...zitiert aus Radio Vatikan.
In der Wurzel ungerecht” nennt Papst Franziskus das aktuelle ökonomische System (59). Diese Form der Wirtschaft töte, denn in ihr herrsche das Gesetz des Stärkeren. Der Mensch sei nur noch als Konsument gefragt, und wer das nicht leisten könne, der werde nicht mehr nur ausgebeutet, sondern ganz ausgeschlossen, weggeworfen. Diese Kultur des Wegwerfens habe etwas Neues geschaffen. „Die Ausgeschlossenen sind nicht „Ausgebeutete“, sondern Müll, „Abfall“.“ (53) Die Welt lebe in einer neuen Tyrannei des „vergötterten Marktes“, die manchmal sichtbar, manchmal virtuell sei. Hier regiere die Finanzspekulation, die Korruption und Egoismen, die sich etwa in Steuerhinterziehung ausdrückten (56).
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Papst Franziskus weist in seinem Schreiben auf die Versuchungen für die Seelsorger und Hirten hin: Individualismus, Krise der Identität, Rückgang des Eifers etc (78). Die größte Gefahr aber sei der „graue Pragmatismus des kirchlichen Alltags, bei dem scheinbar alles mit rechten Dingen zugeht, in Wirklichkeit aber der Glaube verbraucht wird und ins Schäbige absinkt“, zitiert Franziskus Kardinal Josef Ratzinger (83).
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Papst Franziskus spricht von denen, die sich für etwas Besseres halten, die einem Stil von Katholizismus anhingen, welcher der Vergangenheit angehören, die sich um eine übertriebene Pflege der Liturgie zuwenden, die gesellschaftliche Anerkennung suchen, die zu Funktionären werden. Papst Franziskus zählt die Versuchungen auf, die alle den einen Kern hätten: Hier fehle Christus (95). „Es ist eine schreckliche Korruption mit dem Anschein des Guten. Man muss sie vermeiden, indem man die Kirche in Bewegung setzt, dass sie aus sich herausgeht, in eine auf Jesus Christus ausgerichtete Mission, in den Einsatz für die Armen.“ (97)
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Link zu Apostolischen Schreiben Evangelii Gaudium auf dem Internetauftritt des Vatikans
Wir werden in den nächsten Tagen das Schreiben ausführlich studieren und würdigen. Klar und eindeutig ist aber die Botschaft erkennbar, dass die Kirche für die Menschen da sein muss - und sich nicht in organisiertem Institutionalismus erschöpfen darf. Der Mensch ist das Maß aller Dinge - vor allem der "ausgegrenzte Mensch", die "Ware Arbeitskraft", die den Menschen als Kostenfaktor und Konsumenten sieht, ist eine unchristliche Entwicklung.
Franziskus nimmt dabei drängende soziale Probleme auch einer "Wohlstandsgesellschaft" auf. Die (Solo-)Selbstständigkeit nimmt auch bei uns zu. Die "atypischen Beschäftigungen" nahmen in Deutschland von 1991 bis 2011 um 86,3 % oder über 3,67 Mio. Beschäftigungen zu. Gleichzeitig nahmen die "normalen Arbeitsverhältnisse" um deutlich über 3 Mio. ab.
Knapp 20 % der abhängigen Beschäftigten im Niedriglohnbereich verdienten 2008 weniger als 8,50 €. Ein solcher "Lohn" führt zwangsläufig zur Altersarmut. Er ist unsozial und unwürdig - und er belastet die Gesellschaft, denn dadurch ist der Staat gezwungen, das fehlende Einkommen durch Sozialleistungen auszugleichen. Der Staat subventioniert damit auf Dauer die Unternehmen zugunsten deren eigener Gewinnmaximierung, die ethisch unverantwortliche Löhne zahlen. Unternehmer, die Gewinnmaximierung betreiben, während die Löhne von der Allgemeinheit "aufgestockt" werden (Aufstocker), könnten mit Fug und Recht als "Sozialschmarotzer" bezeichnet werden.
Diese Entwicklung macht vor "der Sozialbranche" nicht halt. Statt einer Aufwertung der pflegenden, sorgenden, erziehenden und bildenden Tätigkeit erleben wir "eine Landnahme des Sozialen, Prekarisierungsprozesse in der Sozial- und Gesundheitswirtschaft sind die Folge".
(Prof. Dr. Klaus Dörre, FSU Jena am 14.11.2013 auf der Tagung "Arbeitnehmer-Grundrechte in Kirche und Diakonie?" in Kassel).
Prekäre Arbeitsverhältnisse sind nach dem Statistischen Bundesamt Beschäftigungsverhältnisse, die nicht geeignet sind, auf Dauer den Lebensunterhalt einer Person zu sichern und deren soziale Sicherung zu gewährleisten.
Prekäre Arbeitsverhältnisse sind nach der Arbeitsorganisation der UNO (ILO) gekennzeichnet durch:
- geringe Arbeitsplatzsicherheit mit einem nur kurzfristigen Zeithorizont,
- mangelnden Einfluss auf die Arbeitssituation (vgl. Mater et Magistra, Beteiligung auf allen Ebenen)
- fehlenden Schutz durch sozial- und arbeitsrechtliche Normen und
- schwierige Existenzsicherung aufgrund des niedrigen Eingkommens.
Lösungsmöglichkeiten? Auch Franziskus verweist auf die Soziallehre der Kirche, sie sei "in erster Linie positiv und konstruktiv, sie bietet Orientierung für ein verwandelndes Handeln, und in diesem Sinn hört sie nicht auf, ein Zeichen der Hoffnung zu sein, das aus dem liebevollen Herzen Jesu Christi kommt. Zugleich vereint die Kirche »ihre eigenen Bemühungen insbesondere mit dem, was die anderen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften in theoretisch-reflexiver ebenso wie in praktischer Hinsicht im sozialen Bereich leisten.«."
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