Freitag, 12. Juli 2024

Gut katholisch, diskret und keine Tattoos

... so hättet ihr es wohl gerne. Aber im Bericht bei katholisch.de über eine arbeitsrechtliche Regelung im Vatikan steht dann auch:
Im Vatikan wird der "Erste Weg" angewendet: Arbeitsbedingungen werden erlassen, sei es vom Papst, sei es vom Kardinalstaatssekretär, sei es vom Präfekten der vatikanischen Stadtregierung.
Das ist die Krux in der Kirche. Der theoretischen Erkenntnis der "Partnerschaft" (siehe katholische Soziallehre) steht die über Jahrtausende entstandene hierarchische Verfassung der Kirche gegenüber. Und genauso, wie die Aussage zutrifft, dass nichts glaubwürdiger ist als sein Handeln nach den eigenen Ansprüchen auszurichten, gilt es auch im Umkehrschluss: nichts macht so unglaubwürdig, wie der Widerspruch des eigenen Tuns zu den selbst erklärten hehren Ansprüchen. Und nichts ist für eine Religionsgemeinschaft verheerender als der Verlust der Glaubwürdigkeit.
Gerade im Vatikan - dem letzten Rest des Kirchenstaates mit absoluter weltlicher Macht - ist das hierarchische Beharrungsvermögen der "Fürstbischöfe" besonders ausgeprägt.
Dass die vatikanische Gewerkschaft - wie wir gestern morgen berichteten - den "Papst beim Wort nehmen" möchte, ist daher selbstverständlich.
Dass es trotz der offensichtlichen Mängel noch nicht zu einem größeren Aufstand gekommen ist, erklärt der Autor des Berichts über den Vatikan auch:
Für Angestellte vatikanischer Institutionen gilt so, was man über Beamte sagt: "Der Rock ist eng, aber warm." Verglichen mit deutschen Gehältern zahlt der Vatikan seinen Angestellten nicht besonders viel Geld, aus italienischer Perspektive ist das Salär aber durchaus passabel. Das Grundgehalt liegt zwischen 1.500 und 3.000 Euro, für leitende Angestellte zwischen 2.900 und 3.600 Euro, dazu kommen Zulagen und Entwicklungsstufen, abgezogen wird die Renten- und Krankenversicherung, aber keine Einkommenssteuer. Ansonsten sind die Bedingungen aber recht großzügig: 36-Stunden-Woche, 26 Feiertage, darunter der Namenstag und der Jahrestag der Wahl des Papstes, bei einer Fünftagewoche 22 Urlaubstage und 13 Gehälter, Sonderurlaubsregelungen für familiäre Ereignisse.

In Deutschland - um den Tagträumen von hiesigen Fürstbischöfen und ihren Adlaten gleich zu entgegnen - gilt das hierarchische Prinzip nicht, wenn sich der kirchliche Arbeitgeber für die Wahl des weltlichen Arbeitsvertragsrechts entscheidet, um Arbeitsverhältnisse zu begründen. Die Kirchen könnten ja auch - beispielsweise - das Beamtenrecht als Grundlage wählen. Dort steht dann der "besonderen Treuepflicht" auch eine "besondere Fürsorgepflicht" gegenüber. Wer dagegen einen "Dritten Weg" wählt, und die "besondere Treue" fordert, ohne auch eine "besondere Fürsorge" entgegen zu setzen, der ist auf dem Holzweg.
Um nur ein Beispiel zu nennen: Normales, weltliches, Arbeitsvertragsrecht inkludiert auch das Koalitionsrecht der Arbeitnehmer - und diesem Koalitionsrecht ist das Streikrecht inhärent. Solange es also keine tarifvertragliche Friedenspflicht gibt, entscheiden einzig und alleine die Gewerkschaftsmitglieder, ob, wann und wo sie zum Arbeitskampf greifen.

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