Mittwoch, 16. März 2022

"WARUM BRAUCHEN WIR ÜBERHAUPT NOCH DIESEN SONDERWEG?" Bischof Hanke schlägt Abkehr von kirchlichem Arbeitsrecht vor

berichtete katholisch.de und führte aus:
Das kirchliche Arbeitsrecht legitimiert Kündigungen wegen der sexuellen Orientierung, verbietet Gewerkschaften. In der Reformdebatte wagt der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke nun einen weitreichenden Vorstoß. Seine Forderung: Ganz abschaffen *).
(darüber berichtet auch das Domradio)

Wo der Bischof recht hat, hat er recht.

Das meint im Übrigen auch das Kolpingwerk
Bundesvorstand: Verzicht auf Grundordnung könnte Vorteil sein
Kolpingwerk stellt kirchliches Arbeitsrecht insgesamt infrage
und ebenso
„Ein kräftiger Schub für notwendige Reformen“
Das Kolpingwerk Deutschland begrüßt die Beratungsergebnisse der dritten Synodalversammlung in Frankfurt und bittet die Mitglieder der Deutschen Bischofskonferenz zukünftig auf die Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse zu verzichten.
...


Die Forderung wird, allerdings mit Einschränkungen, 
auch von der konservativen katholischen Tagespost unterstützt:

Das kirchliche Arbeitsrecht ist nicht erst seit gestern ein Problem. Bischof Hanke hat das richtig erkannt und liegt mit seinem Vorschlag der Abschaffung völlig richtig. Würde das kirchliche Arbeitsrecht, selbst in seiner seit 2015 entschärften Form, an jeder Stelle in kirchlichen Einrichtungen in letzter Konsequenz angewandt, müsste so mancher Kindergarten und so manches Altenheim in katholischer Trägerschaft wegen Mitarbeitermangel schließen. Neben dem allgemeinen Fachkräftemangel in Deutschland trifft die unhaltbar fortschreitende Säkularisierung die kirchlichen Einrichtungen zusätzlich.
...
(Lediglich) Die angestellten Laien im Verkündigungsdienst müssen auf Grund der geforderten Authentizität der Verkündigung im Auftrag der Kirche eine Sonderstellung einnehmen. Für diesen einen Bereich wird sich sicher eine kirchenrechtlich und arbeitsrechtlich tragfähige Lösung finden lassen. Auch in weltlichen Unternehmen finden sich Arbeitsbereiche, die absolute Solidarität mit dem Arbeitgeber erfordern.

Dass die völlige Abschaffung des eigenen kirchlichen Arbeitsrechts an vielen Stellen eine große Entlastung bedeutet und einen deutlichen Gewinn an Ehrlichkeit gegenüber einer völlig säkularisierten Welt darstellt, sollte einsichtig sein. Bleibt am Ende die Frage, ob die Bischöfe den Mut aufbringen, in der säkularen Welt des Wirtschaftens als ganz normale Arbeitgeber aufzutreten.

Anzumerken ist aber auch, dass das "Katholiken-Forum" **) die Änderung des kirchlichen Arbeitsrechts ablehnt. Wer dies allerdings mit der Begründung tut, >ANSONSTEN "VERRÄT" KIRCHE IHRE SENDUNG< der distanziert sich von der eigenen Soziallehre, die sich im päpstlichen Lehramt konkretisiert.
"Das Forum Deutscher Katholiken **) verlangt aber doch gerade, dass die Kirche an ihrer Lehre festhält!"
Schon alleine aus diesem Grund muss die Kirche ihr gewerkschaftsfeindliches Arbeitsrecht aufgeben - alles andere ist unglaubwürdig ***).


Anmerkungen:
*) Der in Bezug genommene Bericht im Eichstätter Kurier ist leider hinter einer "Schranke" publiziert. Wir zitieren daher die u.E. nach wichtigsten Passagen im Auszug:
Ganz konkret hat die Bischofskonferenz sich aber zum Thema kirchliches Arbeitsrecht positioniert. Da könnte es noch in diesem Jahr eine neue Grundordnung geben. Hanke befürwortet diese Veränderungen grundsätzlich. "Noch ist aber nichts beschlossen, es liegen ja auch keine Unterlagen vor", sagt er. Derzeit beschäftige sich die Arbeitsrechtskommission mit dem Thema. Hanke rechnet frühestens im Herbst mit einem Beschluss der Bischöfe.
Dass die katholische Kirche in Sachen Arbeitsrecht flexibler werden muss, dafür hat sich Hanke schon seit Längerem eingesetzt. Er hatte sich für ein Institutionenrecht ausgesprochen - also Arbeitsplätze des kirchlichen Trägers, die mit Blick auf den jeweiligen Arbeitsbereich ganz flexibel besetzt werden können. Allerdings habe sich ein Individualarbeitsrecht etabliert, das jetzt entkernt werde. "Warum brauchen wir überhaupt noch diesen Sonderweg eines kirchlichen Arbeitsrechts?", fragt sich der Bischof. "Warum übernimmt man nicht gleich das zivile Arbeitsrecht, zumal gemäß der christlichen Soziallehre, die wir ja vertreten, Gewerkschaften eine wichtige Funktion in der Arbeitswelt haben?"

**) Das Forum Deutscher Katholiken versteht sich als lockerer Zusammenschluss "papst- und kirchentreuer" Katholiken. Gegründet wurde das Forum im Jahr 2000 in Fulda; seinen Sitz hat es in Kaufering.

***) Ein theologisch seriöser Umgang mit der Thematik könnte so aussehen, dass die Bischöfe einen gemeinsamen Diskussionsprozess mit den Gewerkschaften starten, in dem die Beschäftigten, die kirchlichen Arbeitsrechtsfunktionäre beider Seiten und die kirchlichen Sozialethiker, sowie politisch Verantwortliche einbezogen sind und die anstehenden Fragen diskutieren - inklusive der Frage, wie ein Übergang ins weltliche System aussehen könnte.

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