profit und die Machtstellung großer Konzerne sichern, zu Lasten von Menschen und Mitwelt. Die Verhandlungen laufen hinter verschlossenen Türen!!!, auch die gewählten Europaparlamentarier wissen nicht, was hier besprochen wird, sie kennen nur die Tagesordnungspunkte. Mit dabei sind jedoch etwa 600! Lobbyvertreter!!! Wenn dieser Vertrag abgeschlossen wird, wird dies noch ungeahnte Auswirkungen haben. Also bitte großflächig informieren, Öffentlichkeit erzeugen, Aufrufe unterzeichnen, z. B. bei campact, greenpeace, ... und die Möglichkeiten des Unterzeichnens teilen.

    AntwortenLöschen




Ihr könnt Eure Kommentare vollständig anonym abgeben. Wählt dazu bei "Kommentar schreiben als..." die Option "anonym". Wenn Ihr unter einem Pseudonym schreiben wollt, wählt die Option "Name/URL". Die Eingabe einer URL (Internet-Adresse) ist dabei nicht nötig.

Wir freuen uns, wenn Ihr statt "Anonym" die Möglichkeit des Kommentierens unter Pseudonym wählt. Das Kommentieren und Diskutieren unter Pseudonym erleichtert das Austauschen der Argumente unter den einzelnen Benutzern.